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Hamburg Homosexualitäten

Hans Bürger-Prinz (1897 – 1976)

Hans Bürger-Prinz wurde als Hans Bürger am 16. November 1897 in Weinheim geboren. Sein leiblicher Vater war der Oberpostsekretär Joseph Bürger.
1929 wurde Hans Bürger durch den Justitiar Gerhard Prinz adoptiert, dadurch entstand der Nachname Bürger-Prinz.

Nach dem Abitur in Köln studierte er in Bonn und Köln. Promotion und 1930 Habilitation erfolgten in Köln. 1936 zog Bürger-Prinz nach Hamburg, wo er am 1. April 1936 Nachfolger des 1934 entlassenen und im April 1939 nach KZ-Haft (KZ Sachsenhausen) in die USA emigrierten Hermann Josephy (1897 – 1960) zunächst kommissarischer Leiter der Psychiatrischen und Neurologischen Klinik (bis 1942 Friedrichsberg, ab dann Universitäts-Krankenhaus Eppendorf UKE) wurde.

Nach kurzer (knapp 2 Jahre) Suspendierung 1945 bis 1947 setzte er seine Tätigkeit „als ordentlicher Professor und Direktor der Psychiatrischen und Nervenklinik“ ab 4. März 1947 fort. Am 1. Juli 1948 wurde er als ‚entlastet‘ klassifiziert.

Bürger-Prinz starb am 29. Januar 1976 in Hamburg. Er wurde auf dem Friedhof Hamburg-Blankenese beigesetzt.

Der Hamburger Psychiater spricht vor der 46. Tagung der Deutschen Gesellschaft für gerichtliche und soziale Medizin in Kiel, 8. September 1967 – Magnussen, Friedrich (1914-1987) – Stadtarchiv Kiel – Lizenz CC BY-SA 3.0 de

Hans Bürger-Prinz in der NS-Zeit

Hans Bürger-Prinz wurde im April 1933 Mitglied der NSDAP, im Mai 1933 auch der SA, später auch weiterer NS-Organisationen.

Er fungierte seit 1938 ehrenamtlich Richter am Hamburger Erbgesundheitsgericht, das insbes. über Zwangssterilisationen entschied.

„Er war Richter bzw. Beisitzer an den Erbgesundheitsgerichten in Leipzig und Hamburg, die mit der Umsetzung des ‚Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses‘ vom 14. Juli 1933 befasst waren. Er organisierte mit Ofterdinger [damals Gesundheitssenator; d.Verf.] die Selektion der Psychiatriepatienten in Hamburg in heilbare und unheilbare und unterstützte somit auch ohne Meldebogen die ‚Aktion T 4‘ an seiner Klinik.“

Hippius, Holdorff, Schliack 2006, S. 44

Die ‚Psychiatrische und Nervenklinik der Hansischen Universität‘, deren Leiter er seit 1936 war, spielte eine wesentliche Rolle bei der Durchführung der ‚Euthanasie-Morde‚ im Raum Hamburg: als ‚behandlungsunwürdig‘ erachtete Patient*innen wurden von hier nach Langenhorn verlegt, von wo sie in Tötungsanstalten deportiert wurden.

Die Vergasungsaktion (auch Mordaktion T4) versuchte Bürger-Prinz für seine Klinik zu nutzen. Angesichts zunehmenden Mangels an männlichen Kräften infolge des Kriegs schrieb er zwei Monate vor Ende der Aktion

„… wäre es der Klinik sehr erwünscht, Pflegepersonal zu erhalten, das infolge der in den Heil- und Pflegeanstalten durchgeführten … Maßnahmen des Reichsminister des Innern freigeworden ist oder noch frei wird. … Die Klinik beantragt daher, an die zuständigen Stellen heranzutreten, um besonders dem großen Mangel an männlichem Pflegepersonal abzuhelfen.
Der Direktor gez. Bürger-Prinz“.

