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Politisches

Denunziation Homosexueller Hamburg 1937

Die Denunziation Homosexueller (nicht nur) während der NS-Zeit hatte willfährige Helfer – Denunzianten gab es zahlreich …

„Ein Großteil der Verurteilungen wegen homosexueller Handlungen ging auf Denunziationen zurück“

bemerkt die ‚KZ-Gedenkstätte Neuengamme“ (‚Homosexuelle Häftlinge im KZ Neuengamme‘).

Und Stefan Micheler betont (in ‚Der Fall Heinrich Erich Starke ‚):

„Zählt man zu den Denunziationen Dritter jene Anzeigen von Männern hinzu, die von gleichgeschlechtlich orientierten Männern gefragt wurden, ob sie nicht mit ihnen schlafen wollten, und die nicht wirklich als deren ‚Opfer‘ anzusehen sind, scheint fast die Hälfte aller Ermittlungen auf Denunziationen zurückgegangen zu sein.“

Viele Hamburger Homosexuelle wurden nach ihrer Verhaftung in das KZ Neuengamme eingewiesen – auch sie oft aufgrund von Denunziation durch Nachbarn oder Kollegen:

„An die Geheime Staatspolitzei
Hamburg
Stadthaus

Wir machen Sie hiermit, auf das homosexuelle Treiben und das Zusammen-leben mit seinem freunde, wie Mann und Frau, des Herren Ladislaus Kaspersky aufmerksam. Wohnhaft in Hamm Sorbenstr. 14, arbeitet im Kurbad Esplanade. Wie wir erfuhren, wollen beide ins Ausland. Es liegt uns daran, dass selbe aus der Wohung und aus dem haus heraus kommen.
einige Anwohner“

Denunziation Homosexueller, Hamburg 1937
Denunziation Homosexueller, Hamburg 1937

Der Brief wurde am 13.10.1937 an die Gestapo Hamburg gesandt

Denunziation Homosexueller, Hamburg 1937
Denunziation Homosexueller, Hamburg 1937

und hatte prompte Folgen: „vorläufige Festnahme am 4.12.37 11 Uhr“ vermerkt lakonisch ein Aufkleber auf dem Schreiben:

Denunziation Homosexueller, Hamburg 1937, Vermerk Festnahme
Denunziation Homosexueller, Hamburg 1937, Vermerk Festnahme

Besonders viele Homosexuelle waren in einem der Emslandlager, dem berüchtigten ‚Lager V Neusustrum‘ („vergessenes Lager der Homosexuellen“) inhaftiert

“an keinem Ort im Deutschen Reich [waren] mehr Homosexuelle in Haft … als in den Emslandlagern“

Rauiner Hoffschild

Im Mai 1985 wurde auf Initiative der UHA (Gründerin des MHC Hamburg) ein Gedenkstein für die homosexuellen Opfer des KZ Neuengamme enthüllt (Platz 1996 neu gestaltet).

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siehe auch: Häftlingsart Homo

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Berlin HIV/Aids

Alter St. Matthäus Kirchhof Berlin-Schöneberg

Alter St. Matthäus Kirchhof in Berlin Schöneberg: einer meiner Lieblings-Orte in Berlin, ein Ort zum Zur-Ruhe-kommen, zum Spazieren, zum Freunde treffen …

Alter St. Matthäus Kirchhof, Berlin-Schöneberg, Eingang
Alter St. Matthäus Kirchhof, Berlin-Schöneberg, Eingang

Der Alte St. Matthäus Kirchhof ist seit den 1970er Jahren zu „dem“ schwulen Friedhof von Berlin geworden.
Neben vielen anderen haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden

… und auch Friedrich Drake hat hier seine letzte Ruhestätte gefunden, der Schöpfer der ‚Goldelse‘, der Pastik der Siegessäule, ebenso wie

… die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm.

