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Hamburg

Sklavenhandel in Hamburg

Kaufleute und Reeder aus Hamburg wie Altona waren am Sklavenhandel beteiligt. Allen voran: Heinrich Carl Schimmelmann.

Im europäischen Kolonialismus war Hamburg eines der Zentren (wie die Ausstellung ‚Grenzenlos – Kolonialismus, Industrie und Widerstand‘ im Museum der Arbeit 2020 gut aufzeigt). Anders als Bordeaux, das eine der Metropolen des Sklavenhandels war, hatte Hamburg im Sklavenhandel allerdings selbst eine kleinere Rolle.

Sklavenhandel war in Hamburg verboten – doch im nahen Altona war er erlaubt. Vieles wurde so über Dänemark und das nahe Altona ‚abgewickelt‘ oder aus Hamburg finanziert. ‚Sklavenschiffe‘ waren im Hamburger Hafen wohl nie zu sehen – dennoch ist die Rolle Hamburgs im und als Profiteur des Sklavenhandel nicht unbedeutend.

Reeder aus Hamburg und aus Altona (damals unter dänischer Verwaltung, erst seit 1937 zu Hamburg) waren im transatlantischen Dreieckshandel aktiv.

Und Hamburg profitierte vom Warenverkehr und Versklavungshanel – die Stadt war z.B. im 18. Jahrhundert das Zentrum in Europa für Rohzucker-Verarbeitung. Der Rohzucker stammte – aus Versklavungshandel, aus Plantagen in Übersee, nach Hamburg gebracht z.B. über Bordeaux. Hamburg, das selbst erklärte Tor zur Welt, war auch ein Tor zur kolonialen Welt.

Hamburg war aber auch Lebensort zahlreicher Sklaven – unter anderem, wie auf zahlreichen Gemälden zu sehen, als Personal und Diener in so mancher Elbvilla.

Anders als andere Städte hat Hamburg seine Geschichte von Kolonialismus und Sklaverei bisher wenig aufgearbeitet.

Heinrich Carl von Schimmelmann (1724 – 1782)

Der Kaufmann, Sklavenhändler und Sklavenbesitzer Heinrich Carl von Schimmelmann, geboren in Demmin (Vorpommern), war zu seiner Zeit einer der reichsten Männer Europas. Er war zugleich Finanzberater des Königs von Dänemark und wurde 1779 in den Grafenstand erhoben. Wandsbek damals Teil des Herzogtums Holstein, Lehen des Königs von Dänemark.

Hauptbeteiligt am Sklavenhandel in Hamburg - H. C. Schimmelmann, Portraitbüste von Hartmann Beeken, 1780
H. C. Schimmelmann (Portraitbüste des dänischen Bildhauers Hartmann Beeken, 1780)

Schimmelmann besaß vierzehn Schiffe, vier (1763 vom Staat Dänemark erworbene) Baumwoll- und Zuckerrohr-Plantagen im damaligen Dänisch-Westindien (seit 1917: us-amerikanisches Außengebiet Jungferninseln) und bis zu 1.000 Sklaven. Jedem seiner Sklaven wurde das Zeichen ‚BvS‘ (für Baron von Schimmelmann) auf eine der beiden Brusthälften gebrannt.

Schimmelmann war Dänemarks größter Sklavenhändler. und größter Steuerzahler und vermutlich auch reichster Bürger des Staates.

„Sclaven-Handel liegt mir am Herzen“

Heinrich Carl von Schimmelmann
Stammbaum Familie Schimmelmann, Schloss Ahrensburg, 20. Jhdt.

Schimmelmanns Vermögen basiert zum größten Teil auf dem atlantischen Versklavungshandel und der damit verbundenen Plantagenwirtschaft. Julian zur Lage (Forschungsstelle ‚Hamburgs (post)koloniales Erbe‘) kennzeichnet Schimmelmann 2021 als ‚transatlantischer Kolonialunternehmer und Symbolfigur des Versklavungshandels‘.

Schimmelmanns Sohn Heinrich Erich hatte später wesentlichen Anteil daran, dass der Handel mit versklavten Menschen auf dänischen Schiffen eingestellt wurde.

Schloss Ahrensburg – Familiensitz Schimmelmann 1759 – 1932

Von der Familie von Rantzau erwarb H. C. Schimmelmann 1759 das Schloß von Ahrensburg (Wasserschloss, erbaut zwischen 1570 und 1585) sowie 1762 vom König Dänemarks das Gut Wandsbek.