Hans Bürger-Prinz, damals Direktor Psychiatrische und Nervenklinik der Hansischen Universität Hamburg Eppendorf, Juni 1941 [zitiert nach Dr. Dietrich Kuhlbrodt
Oberstaatsanwalt i.R., ‚Euthanasie als Verwaltungshandeln im Nationalsozialismus‘, in: Gedenkschrift zur Erinnerung an Kinderopfer in der NS-Zeit, Hamburg 1999

Über die Folgen seiner Tätigkeit als Psychiater des Wehrkreises X vermutet Roth

„Wir wissen nicht, wie viel Kriegsneurotiker von Bürger-Prinz an die Exekutionskommandos der Kriegsgerichte ausgeliefert wurden, ihre Zahl geht wahrscheinlich in die Dutzende.“

Karl Heinz Roth: Großhungern und Gehorchen. Das Universitätskrankenhaus Eppendorf, in: Angelika Ebbinghaus, Heidrun Kaupen-Haas, Karl Heinz Roth: Heilen und Vernichten im Mustergau Hamburg. Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik im Dritten Reich, Hamburg 1984

Bürger-Prinz‘ Rolle während der NS-Zeit ist bis heute nicht abschließend untersucht und aufgearbeitet.

Seine Rolle während dieser Zeit, insbesondere im Zusammenhang mit den nationalsozialistischen ‚Euthanasie‘-Verbrechen, konnte bis heute nicht restlos geklärt werden.

Dr. Kai Sammet, UKE, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, UKE news Dezember 2006

Bürger-Prinz und Homosexualität

Eine undatierte ‚Aufstellung der HR‘ für den Wehrkreis X (Hamburg) führt den

„Stabsarzt Prof. Bürger-Prinz, Hamburg, Nervenklinik der Universität“

auf als

„vorzuschlagenden Gutachter für homosexuelle Delikte zwecks Unterscheidung zwischen einmaligen Handlungen und Anlagebedingtheit“

Quelle: Günter Grau, Homosexualität in der NS-Zeit

Hans Bürger-Prinz in der Bundesrepublik – Sexualforschung in NS-Denkmustern ?

Jan Feddersen bemerkt am 18. März 2000 in der taz

„In der jungen Bundesrepublik gaben vor allem zwei Mediziner den Ton im sexualwissenschaftlichen Diskurs an, Hans Bürger-Prinz und Hans Giese, beide tätig am Hamburger Institut für Sexualforschung. Sowohl Bürger-Prinz als auch Giese erhielten ihre antiliberale und im Übrigen an einem Blut-und-Boden-Bild orientierte Ausbildung während der Nazizeit. Durch ihr Wirken wurde der Paragraf 175 in seiner verschärften NS-Fassung in den Fünfzigerjahren beibehalten.“

Jan Feddersen 2000

Bürger-Prinz veröffentlichte 1963 gemeinsam mit Fritz Bauer, Hans Giese und Herbert Jäger ‚Sexualität und Verbrechen – Beiträge zur Strafrechtsreform‘.

‚Steven Milverton‘ bemerkt 2012 zu beiden

„Bürger-Prinz förderte die wissenschaftliche Karriere Gieses bereits in der Nazi-Zeit und verschaffte ihm später eine Professur in Hamburg. Zwar folge Giese Bürger-Prinz‘ Lehrmeinung nicht in allen Punkten, allerdings übernahm er von ihm die Auffassung, Homosexualität werde durch Verführung erworben. Der Historiker Bernd-Ulrich Hergemöller ist der Auffassung, dass diese beiden die deutsche Sexualforschung der Nachkriegszeit weitgehend im Sinne der Denkmuster der NS-Zeit beeinflussten.“

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Hamburg Homosexualitäten

Café Tuc Tuc (1979 – 1995)

Von 1979 bis 1995 existierte in Hamburg das Café Tuc Tuc – insbesondere in der ersten Hälfte der 1980er Jahre war das ehrenamtliche Kollektiv-Projekt eine Institution im schwulen Leben der Stadt.