Für zahlreiche Menschen, die in Berlin lebten, aber nach ihrem Tod an anderen Orten beigesetzt wurden, fand hier eine Trauerfeier statt, so z.B. für

… Thomas Gerards (Melitta Sundström)

Gute Informationen zu vielen interessanten Gräbern gibt die Infomappe ‚Kreuz & Queer‘, die im Café ausliegt.

Kreuz & Queer Infomappe
Kreuz & Queer Infomappe

Sehr empfehlenswert zudem: ein Besuch im ‚Café Finovo‘, das Bernd (Ischgola Androgyn) mit seinen Mitstreiter/innen seit 2006 in der ehemaligen Friedhofsverwaltung am Eingang betreibt.

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Kulturelles

Hubert Fichte Grab in Hamburg-Nienstedten

Auf dem Friedhof Hamburg Nienstedten befindet sich (unweit des Hans Henny Jahnn Grab ) auch das Grab von Hubert Fichte sowie das Grab der Photographin Leonore Mau.

Der Schriftsteller H. Fichte ( u.a.: ‚Versuch über die Pubertät‘, 1974; ‚Die Geschichte der Empfindlichkeit‘, postum veröffentlicht ab 1987) wurde am 21. März 1935 in Perleberg geboren. Fichte starb am 8. März 1986 in Hamburg an den Folgen von Aids. Er ist auf dem Friedhof Hamburg Nienstedten beigesetzt.

Grabstätte von Fichte

Hubert Fichte Grab in Hamburg Nienstedten
Fichtes Grabstätte in Hamburg Nienstedten
Hubert Fichte Grab in Hamburg Nienstedten
Grabstätte H. Fichte in Hamburg Nienstedten

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Stefan Broniowski: Muss man Hubert Fichte gelesen haben?

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die Gräber von Hubert Fichte und Leonore Mau

Die Grabstätte von Hubert Fichte ist seit ihrem Tod auch Grab der Photographin Leonore Mau (1.8.1916 Leipzig – 22.9.2013 Hamburg), die ab 1962 mit Hubert Fichte zusammen lebte und nach seinem Tod in Hamburg-Othmarschen (unweit von Nienstedten) lebte.
(Dank an D.L. für den Hinweis!)

Grab Hubert Fichte Leonore Mau
Gräber von Hubert Fichte und Leonore Mau
Grab Hubert Fichte Leonore Mau
Hubert Fichte und Leonore Mau

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Kulturelles

Grab Hans Henny Jahnn in Hamburg-Nienstedten

Das Grab Hans Henny Jahnn befindet sich auf dem Friedhof Hamburg-Nienstedten. Nach dem Tod seines Freundes Gottlieb Harms ließ Hans Henny Jahnn hier eine Grabstätte errichten.

Jahnn wurde am 17. Dezember 1894 in Stellingen geboren. Stellingen war damals noch selbständig, kam 1927 zu Altona und dadurch 1937/38 zu Hamburg.

Hans Henny Jahn starb am 29. November 1959 an den Folgen eines Herz- und Nierenleidens im Krankenaus Tabea in Hamburg – Blankenese.

Grab Hans Henny Jahnn (Fotos)

Grab Hans Henny Jahnn, Hamburg-Nienstedten
Jahnns Grabstätte in Hamburg-Nienstedten
Hans Henny Jahnn Grab Hamburg-Nienstedten
Hans Henny Jahnn, Grabstätte Hamburg-Nienstedten

Das Grab von Hans Henny Jahn ist vergleichsweise leicht auf dem Nienstedtener Friedhof zu finden:

Grab Hans Henny Jahnn Lageplan (Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0)
Hans Henny Jahnn, Lageplan der Grabstätte (Daten von OpenStreetMap – Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0)

Nicht weit entfernt befindet sich auch das Hubert Fichte Grab .

Nach dem Tod sxeiner Mutter entwarf Hans Henny Jahnn die Grabstätte der Familie Jahn, die sich inzwischen in Ottensen befindet.