Schloss Ahrensburg, 1759 - 1932 im Besitz der Familie Schimmelmann
Schloss Ahrensburg, 1759 – 1932 im Besitz der Familie Schimmelmann

Schloss Ahrensburg war bis 1932 im Besitz der Familie Schimmelmann (Auszug 1934). 1932 war sie aus finanziellen Gründen zum Verkauf gezwungen.

Familienwappen Schimmelmann, Ahrensburger Schloss
Familienwappen Schimmelmann, Ahrensburger Schloss

Anschließend erwarb es die Sparkasse des Kreises Stormarn von der Famile. 1938 übertrug sie es dem Verein Schloss Ahrensburg e.V., Ende 2002 ging es in die Stiftung Schloss Ahrensburg über.

Seit 1955 ist Schloss Ahrensburg Museum. Das Museum behandelt in der Ausstellung zur Geschichte des Hauses auch die kolonialen Aspekte – wenn auch relativierend (‚zeittypisch‘).

Hamburg gedenkt Sklavenhändler Schimmelmann

Schimmelmann wurde in Hamburg lange noch gedacht. So hieß z.B. die Weihnachts-Auführung im Museum für Kunst und Gewerbe bis zum Jahr 2016 ‚Weihnachten bei Schimmelmanns‘.

Doch auch heute noch findet sich Schimmelmann-Gedenken in Hamburg:

nach Schimmelmann benannte Straßen

In Hamburg erinnern gleich drei Straßen an die Familie Schimmelmann:

  • Der Schimmelmannstieg in Hamburg Jenfeld (auf dem Gelände des nicht mehr existierenden früheren Wandsbeker Schlosses Schimmelmanns) trägt seinen Namen seit 1945
  • Die Schimmelmannallee in Jenfeld (seit 1951)
  • Die Schimmelmannstraße in Jenfeld (Name schon vor 1864) – ausgerechnet hier sitzt seit 1994 die ‚Hamburger Tafel‘.

Zahlreiche Forderungen nach Umbenennung dieser Straßen konnten bisher nicht realisiert werden.

Schimmelmann – Denkmal in Hamburg Wandsbek 2006 – 2008

Am 12. September 2006 (!) wurde für Schimmelmann ein Denkmal in Hamburg Wandsbek eingeweiht (gegenüber dem Rathaus Wandsbek). Gedacht werden sollte einer der bedeutendsten Persönlichkeiten Wandsbeks.

Nach massiven Protesten und Protestaktionen (die Büste wurde zweimal mit roter Farbe übergossen) allerdings wurde die Büste im Jahr 2008 wieder demontiert (Beschluss der Bezirksversammlung vom 8. Mai 2008).

Schimmelmann Mausoleum in Hamburg Wandsbek

Schimmelmann, 1782 in Kopenhagen gestorben, hatte in seinem Testament verfügt, in Wandsbek (seinem Lieblingsort) beigesetzt zu werden.

Schimmelmanns Mausoleum befindet sich noch heute in Hamburg Wandsbek nahe der Christuskirche:

Sklavenhandel in Hamburg - Mausoleum Schimmelmann in Wandsbek
Schimmelmann Mausoleum Hamburg Wandsbek
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Hamburg

Atomkraftwerk Stade (1972 – 2003 / 2026)

Das Atomkraftwerk Stade (auch: Kernkaftwerk Stade, KKS) liegt nordwestlich von Hamburg an der Elbe. Es war von 1972 bis 2003 in Betrieb.

Der Druckwasserreaktor der ersten Generation mit einer elektrischen Leistung von 640 MW (netto, nach Abzug Eigenbetrieb) war der einzige dieser Bauart in der Bundesrepublik.

Atomkraftwerk Stade AKW Kernkraftwerk KKS
Atomkraftwerk Stade, von der Elbe aus gesehen, September 2020

Das Kernkraftwerk Stade KKS wurde errichtet von Siemens / Kraftwerk Union KWU (Baubeginn 17. November 1967).

Die Baukosten lagen damals bei umgerechnet 150 Mio. Euro. Es ging am 29. Januar 1972 in Betrieb (Beginn kommerzieller Leistungsbetrieb 19. Mai 1972) und war neben Würgassen eines der ersten kommerziell betriebenen Atomkraftwerke in der BRD.