Sechs schwule Männer aus dem Kreis um die HAH (Homosexuelle Aktion Hamburg) gründeten 1979 das Café Tuc Tuc. Am Ostersamstag 14. April 1979 war Eröffnung. Endlich gab es eine Alternative zu klemmigen und kommerziellen Orten.

Schwusel trifft sich über'm Tuc Tuc (Schwusel Nachrichten 2/1983, Grafik Martin D.)
das Café Tuc Tuc auf dem Cover der Schwusel Nachrichten 2/1983 (Grafik Martin D.)

Mit dem Café Spund hatte in Hamburg fünf Jahre zuvor am 3. September 1974 Deutschlands erstes schwules Tages-Café eröffnet.

Das Café Tuc Tuc allerdings war ab 1979, ähnlich wie das ‚Andere Ufer‚ in Berlin Schöneberg, in Hamburg das erste schwule Café ohne Klingel und abgedunkelte oder verdeckte Fenster, sondern frei einsehbar. Und es war ein nicht-kommerzielles Lokal und über den Konsum und Spaß hinaus Raum für Politik und Experimente jeglicher Art.

Café Tuc Tuc (Reklame, 1981)
Reklame, 1981

Das Café und die darüber liegenden Räume war über Spaß hinaus auch ein politischer Ort. Hier wurde 1980 der Protestzug nach der Aufdeckung der Spitzel- und Rosa Listen-Affäre (‚Hamburger Spiegel-Affäre‘) geplant.
In den Räumen über dem Tuc traf sich Schwusel, die Gruppe schwuler und lesbischer Jugendlicher, hier wurde auch die Schwusel Zeitung mit produziert.

Doch nicht alle schätzten offenbar das Café. „‚Alternativ bis zur Bewusstlosigkeit‘, titelte Rudi Finkler (1981 mit Hans-Georg Stümke Herausgeber des Buchs ‚Rosa Winkel, Rosda Listen‘) boshaft seinen Artikel 1981 in der HomoZeitschrift Du & Ich über das Tuc Tuc.

Im Tuc Tuc sahen hörten feierten wir den (1980 von Gunther Schmidt gegründeten) Hamburger Tuntenchor (1980 – 1981), die Alsterelsen, später Georgette Dee oder ‚Familie Schmidt‚ (ich hab jetzt noch „wetten das ist Frau Witten?“ in den Ohren klingen). Lange bevor 1988 das Schmidt Theater eröffnete

Effi Effinghaus zog dann mit Kai Reineke Ende 1986 aus dem Café aus. Und übernahm zum 1. Januar 1987 von Ella Gnosa in St. Georg das 1947 gegründete und noch heute existierende Café Gnosa. Effi (1950 geboren) starb am 23. Dezember 1995 im Alter von 45 Jahren an den Folgen von Aids.

Das Tuc Tuc machte 1995 endgültig dicht – die städtische Wohnungsbau-Gesellschaft Saga als Vermieterin hatte wegen Mietschulden gekündigt. Die Zeiten hatten sich geändert … das Front (1983 – 1997) war längst der heißeste Ort der Stadt …

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Eine Wü+rdigung von Effi zum 70. Geburtstag:

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Homosexualitäten Köln

Stonewall Momente: Traueranzeige Jean Claude Letist – homosexuell oder schwul ? (Video)

Am Aschermittwoch 28. Februar 1990 starb Jean-Claude Letist an den Folgen von Aids. Jean Claude Letist (1946 – 1990) war einer der bedeutendsten schwulen Aktivisten in Köln in den 1970er und 80er Jahren. Die Traueranzeige für Jean-Claude Letist löste auch eine politische Aktion aus …

Die größte Lokalzeitung Kölns weigerte sich damals jedoch, eine Traueranzeige zu drucken mit den Worten „Ein beispielgebendes schwules Leben hat sein Ende gefunden“. Das Wort „schwul“ in einer Traueranzeige? Undenkbar! Einzig denkbarer Kompromiss sollte das Wort ‚homosexuell‘ sein. Aber genau das war der entscheidende Unterschied …