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Kulturelles

Hans Henny Jahnn – „Ich will eine bessere Anständigkeit.“

Einer der Schriftsteller, deren Bücher mich lange Zeit faszinierten, ist Hans Henny Jahnn.

Jahnn wurde am 17. Dezember 1894 in Stellingen (damals noch selbständig, 1927 zu Altona, 1937/38 Hamburg) geboren. Seine große Liebe Gottfried Harms lernt Jahnn bereits in jungen Jahren kennen, auf der Realschule, die er in St. Pauli besucht. 1915, nach Beendigung der Realschule, gehen beide gemeinsam nach Norwegen.

1926 heiratete Jahnn Ellinor Philips.

Sein Freund Harms stirbt 1931.

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Hans Henny Jahnn starb am 29. November 1959 an den Folgen eines Herz- und Nierenleidens im Krankenaus Tabea in Hamburg – Blankenese. Jahnn wurde beigesetzt auf dem Friedhof Nienstedten (Hamburg), in der gemeinsamen Grabstätte, die er nach dem Tod von Gottfried Harms errichten ließ (hier liegt zudem seine 1970 verstorbene Ehefrau Ellinor Jahnn geb. Philips).

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„Ich will eine bessere Anständigkeit. Ich will und kann nur der sein, der ich bin, der auch lieben kann, aber doch nur mit jener Spur nüchterner Klarheit, die das Fleisch beargwöhnt, und die von der Zuversicht kommt, dass ohne Güte, ohne Gerechtigkeit, ohne Freiheit des Geistes, ohne Träume, die im Unwirklichen stehen, das Leben nicht wert ist, zu bestehen.“
Hans Henny Jahnn in einem Brief 1938 an Judith Karasz

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Wolfgang Popp (bis 2007 Herausgeber des ‚Forum Homosexualität und Literatur‘ sowie des ‚Lexikon homosexuelle Belletristik‘) fragte bereits 1985 (in: Dokumentation der Vortragsreihe ‚Homosexualität und Wissenschaft‘, Verlag rosa Winkel, Berlin) „Sind die Romanfiguren Hans Henny Jahnns schwul?“, damals versehen mit dem Untertitel „Überlegungen zu einem tabu der literaturwissenschaft„. Popp spricht darin von Jahnn als „einem verklemmten schwulen“ – und betont

„das problem der schwulen liebe durchzieht sein ganzes erzählerisches werk, in radikalen und verhaltenen, in brutalen und zarten, in hautnah-realistischen und mystischen variationen.“

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Hans Henny Jahnn – Witthüs Hamburg Hirschpark

Findling zum Gedenken an Hans Henny Jahnn - Hamburg, Witthüs, Hirschpark
Findling zum Gedenken an Hans Henny Jahnn – Hamburg, Witthüs, Hirschpark
Hans Henny Jahnn Relieftafel Witthüs Hamburg Hirschpark
Hans Henny Jahnn Relieftafel Witthüs Hamburg Hirschpark

Das heutige ‚Witthuis‘ war von 1950 bis zu seinem Tod 1959 zeitweiliger Wohnsitz von Hans Henny Jahnn. (Fotos Dezember 2013)

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Hans-Henny-Jahnn-Orgel

Die Hans-Henny-Jahnn-Orgel in der Aula der Heinrich-Hertz-Schule Hamburg (Bauzeit 1926 bis 1931) wurde 1931 eingeweiht.

Hans-Henny-Jahnn-Orgel an der Heinrich-Hertz-Schule Hamburg (Foto: privat)

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Hans Henny Jahnn – Gedenkveranstaltung 2009:

Zum 50. Todestag von Hans Henny Jahnn fand am 29. November 2009 eine Gedenkveranstaltung in der Friedhofskapelle auf dem Friedhof Hamburg Nienstedten statt (Video, fünf Teile, leider nicht mehr online).