Das AKW Stade wurde am 14. November 2003 abgeschaltet (Nachbetreib bis 7. September 2005). Seit 2005 ist das AKW Stade kernbrennstofffrei, es erfolgt der Rückbau.

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Hamburg Kulturelles

Ernst Rowohlt Grab

Der Verleger Ernst Rowohlt, 1908 Gründer des Rowohlt Verlag in leipzig, starb 1960 in Hamburg. Das Grab von Ernst Rowohlt befindet sich auf dem Friedhof Volksdorf.

Ernst Hermann Heinrich Rowohlt wurde am 23. Juni 1887 in Bremen geboren. Nach der mittleren Reife ging er in einer Bank in Bremen in die Lehre.

Nach einem Volontariat in einer Druckerei in Leipzig gründete er mit 21 Jahren 1908 den ‚ Rowohlt Verlag Paris – Leipzig‘. 1912 übernahm Kurt Wolff den verlag. Seinen zweiten Verlag gründete Rowohlt 1919 in Berlin. Den dritten Verlag rief er 1946 in Stuttgart ins Leben, 1950 folgte der Umzug nach Hamburg.

Bereits im Juni 1950 brachte Rowohlt das erste Taschenbuch auf den Markt:

„Wir drucken die Bände im Rotationsdruck, allerdings auf aufgebessertem Zeitungspapier, und lassen sie im Lumbeckverfahren binden. Das garantiert eine große Haltbarkeit des Rückens, die Bücher liegen flach auf, und da der deutsche Bücherkäufer stets gern Halbleinenbände haben will, haben wir auch einen Halbleinenrücken angewandt.“

Ernst Rowohlt

Mit den rororo Taschenbüchern veränderte Rowohlt den Buchmarkt in der Bundesrepublik wesentlich.

Ernst Rowohlt Grab Hamburg Volksdorf
Ernst Rowohlt Grab, August 2020 (Rowohlts Grabstein befindet sich am Rand des Rhododendron, links davor die Grabsteine seiner Mutter Anna sowie seiner Frau Maria)

Ernst Rowohlt starb am 1. Dezember 1960 in Hamburg an einem Herzinfarkt.

Auf seinem Grabstein stehen seine eigenen (heute kaum noch entzifferbaren) Worte „Hier ruht ein Verleger, der 54 Jahre Buchhändler war und nicht geisteskrank wurde, und der sein Leben lang, fast umsonst, ein alter Kämpfer gegen die Torheit war.“

Grabstein Ernst Rowohlt
Grabstein Ernst Rowohlt, August 2020

Ernst Rowohlt wurde auf dem Friedhof Hamburg Volksdorf beigesetzt (Ernst Rowohlt Grab Friedhof Hamburg Volksdorf Feld A k (das Feld befindet sich gegenüber der Kapelle, Rowohlts Grab am Ende des Feldes zum kleinen Weg / Feld B l hin)

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Hamburg Konzerte & Festivals

Finna Hamburg 2020

Finna am 21. August 2020 im Gängeviertel Hamburg

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Hamburg Homosexualitäten

Hans Bürger-Prinz (1897 – 1976)

Hans Bürger-Prinz wurde als Hans Bürger am 16. November 1897 in Weinheim geboren. Sein leiblicher Vater war der Oberpostsekretär Joseph Bürger.
1929 wurde Hans Bürger durch den Justitiar Gerhard Prinz adoptiert, dadurch entstand der Nachname Bürger-Prinz.

Nach dem Abitur in Köln studierte er in Bonn und Köln. Promotion und 1930 Habilitation erfolgten in Köln. 1936 zog Bürger-Prinz nach Hamburg, wo er am 1. April 1936 Nachfolger des 1934 entlassenen und im April 1939 nach KZ-Haft (KZ Sachsenhausen) in die USA emigrierten Hermann Josephy (1897 – 1960) zunächst kommissarischer Leiter der Psychiatrischen und Neurologischen Klinik (bis 1942 Friedrichsberg, ab dann Universitäts-Krankenhaus Eppendorf UKE) wurde.