Traueranzeige Jean Claude Letist
zensierte Traueranzeige Jean Claude Letist – ohne das Wort ’schwul‘

Was dann passierte, und wie die Trauerfeier für Jean-Claude am 12. März 1990 und eine Aktion danach dazu führten, dass bald „schwul“ und „lesbisch“ auch in Traueranzeigen benutzt werden durften, darüber erzähle ich in diesem Video:

Stonewall Momente – Jean Claude Letist Traueranzeige

Das Video entstand für die Kurzfilm-Reihe ‚Stonewall Momente‘ im Rahmen des Projekts ‚queer as german folk‚. #querasgermanfolk ist ein Gemeinschaftsprojekt des Goethe-Instituts Nordamerika mit dem Schwulen Museum* Berlin sowie der Bundeszentrale für politische Bildung bpb.


Stonewall Momente: Ulrich Würdemann

Das Video ist Teil der Ausstellung ‚Love at First Fight! – Queere Bewegungen in Deutschland seit Stonewall‚. Sie ist ab 19. Juli 2019 für mindestens ein Jahr im Schwulen Museum* zu sehen.

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Drei Tage nach der Trauerfeier für Jean-Claude gründete sich am 15. März 1990 ACT UP Köln. Viele von uns nahmen an der Aktion im Verlagsgebäude am 12. März teil. Sie war sozusagen der Auftakt für ACT UP Köln …

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Jean-Claude Letist war für mich ein Vorbild und Ansporn. Von der Gründung und Eröffnung des Schwulen- und Lesbenzentrums SchuLZ bis zu zahlreichen Reisen mit ‚Homoreizen‚ (auf denen sein Sprachgenie immer wieder besonders hilfreich war), von nächtlichen Momenten am Aachener Weiher bis zu aufgeregten politischen Debatten im Bundesverband Homosexualität BVH – er war Inspiration, Herausforderung und – liebenswert.

Ach Gutemiene …

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Zwei kleine Fehler haben sich in dem Video eingeschlichen: natürlich war die Währung damals noch DM und nicht Euro. Und mein Vorname schreibt sich mit einem ‚l‘ – Ulrich … 😉

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Hamburg Homosexualitäten

SCHWUSEL unabhängige Zeitung der schwul-lesbischen Jugend Hamburgs (1982 / 1983)

Ab Mitte 1980 existierte in Hamburg eine Gruppe für junge Lesben und Schwule: SCHWUSEL, die sich oft in den Räumen über dem Café Tuc Tuc traf.

Schwusel hatte auch eine eigene (kleine) Zeitung „SCHWUSEL – unabhängige Zeitung der schwul-lesbischen Jugend Hamburgs“ . Hier die Cover der Ausgaben 1982 (2) sowie 1 bis 4 aus dem Jahr 1983:

Schwusel Zeitung Ausgabe 2 / 1982 (Format A4)
Schwusel Zeitung Ausgabe 1 / 1983 (Format A5)
Schwusel Zeitung Ausgabe 2 / 1983 (Format A5)
Schwusel Zeitung Ausgabe 3 / 1983 (Format A5)
Schwusel Zeitung Ausgabe 4 / 1983 (Format A5)
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Homosexualitäten Köln

Antifa – Veranstaltungsreihe SchuLZ Köln 1989 / 1990

In den Jahren 1989 und 1990 organisierte die glf-Politgruppe im Schwulen- und Lesbenzentrum SchuLZ in Köln eine Veranstaltungsreihe zum Thema Antifaschismus.

Zur Veranstaltungsreihe wurde begleitend eine Dokumentation Gewalt gegen Schwule und Lesben – Nährboden für Faschismus? (1989) erstellt. Im Umfeld wurde der Aufkleber verwendet Stoppt die braune Gefahr – Schwule und Lesben gegen Nazis.