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HIV/Aids ondamaris Texte zu HIV & Aids

Larry Kramer: Happy Birthday – ACT UP Geburtstag

Einer der Gründer von ACT UP, der US-Autor und Aktivist Larry Kramer, gratuliert 2012 der Aids-Aktionsgruppe zum ACT UP Geburtstag – mit kritischen Anmerkungen zum Schweigen der Schwulen.

Am 24. März 1987 – vor 25 Jahren – fand die erste ACT UP – Demonstration in New York statt. Aids-Aktivisten legten den Verkehr auf der Wall Street vor der New Yorker Börse lahm, um gegen hohe Preise für Aids-Medikamente und schleppende Zulassungsverfahren für neue Substanzen zu protestieren. Einige ACT UP – Aktivisten drangen bis in den Börsensaal („das Parkett“) vor.

Bereits zwei Wochen zuvor, am 10. März 1987, hatte Larry Kramer, US-Autor und Mitglied von GMHC Gay Men’s Health Crisis, im Gay Community Center in New York eine flammende Rede gehalten, in der er zu stärkerem Engagement für Aids-Kranke aufforderte. Tage später gründete Kramer gemeinsam mit Eric Sawyer und einigen weiteren Aktiven ACT UP.

25 Jahre später gratuliert Larry Kramer  ACT UP zum 25. Geburtstag – mit deutlichen Worten. Es sei schwer, dankbar zu sein (für 25 Jahre ACT UP Aktivismus), wenn die Aids-Krise weltweit betrachtet schlimmer als jemals zuvor sei, und  zugleich zwei Organisationen, die er mitgegründet habe, nur noch Schatten ihrer selbst seien. Dennoch sei es schwer, diese früher so bedeutenden Organisationen heute zu kritisieren, wenn gleichzeitig die Schwulen des Landes weiterhin so passiv und apathisch seien:

„It’s hard to blame these remnants of former greatness when the gay population of this country continues to be so passive, so apathetic, so shut-the-fuck-up-with-all-your-message-queen-shit.“

Kramer kritisiert, wie viele Schwule bereit seien, zweitklassige und marginalisierte Lebenswege zu akzeptieren – gerade wenn wir doch wüssten, was zu tun sei:

„We know what we have to do.
Why don’t we once-and-for-all do it?
And by „we,“ I mean all of us.
It is downright pathetic how so many of us are prepared to live in such a second-class and marginalized way.“

Kramer sieht eine der Ursachen für den Untergang der ACT UP – Gruppen in ‚Selbstzerstörung‘. Man sei hereingefallen auf hasserfüllte Taktiken, die man eigentlich gerade beseitigen wollte:

„For a variety of reasons, men and women who had worked so lovingly and courageously hand in hand in the kind of cooperation I have never ever seen before turned upon each other and effectively put paid to the organization’s usefulness. We succumbed to the very hateful tactics that we were pledged to eliminate.“

Kramer verweist auf die Passivität der Schwulen und die notwenfgkeit, sich zu wehren. Man erreiche nichts, ohne dafür zu kämpfen, gemeinsam und zahlreich. Nicht zuletzt dies habe ACT UP gelehrt:

„You don’t get anything unless you fight for it, united and with visible numbers. If ACT UP taught us anything, it taught us that.“

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Text 21. April 2017 von ondamaris auf 2mecs

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Deutschland

Stadthalle Bremen 1961/64

Eine weithin unbekannte architektonische Perle – die leider bei der Sanierung verhunzt wurde – ist die Stadthalle Bremen.

1961 bis 1964 wurde die Stadthalle Bremen nach Plänen des Architekten Roland Rainer errichtet. Am 31. Oktober 1964 wurde sie eingeweiht. Ihre Besonderheit – neben dem prägnanten Äußeren – ist war ihr aus einer Hängeseil-Konstruktion bestehendes Tragwerk.