Nach kurzer (knapp 2 Jahre) Suspendierung 1945 bis 1947 setzte er seine Tätigkeit „als ordentlicher Professor und Direktor der Psychiatrischen und Nervenklinik“ ab 4. März 1947 fort. Am 1. Juli 1948 wurde er als ‚entlastet‘ klassifiziert.

Bürger-Prinz starb am 29. Januar 1976 in Hamburg. Er wurde auf dem Friedhof Hamburg-Blankenese beigesetzt.

Der Hamburger Psychiater spricht vor der 46. Tagung der Deutschen Gesellschaft für gerichtliche und soziale Medizin in Kiel, 8. September 1967 – Magnussen, Friedrich (1914-1987) – Stadtarchiv Kiel – Lizenz CC BY-SA 3.0 de

Hans Bürger-Prinz in der NS-Zeit

Hans Bürger-Prinz wurde im April 1933 Mitglied der NSDAP, im Mai 1933 auch der SA, später auch weiterer NS-Organisationen.

Er fungierte seit 1938 ehrenamtlich Richter am Hamburger Erbgesundheitsgericht, das insbes. über Zwangssterilisationen entschied.

„Er war Richter bzw. Beisitzer an den Erbgesundheitsgerichten in Leipzig und Hamburg, die mit der Umsetzung des ‚Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses‘ vom 14. Juli 1933 befasst waren. Er organisierte mit Ofterdinger [damals Gesundheitssenator; d.Verf.] die Selektion der Psychiatriepatienten in Hamburg in heilbare und unheilbare und unterstützte somit auch ohne Meldebogen die ‚Aktion T 4‘ an seiner Klinik.“

Hippius, Holdorff, Schliack 2006, S. 44

Die ‚Psychiatrische und Nervenklinik der Hansischen Universität‘, deren Leiter er seit 1936 war, spielte eine wesentliche Rolle bei der Durchführung der ‚Euthanasie-Morde‚ im Raum Hamburg: als ‚behandlungsunwürdig‘ erachtete Patient*innen wurden von hier nach Langenhorn verlegt, von wo sie in Tötungsanstalten deportiert wurden.

Die Vergasungsaktion (auch Mordaktion T4) versuchte Bürger-Prinz für seine Klinik zu nutzen. Angesichts zunehmenden Mangels an männlichen Kräften infolge des Kriegs schrieb er zwei Monate vor Ende der Aktion

„… wäre es der Klinik sehr erwünscht, Pflegepersonal zu erhalten, das infolge der in den Heil- und Pflegeanstalten durchgeführten … Maßnahmen des Reichsminister des Innern freigeworden ist oder noch frei wird. … Die Klinik beantragt daher, an die zuständigen Stellen heranzutreten, um besonders dem großen Mangel an männlichem Pflegepersonal abzuhelfen.
Der Direktor gez. Bürger-Prinz“.

Hans Bürger-Prinz, damals Direktor Psychiatrische und Nervenklinik der Hansischen Universität Hamburg Eppendorf, Juni 1941 [zitiert nach Dr. Dietrich Kuhlbrodt
Oberstaatsanwalt i.R., ‚Euthanasie als Verwaltungshandeln im Nationalsozialismus‘, in: Gedenkschrift zur Erinnerung an Kinderopfer in der NS-Zeit, Hamburg 1999

Über die Folgen seiner Tätigkeit als Psychiater des Wehrkreises X vermutet Roth

„Wir wissen nicht, wie viel Kriegsneurotiker von Bürger-Prinz an die Exekutionskommandos der Kriegsgerichte ausgeliefert wurden, ihre Zahl geht wahrscheinlich in die Dutzende.“

Karl Heinz Roth: Großhungern und Gehorchen. Das Universitätskrankenhaus Eppendorf, in: Angelika Ebbinghaus, Heidrun Kaupen-Haas, Karl Heinz Roth: Heilen und Vernichten im Mustergau Hamburg. Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik im Dritten Reich, Hamburg 1984

Bürger-Prinz‘ Rolle während der NS-Zeit ist bis heute nicht abschließend untersucht und aufgearbeitet.

Seine Rolle während dieser Zeit, insbesondere im Zusammenhang mit den nationalsozialistischen ‚Euthanasie‘-Verbrechen, konnte bis heute nicht restlos geklärt werden.