An die Auftaktveranstaltung am 31. August 1989 sowie eine Gedenkveranstaltung am 1. September 1989 schlossen sich folgende (von mir mit organisierte und moderierte) Veranstaltungen an

  • 6. September 1989: Günter Dworek: Gewalt gegen Schwule – Nährboden für Faschismus
  • 4. Oktober 1989: Hartmut Meyer: Faschismus – was ist das?
  • 8. November 1989: Margret feit: Faschismus und die ‚Neue Rechte‘ heute
  • 4. Dezember 1989: Hans-Georg Stümke: Schwule im Nationalsozialismus
  • 24. Januar 1990: Ilse Kokula: Lesben im Nationalsozialismus
  • 7. Februar 1990: Brocher et al.: Befreiung ’45 – Hoffnung und Realität
  • 17. März 1990: Georg Roth: Wohnstübchen oder Politikbüro?
  • 4. April 1990: Claudia Roth: Strategien im Umgang mit Faschismus
  • 9. Mai 1990: Christiane Hoß: Intoleranz, Ausgrenzung, Diskriminierung – unser altäglicher Faschismus

Sämtliche Veranstaltungen fanden im Schwulen- und Lesbenzentrum SCHULZ in Köln statt.

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Bordeaux Homosexualitäten

Trans- und Homophobie in Bordeaux – Stadt startet Umfrage

Wie sicher fühlen sich LGBT+ in Bordeaux? Dies will die Stadt mit einer Befragung zu Transphobie und Homophobie in Bordeaux herausfinden. Ziel ist Felder zu definieren auf denen Handlungsbedarf der Stadt besteht.

Die Befragung wird durchgeführt vom Observatoire bordelais de l’égalité (Beobachtungsstelle der Stadt Bordeaux für Gleichheit; vgl. die drei Grundwerte der französischen Republik Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit). Begleitet wird die Umfrage von den Soziologen Arnaud Alessandrin und Johanna Dagorn von der Universität Bordeaux. Zahlreiche LGBT+- Organisationen aus Bordeaux wurden an der Erarbeitung des Fragebogens beteiligt.

Die Befragung zu Transphobie und Homophobie in Bordeaux startete am 5. November 2018 und wird bis Ende Dezember 2018 durchgeführt. Ziel ist es, über 1.000 Teilnehmer zu erreichen.

Im Begleittext zur Umfrage wird betont, Bordeaux habe bereits seit Jahren ein Monitoring-System zur Bekämpfung von Diskriminierungen. Nach mehreren Erhebungen z.B. zu Diskriminierung in Stadtteilen oder Benachteiligung von Frauen sei für 2018 / 2019 nun eine erneute Erhebung zu homophober und transphober Diskriminierung vorgesehen.

Die Erhebung zu homo- und transphober Diskriminierung in Bordeaux bezieht sich auf drei Sektoren: öffentlicher Raum, privater und öffentlicher Dienst sowie Arbeitswelt. Die Befragung ist anonym.

Trans- und Homophobie in Bordeaux – Link zur Umfrage.

Eine erste Erhebung zu Homophobie in Bordeaux ist vom Observatoire bordelais de l’égalité bereits 2015 durchgeführt worden. Damals hatten 82% der Befragten angegeben, mindestens einmal im Zeitraum 2013 / 2014 bereits im öffentlichen Raum Angst vor Beleidigungen oder Diskriminierung erlebt zu haben. Das Sicherheitsgefühl von LGBT+ im städtischen Raum sei, so die Autoren damals, etwas schlechter als das von Frauen insgesamt.

Inzwischen habe die Debatte um die Einführung des Rechts auf PMA (Procréation Médicalement Assistée; medizinisch unterstützte Fortpflanzung, künstliche Befruchtung) zu einer Reaktivierung von Gewalt gegen LGBT+ geführt.