Ein Betondach „wie ein gespanntes Segel„, wie der Architekt es beschrieb. Ein Segel, das von Stahlseilen gespannt wird, Stahlseile, die von sechs an der Seite der Halle stehenden weithin sichtbaren markanten Pfeilern gehalten werden.

Werden? Nein, wurden.

Stadthalle Bremen – Foto

Stadthalle Bremen
Stadthalle Bremen

Genau diese Tragwerks-Konstruktion wurde bei der Sanierung 2004/05 verändert (die Bremer Stadthalle stand nicht unter Denkmal-Schutz).

Und so gaukeln die außen noch vorhandenen Pfeiler weiterhin vor, die Tragwerkskonstruktion sei noch komplett vorhanden und erfülle ihre vom Architekten vorgesehene Funktion. Dem ist jedoch nicht so: das Innere der Bremer Stadthalle wurde bei der Sanierung drastisch umgebaut, die Tragwerksstruktur ebenfalls massiv verändert – so dass die statische Funktion der Hängeseil-Konstruktion nicht mehr existiert.

Architekt Roland Rainer lehnt seit der Sanierung die Nennung seines Namens als Architekt der Stadthalle ab. Und der Landeskonservator bezeichnete sie nach der Sanierung als „ein gerupftes Huhn“ …

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Die Stadthalle – ein weiteres trauriges Beispiel (neben z.B. dem Abriss der Kölner Kunsthalle von Franz Lammersen 1967 oder des ‚Ahornblatts‘ von Ulrich Müther in Berlin) dafür, wie wenig respektvoll der Umgang mit der Architektur der Nachkriegs-Moderne in Deutschland ist.

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Nebenbei, ja, ich weiß, dass sie seit 2005 einen (genauer, derzeit bereits den zweiten) Sponsoring-Partner-Namen trägt. Muss man nicht mögen. Mir ist der Name Stadthalle Bremen auch weiterhin lieber.

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Hamburg Kulturelles

Ernst-Barlach-Haus Hamburg

Es ist für mich das feinste und schönste der Barlach-Museen: das Ernst-Barlach-Haus in Hamburg, das 2012 sein 50-jähriges Jubiläum feierte.

Hervorgegangen aus der umfangreichen Privatsammlung des Industriellen Hermann F. Reemtsma, gelegen in einem der schönsten Landschaftsgärten Hamburgs (dem Jenisch-Park), gibt das als Stiftung geführte und 1962 eröffnete Ernst-Barlach-Haus eine beeindruckenden Überblick über das plastische Werk Ernst Barlachs.

Ernst Barlach - Haus Hamburg
Ernst Barlach – Haus Hamburg

Das Ernst-Barlach-Haus besticht neben den zahlreichen wunderbaren Barlach-Werken besonders auch wegen seiner beeindruckenden Architektur: ein Museums-Gebäude, das sich zurück nimmt, das die ausgestellten Werke in den Mittelpunkt rückt – und nicht sich selbst, nicht die Architektur. Barlach, seine Werke stehen hier im Mittelpunkt – in diesem 1961/62 errichteten Meisterwerk des Hamburger Architekten Werner Kallmorgen (1902 – 1979).

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Für mich ist das Barlachmuseum von Werner Kallmorgen ein wesentliches Beispiel gelungener Museums-Architektur. Ein Gebäude, das sich ganz auf seine Aufgabe konzentriert, das Räume bereit stellt für die Objekte die es präsentiert, möglichst ideale Raum- und Lichtverhältnisse dafür bietet, und sich selbst völlig zurück nimmt. Ein Gebäude, das (und dieses auf ganz zauberhafte Weise) nahezu zu sagen scheint ‚ich bin nicht da, betrachte die Kunst‘.

