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Energiefragen – Ökostrom

Die Produktion von Ökostrom sei deutlich gestiegen, meldet der Verband der Elektrizitätswirtschaft (via SpON).

Das erfreut.

Und ich frage mich, in wie weit ist eigentlich ‘Ökostrom’ von Atomstrom-Konzernen wie Vattenfall tatsächlich Öko-Strom? Strom aus seit vielen Jahren bestehenden skandinavischen Wasserkraftwerken hierzulande als Ökostrom zu vermarkten führt zumindest wohl nicht zu einer Ausweitung der Ökostrom-Produktion. Nicht zu einer Energiewende. Und den Worten von Anbietern, die immer wieder bei ‘Pannen’ (welch verniedlichende Formulierung) mit der Wahrheit nur häppchenweise herauskommen, wie jüngst bei den Unfällen in norddeutschen AKWs, mag ich auch kaum noch glauben.

Es gibt Alternativen.
Anbieter, deren Strom zu 100% aus erneuerbaren Energien stammt, und dabei zu 90% aus erneuerbaren Energien, die nicht nach dem Erneuerbare-Energien- Gesetz gefördert werden.
Anbieter, deren Strom (außer geringen Mengen bei der Herstellung der Erzeugungsanlagen) keinen CO²- Ausstoß produziert (Bundesdurchschnitt 682g/kWh).
Anbieter, deren Strom AKW-frei ist, und deren Stromproduktion keinen radioaktiven Abfall produziert (Bundesdurchschnitt 0,006g/kWh; 80 Mrd. Bequerel/ kWh).
Und deren Strom dabei sogar noch preislich attraktiv ist.

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Politisches

Proliferation – der Fall Nordkorea (1998)

Ausgangssituation

Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme in MOE und einer vorsichtigen Orientierung Chinas in Richtung Westen hat Nordkorea nahezu sämtlichen politischen Freunde verloren. Politisch und ökonomisch ist das Land fast völlig isoliert.

Nordkorea befindet sich in einer problematischen geostrategischen Lage: Region, in der die Interessen Chinas, Japans, Rußlands und Südkoreas aufeinandertreffen.

Kriege und Zeiten der Besetzung des Lands (Japaner; Korea-Krieg) sind ein prägendes Element der Staatsideologie, die Unabhängigkeit und Autarkie besonders betont. Als hauptsächlicher Gegner werden die USA gesehen, als deren „Marionette“ Südkorea betrachtet wird. Als Erzfeind gilt weiterhin der ehemalige Besatzer Japan.

Nordkorea – zivile Nutzung der Kernenergie

Nordkorea hat sowohl Reaktoren importiert (SU & China) als auch eine eigene Reaktorlinie (Gas-Graphit-Reaktor) entwickelt. Zudem besitzt Nordkorea weitgehend eigenständig entwickelte Wiederaufbereitungs- und Anreicherungsanlagen sowie Graphit- und Uranbergwerke inkl. der erforderlichen Technologien.

1975 konnte Nordkorea erstmals kleine Mengen Plutonium aus abgebranntem Kernbrennstoff isolieren. Der Gas-Graphit-Reaktor wäre nach Inbetriebnahme in der Lage, u.a. mehrere Kilogramm Plutonium jährlich zu produzieren.

Nordkorea – Massenvernichtungswaffen

  • Chemische Waffen: Es ist davon auszugehen, daß Nordkorea einen Lagerbestand an chemischem Waffen angelegt hat (Schätzungen: ca. 1.000 t) und über chemische Gefechtsköpfe für ballistische Flugkörper verfügt. Technologisch ist Nordkorea zur Herstellung chemischer Waffen in der Lage. Nordkorea hat allerdings das CWÜ unterzeichnet.
  • Biologische Waffen: Vermutlich hat Nordkorea keine Unterstützung bei biologischen Waffen von Drittstaaten (wie SU, China) erhalten. Das Land stellt mit selbst entwickelter Technologie biologische Waffen und deren Komponenten her. Die Anwendung der Gentechnik befindet sich vermutlich noch im universitären Stadium.
  • Nukleare Waffen: Nordkorea ist (aufgrund der Wiederaufbereitung abgebrannten Kernbrennstoffs in eigenen Anlagen) im Besitz einer Plutonium-Menge, die ausreichend ist zum Bau mehrerer Atombomben. Technologisch soll Nordkorea seit Ende der 80er Jahre in der Lage sein, Atomwaffen herzustellen. US-Geheimdienste gehen davon aus, daß Nordkorea bereits mehrere Atombomben besitzt (auch wenn bisher keine nuklearen Test-Explosionen erfolgten).
  • Trägersysteme: Nordkorea verfügt über mehrere potentielle Trägersysteme für Massenvernichtungswaffen mit unterschiedlicher Reichweite, so z.B. Raketen und Rohrartillerie (Frog-3, -5, -7, Scud-C, Nodong-1) und Kampfflugzeuge (MIG-29, SU-25). Mit  Entwicklungen der jüngeren Zeit dürfte Japan inzwischen in der Reichweite nordkoreanischer Waffensyteme liegen.