Die seit Jahren boomende Metropole und Kulturstadt Bordeaux hat eine vergleichsweise kleine sichtbare LGBT+ – Szene. Bereits 2013 gab es ein Treffen von LGBT+-Organisationen mit Bürgermeister Alain Juppé, um einen Maßnahmen-Katalog gegen Homophobie zu vereinbaren. In der Zeit der Einführung der Homoehe in Frankreich kam es auch in Bordeaux zu Groß-Demonstrationen von Homogegner.


Familie hat kein Alter, kein Geschlecht, keine Religion - Transparent in Bordeaux, Oktober 2014
Familie hat kein Alter, kein Geschlecht, keine Religion – Transparent in Bordeaux, Oktober 2014
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Homosexualitäten

CSD Oldenburg 2018

Rekord-Beteiligung beim CSD in Oldenburg 2018 – geschätzt 16.000 Menschen beteiligten sich am 16. Juni 2018 am CSD, in der Parade und als Zuschauer am Wegrand.

Was wollt ihr denn noch? Akzeptanz!„, unter diesem Motto demonstrierten Tausende am 16. Juni 2018 durch die Oldenburger Innenstadt vom Oldenburger Schloß bis zum Oldenburger Pferdemarkt.

34 Gruppen beteilgten sich. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer an der Parade auf 11.000. Etwa 5.000 Teilnehmer an der Wegstrecke kommen hinzu laut Sprecher des Oldenburger CSD.

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Homosexualitäten

wenn Sprache Homophobie banalisiert

Wenn Sprache Homophobie banalisiert … Mit einer Kampagne thematisierte ein Zusammenschluss von studentischen LGBT-Gruppen in Frankreich 2010 den sorgsamen Umgang mit Sprache.

„Homo“ (‚pédé), „Schwuchtel“ (‚pédale‚, ‚tapette‚), „Arschloch“ (‚enculé‚, auch „in den Arsch gefickt“). Worte die (nicht nur) im studentischen Alltag wohl häufiger zu hören sind. Oft vielleicht unüberlegt verwendet, beiläufig, ohne konkrete Absicht LGBT zu beleidigen. Und doch – Sprache prägt. Unreflektierter Umgang mit Worten kann Homophobie zu verstärken.

Der Zusammenschluss studentischer LGBT-Organisationen Caélif thematisierte dies 2010 in einer Kampagne:

Homophobie Kampagne 2010 des Caelif (c) Caelif
Homophobie Kampagne 2010 des Caelif (c) Caélif

Die Studentengruppierung erläutert ihre Kampagne „Für dich ist es nur ein Tropen Wasser. Für ihn ist das Maß voll

„Worte haben ihre Bedeutung. Die Verwendung von Worten mit homophobem Charakter, selbst ohne böse Absicht, und in welchem Kontext auch immer, trägt dazu bei, Homophobie zu banalisieren.“

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Das ‚Collectif des associations étudiantes d’Ile-de-France‚ (Caélif) ist ein Zusammenschluss studentischer LGBT-Organisationen in der Hauptstadt-Region Ile de France. Es wurde im September 2001 gegründet.

Die Kampagne wurde 2010 mit Unterstützung des Bürgermeisters von Paris sowie des Maison des Initiatives étudiantes (MIE) realisiert.

Die Frauenzeitschrift Elle (Frankreich-Ausgabe) zählte diese Kampagne im Jahr 2010 zu den 20 markantesten Kampagnen gegen Homophobie. Das Motiv erreichte Platz 7.

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Frankreich Homosexualitäten

Gay Pride CSD Frankreich 2018

Gay Pride Frankreich 2018 – kalendarische Übersicht über die Termine für  / Gay Pride in Frankreich 2018

Toutes les dates des Marches des Fiertés en France 2018
Gay Pride in France 2018 – overview of the dates for Gay Pride in France in 2018

Lille Pride 2018 (c) Lille Pride
Lille Pride 2018 (c) Lille Pride

Der Begriff CSD ist in Frankreich wenig geläufig. Häufiger wird die Formulierung Gay Pride verwendet, und seit den 2000er Jahren Marche des Fiertés.