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Hamburg

Letter for the Queen – Königliche Post, Hamburg 2012

Königliche Post - Letter for the Queen
Königliche Post – Letter for the Queen
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Hamburg Homosexualitäten

Interschwul 1981 Hamburg Lesben- und Schwulentage

Mein erster CSD: Interschwul 1981

Interschwul – das klingt heute nach Kreuzung aus italienischem Fußballclub und früherem ostdeutschen Wessi-Einkaufsparadies, nur homosexueller. War aber: eine Ur-Ahnin der heutigen CSDs.

1980 hatte es in Hamburg eine gemeinsame Veranstaltung gegeben, getragen vom HLSV – dem ‚Hamburger Lesben- und Schwulenverband‘: Stonewall 1980. 1981 klappte dies nicht – eine Gruppe (rund um Teile des Tuntenchors [siehe ‚Liebe Schrillgänse‚] und der HAH) spaltete sich ab. So gab es 1981 vom 14. bis 27. Juni die

Lesben- und Schwulentage Interschwul

Ich war damals wohl das was man ‚jungschwul‘ nannte, viel unterwegs, umtriebig, und homopolitisch naiv bis unerfahren. Ich lebte noch in Bremerhaven, hatte gerade begonnen, Hamburg und seine schwulen Szenen für mich zu entdecken. Und landete, angezogen von einem Plakat, bei ‚Interschwul‘.

Ich stolperte mehr in einen Herrn Littmann, durfte im ’schwulen Piratenradio Stintfang‘ unsere noch recht neue „Schwule Aktion Bremerhaven“ vorstellen, und (nicht nur) die wohl größte Schokoladen-Osterhasen-Sammung der damaligen Welt bewundern. Ich lernte viele spannende, Menschen kennen, mir neue Ideen und (schwule) Lebensweisen sowie Projekte wie den neu gegründeten schwulen Buchladen ‚Männerschwarm‘, der bald zu meiner ‚homopolitischen Bildungsstätte Nr. 1‘ wurde. Ich entdeckte mir bis dahin verborgene Welten und Möglichkeiten – und machte viele Bekanntschaften, die mein Leben mit prägten. Interschwul ’81 – für mich ein wichtiger Schritt in eine bewegte schwule Welt, in der ich mich bald wohl fühlte.

1982 und 1983 folgte dann jeweils Stonewall Hamburg

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‚Mein erster CSD‘, diese Eingangsworte treffen also zu, was den Anlass betrifft. Und sind doch so völlig in die Irre leitend – denn mir scheint fast, es sind zwei völlig verschiedene Welten. Wo Schwule und Lesben heute möglichst ‚gleich‘ sein wollen, ‚genau so wie die Heterosexuellen‘, war Common Sense damals (unter der Mehrzahl der Jungs und Männer, mit denen ich zu tun hatte), die Chance des ‚Andersseins‘ zu nutzen, kreativ sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und zu sehen, wie der ‚Makel‘ zur Chance werden kann, zum Freiraum für Experimente, vor denen andere schon immer gewarnt hatten. Wo heute der Sinn des CSD-Lebens manchmal darin zu bestehen scheint, zwischen Bratwurst und überteuertem Bier gelangweilt zur nächsten Party zu steuern, war damals Experimentieren, andere Wege gehen angesagt.

Mit ist bewusst, dass hier romantische Erinnerungen eines älter werdenden schwulen Mannes mitschwingen, teils vielleicht auch verklärend. Und dass ’sich die Zeiten geändert haben‘.
Wenn ich mir heutige CSDs anschaue, wundere ich mich oft, fühle mich erinnert an eine frühere Rubrik ‚dafür haben wir nicht gekämpft‘.
Ein Blick zurück kann manchmal hilfreich sein. Die Erinnerung an ‚Interschwul ’81‘ (und teils auch die folgenden Hamburger Stonewalls) zeigt, es ging auch anders …

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Stonewall '83: Für die Vielfalt der Liebe - gegen Diskriminierung
Stonewall ’83: Für die Vielfalt der Liebe – gegen Diskriminierung