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Börgermoor – kaum Gedenken an die ‘Moorsoldaten’

Zuletzt aktualisiert am 26. August 2020 von Ulrich Würdemann

Juni 1933 – der Bau des Konzentrationslagers Börgermoor beginnt, des ersten der später so genannten ‘Emslandlager’. Das Ziel zunächst: “1.000 in Schutzhaft befindliche Marxisten aus dem Ruhrgebiet” zu internieren.
Die Gefangenen des Lagers werden als billige Arbeitskräfte bei der Kultivierung des Moores benutzt.

Börgermoor und das Lied der Moorsoldaten

27. August 1933 – das ‘Lied der Moorsoldaten’ wird erstmals aufgeführt. Es stammt von Johann Esser und Wolfgang Langhoff (Text) sowie als  Komponist Rudi Goguel, alle drei als Kommunisten teil der politischen Gefangenen im Lager. Alle drei überlebten die NS-Zeit.

Ein Chor aus 40 Gefangenen des KZ Börgermoor singen es an diesem Tag zur ‘Aufmunterung’ beim Lager-eigenen Theaterabend ‘Zirkus Konzentrazani’. Bereits zwei Tage später wird das Lied vom Lagerkommandanten verboten.

Das ‚Lied der Moorsoldaten‚ erreicht enorme Popularität – und gilt bald als die ‚Hymne des NS Widerstands‚.

Selbst die gegen Diktator Franco kämpfenden Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg singen es.

In von NS-Truppen besetzten und geteilten Frankreich wird es als Chant des Marais Lied der Resistance.

Lager Börgermoor – genutzt bis in die 1960er Jahre

April 1934 – das KZ Börgermoor wird aufgelöst und an die preußische Justizverwaltung übergeben. Es wird bis Kriegsende als Strafgefangenenlager weitergeführt. Ab 1942 waren hier überwiegend von Wehrmachtgerichten verurteilte Soldaten inhaftiert, 1944 mehrere Hundert ‘Nacht-und-Nebel-Gefangene’.

Am 10. April 1945 wurden die Gefangenen zu einem Todesmarsch nach Aschendorfermoor gezwungen.

Nach 1945 wird das Lager Börgermoor als Flüchtlingslager genutzt, später als Justizvollzugsanstalt (Strafanstalten Emsland, Abteilung Börgermoor).

In den 1960er Jahren werden die Lagerbaracken abgerissen.

Leiter des Lagers Börgermoor war von April 1938 bis Februar 1941 der von den Gefangenen wegens eines Sadismus gefürchtete Wilhelm Rohde (1890 – ?). Er wurde am 21. Februar 1950 vom Landgericht Berlin zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 31.Oktober 1959 wurde das Urteil aufgehoben und Rohde ‚wegen Mangels an Beweisen‘ freigesprochen. Er erhielt weiterhin seine Beamtenpension.

Börgermoor – kaum Gedenken an die ‘Moorsoldaten’

ehem. Konzentrationslager Börgermoor, Zustand 2008
ehem. Konzentrationslager Börgermoor, Zustand 2008

Bei einem Besuch 2008 erinnert an dieses KZ, an eines der ersten KZ in Deutschland überhaupt (u.a. neben Neusustrum und Esterwegen), an den Entstehungsort der ‘Moorsoldaten’ fast nichts.

An der Bundesstraße 401 findet sich ein kleines Hinweisschild ‘Ehemaliges Lager Börgermoor’ – welches sich kurz nach Überqueren des Küstenkanals linkerhand befand.

Das ehemalige Lagergelände wurde lange von einer Gärtnerei genutzt. An das Lager erinnern – leicht übersehbar – eine kleine Texttafel und ein Findling mit einigen Textzeilen aus den ‘Moorsoldaten’. Sonst nichts.

Moorsoldaten - Gedenkstein vor dem ehem. KZ Börgermoor
Moorsoldaten – Gedenkstein vor dem ehem. KZ Börgermoor

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Der Zustand des Ortes, an dem sich eines der ersten KZ in Deutschland befand, ist mehr als peinlich. Und er ist (ähnlich wie der Zustand am ehemaligen KZ Neusustrum) deutlicher Ausdruck davon, wie es um die Gedenk-Kultur an dieses Kapitel deutscher Geschichte in der Region bestellt ist.

Besonders befremdlich ist es, wenn auf der Erinnerungstafel noch heute zu lesen ist „Im Strafgefangenenlager waren bis Kriegsbeginn vorwiegend – auch nach heutigen Maßstäben – als ‘Verbrecher’ Einzustufende inhaftiert” … ob die ‘Marxisten aus dem Ruhrgebiet’, oder die dort inhaftierten Homosexuellen dies auch so gesehen haben? Auch der Folgesatz „Daneben gab es weiterhin politische Gefangene und durch neue Verordnungen Kriminalisierte” ist da wenig tröstlich …

Von Ulrich Würdemann

einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
Mehr unter 2mecs -> Ulli -> Biographisches

17 Antworten auf „Börgermoor – kaum Gedenken an die ‘Moorsoldaten’“

Danke für den Hinweis.

haben Sie weiterführende Quellen? Ich kenne nur den Findling und die Tafel (siehe Fotos oben) – Angaben zu einem ’nachts beleuchteten Mahnmal‘ finde ich leider im Internet nicht, auch nicht beim DIZ

[…] Lübecker Bucht, 3. Mai 1945. Bei einem britischen Luftangriff (mit dem Absetzbewegunge deutscher Soldaten verhindert werden sollten), gerieten zwei der drei Schiffe in Brand – die Thielbek und die Cap Arkona. 6.400 der 4 7.000 Häftlinge kommen ums Leben, nur wenige überleben (unter ihnen Rudi Goguel, im KZ Börgermoor Komponist des Lieds der Moorsoldaten).. […]

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