Die erste große Demonstration von Schwulen und Lesben in Frankreich fand am 4. April 1981 in Paris statt. Zur Geschichte des CSD in Frankreich siehe Gay Pride CSD in Frankreich – seit 1981.

Gay Pride CSD Frankreich 2018

19. Mai 2018

Croisière des fiertés Brest
5e Marche de l’egalité, contre l’homophobie et la transphobie de Orlérans

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Frankreich Homosexualitäten

die Homosexuellen-Zeitschrift Arcadie (1953 – 1982)

Die Homosexuellen-Zeitschrift Arcadie (1954 bis 1982) war die Publikation der gleichnamigen Homosexuellen-Vereinigung. Arcadie war in den 1950er und 1960er Jahren das wohl bedeutendste Presseorgan Homophiler in Frankreich.

Zusammen mit der Homosexuellenvereinigung Arcadie gründete André Baudry auch die Zeitschrift Arcadie. Die erste Ausgabe erschien im November 1953, datiert auf Januar 1954, in einer Auflage von 2.000 Exemplaren mit einem Umfang von  54 Seiten. Die Zeitschrift erschien in elf Ausgaben jährlich (Doppelnummer Juli / August), ohne Unterbrechung bis zu ihrer Einstellung.

Der 32jährige Seminarist Andre Baudry startet die Zeitschrift Arcadie direkt mit 1.300 Abonnenten – die er aus dem Kreis der Leser des schweizer Magazins Der Kreis in Frankreich gewonnen hat. Die Auflage steigt (Zahlen von Baudry selbst zufolge) auf 2.500 (Juni 1954), 4.000 (1957) und 10.000 in den erfolgreichsten Jahren.

Die Unterstützung seitens Pariser Intellektuellen-Kreise ist von Beginn an gemischt bis verhalten. In der ersten Ausgabe (Januar 1954) erschien u.a. auch eine von Jean Cocteau zur Verfügung gestellte Zeichnung sowie – als erster Text der ersten Ausgabe – ein Text von ihm. Cocteau erklärte dazu:

Arcadie Message de Jean Cocteau
Arcadie Message de Jean Cocteau (Arcadie Ausgabe Nr. 1, Januar 1954)

Am 28. Mai 1954 wird Werbung für die Zeitschrift sowie ihr Verklauf an Minderjährige verboten. Bis 1975 bleibt dieses Verbot bestehen.

1959 entsteht – gegründet von einehm ehemaligen Arcadie-Mitglied – eine neue Zeitschirift, Juventus – revue littéraire mensuelle. Sie benutzt – im Gegensatz zu Arcadie – die Formulierung homosexuell. Nach nur sechs Ausgaben stellt sie ihr Erscheinen wieder ein.

1975 erfolgte eine Umbenennung, die Zeitschrift hieß von nun an Arcadie, mouvement homophile de France (-> homophil). In dieser Zeit (1975) wird auch erstmals Werbung für Arcadie wieder zugelassen (nach dem Verbot direkt seit Beginn). Doch Arcadie gelingt es nicht, Nutzen aus dem kurzzeitigen ‚moment Giscardien‚ zu ziehen.

Noch Ende der 1970er Jahre hatte die Zeitschrift laut André Baudry (angeblich) über 30.000 Abonnenten (andere Quellen sprechen von maximal 10.000 Abonnenten; s.o.).

Mit der Einstellung der Gruppe Arcadie erfolgt 1982 auch die Einstellung der Zeitschrift Arcadie , wohl auch aufgrund steuerlicher Schwierigkeiten. Die letzte Ausgabe (Nr. 344) erschien im August 1982.

In ihr schrieb Baudry in seinem Abschiedstext an die Leser_innen

„Oh, tous et toutes soyez heureux par l’exigence d’une vie homophile faite de courage et de dignité.“
[Seid alle Glücklich mit einem homophilen Leben voller Mut und Liebe.]

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