Dr. Kai Sammet, UKE, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, UKE news Dezember 2006

Bürger-Prinz und Homosexualität

Eine undatierte ‚Aufstellung der HR‘ für den Wehrkreis X (Hamburg) führt den

„Stabsarzt Prof. Bürger-Prinz, Hamburg, Nervenklinik der Universität“

auf als

„vorzuschlagenden Gutachter für homosexuelle Delikte zwecks Unterscheidung zwischen einmaligen Handlungen und Anlagebedingtheit“

Quelle: Günter Grau, Homosexualität in der NS-Zeit

Hans Bürger-Prinz in der Bundesrepublik – Sexualforschung in NS-Denkmustern ?

Jan Feddersen bemerkt am 18. März 2000 in der taz

„In der jungen Bundesrepublik gaben vor allem zwei Mediziner den Ton im sexualwissenschaftlichen Diskurs an, Hans Bürger-Prinz und Hans Giese, beide tätig am Hamburger Institut für Sexualforschung. Sowohl Bürger-Prinz als auch Giese erhielten ihre antiliberale und im Übrigen an einem Blut-und-Boden-Bild orientierte Ausbildung während der Nazizeit. Durch ihr Wirken wurde der Paragraf 175 in seiner verschärften NS-Fassung in den Fünfzigerjahren beibehalten.“

Jan Feddersen 2000

Bürger-Prinz veröffentlichte 1963 gemeinsam mit Fritz Bauer, Hans Giese und Herbert Jäger ‚Sexualität und Verbrechen – Beiträge zur Strafrechtsreform‘.

‚Steven Milverton‘ bemerkt 2012 zu beiden

„Bürger-Prinz förderte die wissenschaftliche Karriere Gieses bereits in der Nazi-Zeit und verschaffte ihm später eine Professur in Hamburg. Zwar folge Giese Bürger-Prinz‘ Lehrmeinung nicht in allen Punkten, allerdings übernahm er von ihm die Auffassung, Homosexualität werde durch Verführung erworben. Der Historiker Bernd-Ulrich Hergemöller ist der Auffassung, dass diese beiden die deutsche Sexualforschung der Nachkriegszeit weitgehend im Sinne der Denkmuster der NS-Zeit beeinflussten.“

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Hamburg Homosexualitäten

Café Tuc Tuc (1979 – 1995)

Von 1979 bis 1995 existierte in Hamburg das Café Tuc Tuc – insbesondere in der ersten Hälfte der 1980er Jahre war das ehrenamtliche Kollektiv-Projekt eine Institution im schwulen Leben der Stadt.

Sechs schwule Männer aus dem Kreis um die HAH (Homosexuelle Aktion Hamburg) gründeten 1979 das Café Tuc Tuc. Am Ostersamstag 14. April 1979 war Eröffnung. Endlich gab es eine Alternative zu klemmigen und kommerziellen Orten.

Schwusel trifft sich über'm Tuc Tuc (Schwusel Nachrichten 2/1983, Grafik Martin D.)
das Café Tuc Tuc auf dem Cover der Schwusel Nachrichten 2/1983 (Grafik Martin D.)

Mit dem Café Spund hatte in Hamburg fünf Jahre zuvor am 3. September 1974 Deutschlands erstes schwules Tages-Café eröffnet.

Das Café Tuc Tuc allerdings war ab 1979, ähnlich wie das ‚Andere Ufer‚ in Berlin Schöneberg, in Hamburg das erste schwule Café ohne Klingel und abgedunkelte oder verdeckte Fenster, sondern frei einsehbar. Und es war ein nicht-kommerzielles Lokal und über den Konsum und Spaß hinaus Raum für Politik und Experimente jeglicher Art.

Café Tuc Tuc (Reklame, 1981)
Reklame, 1981

Das Café und die darüber liegenden Räume war über Spaß hinaus auch ein politischer Ort. Hier wurde 1980 der Protestzug nach der Aufdeckung der Spitzel- und Rosa Listen-Affäre (‚Hamburger Spiegel-Affäre‘) geplant.
In den Räumen über dem Tuc traf sich Schwusel, die Gruppe schwuler und lesbischer Jugendlicher, hier wurde auch die Schwusel Zeitung mit produziert.

Doch nicht alle schätzten offenbar das Café. „‚Alternativ bis zur Bewusstlosigkeit‘, titelte Rudi Finkler (1981 mit Hans-Georg Stümke Herausgeber des Buchs ‚Rosa Winkel, Rosda Listen‘) boshaft seinen Artikel 1981 in der HomoZeitschrift Du & Ich über das Tuc Tuc.