Nordkorea sieht in Nuklearwaffen einen Weg, das Überleben des Staates (und des Regimes) zu sichern und die USA von einem nuklearen Angriff abzuhalten. Beobachter gehen davon aus, daß Nordkorea Nuklearwaffen derzeit eher als politisches Instrument denn als operationales Waffensystem betrachtet.

Nordkorea als Lieferland

Nordkorea besitzt und entwickelt nicht nur Massenvernichtungswaffen, sondern tritt bereits seit längerem auch als Lieferland auf. Nordkorea gilt als drittgrößter Waffenexporteur der „Dritten Welt“.

  • Chemische Waffen: Hinweise deuten darauf hin, daß Nordkorea z.B. eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung von chemischen Kampfstoffen und Gefechtsköpfen in Syrien zukam. 1986 – 1988 soll Nordkorea den Iran bei Design und Herstellung von Chemiewaffen unterstützt und chemische Gefechtsköpfe geliefert haben. Verbindungen mit Libyen werden vermutet.
  • Biologische Waffen: Nordkorea soll Syrien bei der Entwicklung biologischer Waffen unterstützt haben.
  • Nukleare Waffen: Es wird davon ausgegangen, daß Nordkorea Atomwaffen nicht an Drittstaaten liefern wird. Die Möglichkeit, daß Nordkorea die erforderliche Technologie weitergibt, wird jedoch als hoch eingeschätzt.
  • Trägersysteme: Lieferung z.B. von Scuds (Al-Husayn–Version) und zugehörigem Gerät an Libyen, Iran und Syrien. Nordkorea beteiligte sich zumindest in Ägypten selbst aktiv am Aufbau einer dortigen Scud-Herstellung. Nordkorea hat sich bisher nicht bereiterklärt, die Bestimmungen des MTCR zu respektieren.

Einige dieser Lieferländer beteiligen sich zudem an den entsprechenden Entwicklungsprogrammen Nordkoreas, so z.B. Libyen beim Nodong-1-Programm oder jüngsten Berichten zufolge Pakistan (nach früherer Zusammenarbeit bereits in den 70er Jahren jetzt vermutlich Zusammenarbeit bei der Entwicklung der pakistanischen Ghauri-Rakete).

1993 drohte Nordkorea mit Austritt aus dem NPT, dem es 1985 beigetreten war. Erst 1994 bestätigte Nordkorea im „Agreed Framework“ seine NPT-Mitgliedschaft wieder.

Das „Agreed Framework“

Das „Agreed Framework between the United States of America and the Democratic People’s Republic of Korea“ wurde am 21. Oktober 1994 unterzeichnet. Als Ergebnis daraus bestätigte Nordkorea seine Mitgliedschaft im NPT und fror sein Nuklearprogramm ein. Insbes. wurden die Konstruktion neuer Reaktoren sowie die Wiederaufbereitung von Kernbrennstoff gestoppt und IAEA-Inspektionen erlaubt.

Im Gegenzug sicherten die USA zu, Nordkorea nicht mit Kernwaffen anzugreifen oder damit zu drohen. Zudem wurden von den USA Rohöl-Lieferungen zugesagt sowie eine Erleichterung der vorher verhängten Sanktionen. Nordkorea erhielt die Zusicherung, zwei moderne us-amerikanische 1.000MW-Leichtwasserreaktoren geliefert zu bekommen, die Finanzierung (4 – 5 Mrd. US-$) sollte überwiegend durch Südkorea und die USA erfolgen.

Bisher hat Nordkorea die Bestimmungen des Agreements (wenn auch teilweise zögerlich) eingehalten.

Der Abschluß des „Agreed Frameworks“ sowie zweier weiterer Abkommen zwischen Nordkorea und den USA kann als Indiz gesehen werden, daß sich in Nordkorea die Vertreter der Diplomatie und des konstruktiven Umgangs mit dem Westen durchgesetzt haben.

Resumée

Mit dem „Agreed Framework“ wurde Nordkorea ein Stück weiter in internationale Kontrollmechanismen eingebunden. Wesentliche Fragen wie z.B. die Menge des bereits vor Unterzeichnung hergestellten Plutoniums wurden jedoch nur unzureichend behandelt. Das Land bleibt zudem weiterhin im Besitz von Massenvernichtungswaffen.

Proliferation durch Nordkorea stellt weiterhin ein bedeutendes Problem dar und kann u.a. die Stabilität der asiatisch-pazifischen Region bedrohen.

Falls Nordkorea den Nuklearwaffen-Status erlangen sollte, würde Südkorea vermutlich nachziehen. Auch Japan würde dies als massive Bedrohung empfinden und seinen nichtnuklearen Status ggf. überdenken.

Inwieweit der Rückzug Südkoreas aus der Finanzierung der Leichtwasser-Reaktoren  im Januar 1998 Konsequenzen für die Umsetzung des „Agreed Framework“ hat, kann noch nicht abgeschätzt werden.

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(Hausarbeit im Rahmen des Proseminars ‚Die Bemühungen um die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen als Gestaltungsaufgabe internationaler Politik‚ Dr. H. Mey, Universität Köln, Politikwissenschaft, 23. Juli 1998