Im Tuc Tuc sahen hörten feierten wir den (1980 von Gunther Schmidt gegründeten) Hamburger Tuntenchor (1980 – 1981), die Alsterelsen, später Georgette Dee oder ‚Familie Schmidt‚ (ich hab jetzt noch „wetten das ist Frau Witten?“ in den Ohren klingen). Lange bevor 1988 das Schmidt Theater eröffnete

Effi Effinghaus zog dann mit Kai Reineke Ende 1986 aus dem Café aus. Und übernahm zum 1. Januar 1987 von Ella Gnosa in St. Georg das 1947 gegründete und noch heute existierende Café Gnosa. Effi (1950 geboren) starb am 23. Dezember 1995 im Alter von 45 Jahren an den Folgen von Aids.

Das Tuc Tuc machte 1995 endgültig dicht – die städtische Wohnungsbau-Gesellschaft Saga als Vermieterin hatte wegen Mietschulden gekündigt. Die Zeiten hatten sich geändert … das Front (1983 – 1997) war längst der heißeste Ort der Stadt …

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Eine Wü+rdigung von Effi zum 70. Geburtstag:

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Hamburg Konzerte & Festivals

Alice Dee Hamburg 2020

Alice Dee bei der queer B cadamy auf Kampnagel / Hamburg 15. Februar 2020

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Hamburg Konzerte & Festivals

The Muslims Hamburg 2020

The Muslims (‚a Black & brown queer punk band from Durham NC‘) bei der queer B cadamy auf Kampnagel / Hamburg 15. Februar 2020

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Hamburg Kulturelles

streetart Hamburg Fotos

streetart Hamburg Fotos

Homophobie ist kacke (mt s), Hamburg Mai 2016
FCK GSCHLCHTSVRKHR (Oktober 2018)
Antifa Hydrant – israelsolidarische Antifa (November 2018)
untitled (Holz-Monster), November 2018
SCHOEN (Tetrapode, Westerland / Sylt; Dezember 2018)
LIEB SEIN (Janauar 2019)
I FEEL LIKE TIRED (Februar 2019)
ANUS (Februar 2019)
„Autorität ist auch eine Form von Faschismus – G20 lahmlegen“ (zelos; Foto Mai 2019)
it’s been a bad day please don’t take a picture (Mai 2019)
Anti Alles (Oktober 2019)
ist Auftrag Kunst? (November 2019)
move (Hamburg Hauptbahnhof, November 2019)
an der Schilleroper (November 2019)
(November 2019)
so faul / weapon of waste reduction (Dezember 2019)
Gucci (Dezember 2019)
Jedih / Deuz 2018 (Foto Dezember 2019)
(Foto Februar 2020)
unfug (Januar 2020)
Moin (Januar 2020)
partners in crime (Januar 2020)
CPT. GPS (Captain Gips; Januar 2020)
aus dem Weg, Perli hat Hunger (Januar 2020)
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Hamburg Kulturelles

Schilleroper Hamburg (1889 – ?)

Das ehemalige Zirkus-Gebäude Schilleroper in Hamburg St. Pauli wurde ursprünglich für den Zirkus Busch erbaut. Die Rotunde gilt in Deutschland als einmalig. Das Gebäude steht seit 2006 komplett leer. Seine Zulunft ist unsicher.

die Schilleroper in Hamburg St. Pauli, ehemaliges Zirkus-Gebäude, im November 2019

Die Schilleroper wurde in den Jahren 1889 (Baugesuch) bis 1891 für den Circus Busch (heute Circus Busch-Roland) gebaut. 1891 wurde der Stahlskelettbau mit einer Gala-Vorstellung eröffnet.

1899 übernimmt der erfolgreiche Zirkus Busch den Konkurrtenten Renz – und zieht um in dessen Gebäude am Millerntor. 1905 wird das Gebäude zum Schiller-Theater umgebaut. Es eröffnet am 19. April 1905. 1916 geht das Theater in Konkurs, auch aufgrund kriegsbedingter Einnahme-Rückgänge.

In den Folgejahren finden zahlreiche Besitzerwechsel statt. Im April 1931 wird das Gebäude zwangsversteigert. Nach Umbau wird es 1932 neueröffnet als Oper. 1939 wird es behördlich geschlossen. Im 2. Weltkrieg wird das Gebäude als Wartungshalle für Militär-Fahrzeuge, später als Kreigsgefangenenlager genutzt und im Krieg teilweise zerstört.

Ab den 1950er Jahren wird das Gebäude als Hotel genutzt, als „Hotel Schiller-Oper“. Nach erneutem Konkurs erfolgt 1952 eine weitere Zwangsversteigerung. In den 1960er Jahren wird das Gebäude als Wohnhaus für so genannte ‚Gastarbeiter‘ genutzt, im Foyer ein Restaurant eröffnet. Mitte der 1970er Jahre führt ein Brand zu weiteren Zerstörungen.

In dne 1990er Jahren sind in den Abbauten Asylbewerber untergebracht; das Foyer wird wieder asls Restaurant genutzt. Zwischen 2003 und 31. März 2006 wird das Foyer ein letztes Mal genutzt – für den beliebten Club ‚Schilleroper‘.

Schilleroper Hamburg St. Pauli November 2019
Die Schilleroper im November 2019

Seit 2012 steht die Schilleroper unter Denkmalschutz (nachdem dies bereits 1998 angekündigt wurde). Zuvor hatte das Denkmalamt 2007 bereits einem Abriss-Antrag der Eigentümer widersprochen.
Der ‚Denkmalschutz‘ heißt bei der Schilleroper allerdings: das Objekt steht zwar auf der ‚Verzeichnis erkannter Denkmäler‘ der Hansestadt Hamburg (pdf). Es ist allerdings bisher kein eingetragenes Kulturdenkmal. (Welche Gefahren darin liegen können, zeigt 2019 erneut der Abriss des Cityhofs in Hamburg).

Im April 2018 zeigte ein Gutachten, dass das Gebäude zwar Schäden aufweist, akut aber keine Einsturzgefahr besteht. Es sei sanierungsfähig. Allerdings seien umfassende Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Zuvor hatte der Eigentümer mit mehreren Gutachten versucht, eine Befreiung von Denkmalschutz-Auflagen zu erreichen.

Der Eigentümer des Gebäudes (eine immobilienforma) ist anonym, die Interessenwahrnehmung erfolgt durch die Schilleroper GmbH. Persönliche Gesprächsversuche scheiterten bisher, die Kommunikation mit der Stadt erfolgt ausschließlich schriftlich.

Die Stadt bereitete Ende 2018 eine Sicherungsverfügung an den Eigentümer (der Neubauten planen soll) vor, um das Gebäude zu erhalten. Diese sollte Anfang 2019 zugestellt werden. Sollte der Eigentümer die angeordneten Reparaturen nicht vornehmen lassen, werde eine Ersatzvornahmen angeordnet – die Stadt werde die Reparaturen selbst veranlassen, auf Kosten des Besitzers.

„Rettet die Schilleroper …“

Eine Intiative sammelte mehrere Tausend Unterschriften für den Erhalt der Schilleroper.

2021 – Sicherung der denkmalgeschützten Stahlkonstruktion der Schilleroper

Im Sommer 2021 wurde nach Abriss der Nebengebäude die denkmalgeschützte Stahlkonstruktion freigelegt. Sie soll entlastet und durch eine Stützkonstruktion stabilisiert und gesichert werden.

Denkmalgeschützt an der Schilleroper ist seit 2012 nur die Stahlkonstruktion.

Zu den Maßnahmen hatte der zuständige Bezirk Mitte die Eigentümerin unter Androhung einer Geldstrafe aufgefordert. Aufgrund erheblicher Schäden an einer Wand des Gebäudes bestünde Gefahr im Verzug, so der Bezirk.

Die Arbeiten werden durch einen Sachverständigen begleitet, der vom Denkmalschutz-Amt bestellt wurde.

Ende August verhängte die Stadt Hamburg ein sofortigen Baustopp der Abrissarbeiten an den Nebengebäuden. Grund war eine unsachgemäße Durchführung der Arbeiten. Die Aufstellung eines Stützturms in der Mitte wurde zur Stabilisierung der Stahlkonstruktion angeordnet.

Ende 2023 hat das Stahlskelett immer noch keinen Rostschutz, es steht ungeschützt. Der völlige Verfall droht.