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Kulturelles

Berger Kino Frankfurt – 2024 queeres feministisches Projekt

Das Berger Kino in Frankfurt Bornheim, 2020 nach Insolvenz geschlossen, ist seit 9. März 2024 wieder geöffnet – als queeres und feministisches Kino. Derzeit (Anfang April 2024) wird die Besetzer:innen – Gruppe weiterhin geduldet.

Berger Kino Frankfurt März 2024
Berger Kino Frankfurt, 2024 queeres feministisches Projekt

Jahrelang stand es leer, am Samstag 9. März besetzten dann Aktivist:innen das Berger Kino in Frankfurt Bornheim (Berger Str. 175) und eröffneten es wieder – als queers und feministisches Kino für den Stadtteil. Das Kino soll als selbstverwaltetes Projekt ein ‚Gegenentwurf zum Kommerz-Kino‘ unter Einbindung der Nachbarschaft sein, so die Besetzer:innen.

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Hamburg Kulturelles

der Vorhang im Holi Kino Hamburg

Es ist eines der schönsten Kinos in Hamburg, das Holi Kino in Hamburg Hoheluft. Eine der Besonderheiten: der denkmalgeschützte paillettenbestickte Vorhang:

Vorhang im Holi Kino Hamburg
Vorhang im Holi Kino Hamburg

Der Vorhang in Saal 1 stammt von Friedrich Schwiek – eine Handmalerei, mit Pailletten für Lichteffekte besetzt.

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Kulturelles Oldenburg

Lindenhofsgarten Oldenburg Nadorst (1900 – 2023)

Tanzdiele, Lazarett, Kino, Billardhalle. Der Lindenhofsgarten Oldenburg Nadorst hat eine bewegte über hundertjährige Geschichte. Und musste 2023 ebenso wie die bereits abgerissene Jahnhalle einem Neubau weichen.

Geschichte des Lindenhofsgarten Oldenburg

An der Nadorster Straße in Oldenburg (früher Friesische Heerstraße) eröffnete um 1900 der Lindenhof. Schon bald wurde er eines der beliebtesten Ausflugsziele der Oldenburger.

der Lindenhof (später Lindenhofsgarten) auf einer Postkarte aus dem Jahr 1903
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Kulturelles Oldenburg

Wallkino Oldenburg (1914 – 2007)

Das Wallkino Oldenburg war einst das älteste Kino Norddeutschlands. Seit seiner Schließung 2007 steht das unter Denkmalschutz stehende Gebäude leer. Die Stadt prüfte die Möglichkeit einer Enteignung.

Wallkino Oldenburg
das ehemalige Wallkino in Oldenburg im Dezember 2020

Geschichte des Wallkinos in Oldenburg

Am 4. September 1914 wurde das Wallkino Oldenburg unter dem Namen ‚Wall Lichtspiele‚ am Heiligengeistwall als Kino für 750 Zuschauer (auf Holzklappstühlen) eröffnet (mit einer Wohltätigkeitsveranstaltung der Kriegshilfe). Architekt war vermutlich Heinrich Früstück, erste Betreiber Keidel & Bartholomäus). Es war zu dieser Zeit das modernste Kino Norddeutschlands, einem Theater nachempfunden und ausgestattet mit 2 Foyers, Balkons und Logen.

Wie uns mitgeteilt wurde, wollen sie kein Kino im landläufigen Sinne schaffen, vielmehr deuten sie an, ein modernes Lichtspielhaus für Frohsinn, Kunst und Wissenschaft“ [schaffen zu wollen].

Nachrichten für Stadt und Land, 24. November 1913

1918 übernimmt Ella Mertens-Rösser den Betrieb und wird neue Eigentümerin. 1922 hält hier anläßlich der ‚Oldenburger Woche ‚ (OWO) der Hamburger Kunsthistoriker Wilhelm Niemeyer einen Vortrag über die Maler der ‚Brücke‘ in Dangast. Ob auch die expressionistische Malerin Emma Ritter, ebenfalls in Dangast und mit Schmidt-Rottluff befreundet, Erwähnung findet, ist unklar.

Schon Ende der 1920er Jahre wird der Tonfilm eingeführt. Bereits 1928 zeigt sie León Poiriers Antikriegsfilm „Verdun – Das Heldentum zweier Völker“ (Verdun – Visions d’histoire, Frankreich 1928, u.a. über Philippe Pétain). Das Wallkino ist ein Ort der Moderne in Oldenburg.

1932 wird das Wallkino zum ersten Mal renoviert. 1945, das Kino hat den Krieg nahezu unbeschadet überstanden, wird es kurzzeitig als Truppenkino genutzt. Ab 1948 nimmt es wieder den regulären Kino-Betrieb auf. Geschäftsführer wird Hans Westerhaus (den die Erbengemeinschaft nach dem Tod (1957?) von Ella Mertens-Rösser weiter beschäftigt).

1956 kommt die Konkurrenz des Fernsehens – 1956 beginnt der nahe gelegene Sender Steinkimmen mit der Ausstrahlung des Ersten Deutschen Fernsehens. 1957 folgt die Umrüstung des Wallkinos auf Cinemascope.

1969 – nach einer Blütezeit des Wallkinos – veräußert die Betreiber- Familie Mertens-Rösser (seit 1918) das Kino an den Kino-Unternehmer Theo Marseille aus Bremerhaven (der in Bremerhaven von 1957 bis 1983 u.a. auch das seit 2007 nicht mehr existierende Atlantis Kino betrieb). Er benennt die Wall Lichtspiele um in Wall-Kino.

In den 1970er Jahren wird das Wallkino grundlegend umgebaut. Eine Aluminium-Verkleidung verdeckt nun die Fassade. Durch Einziehen einer Zwischendecke entstehen nun zwei Kinosäle ( ‚Kino-Center‘, Wall 410 Plätze und Cinema 334 Plätze). Am 24. Juli 1970 folgt die Neu-Eröffnung – mit dem Film „Wir hau’n die Pauker in die Pfanne“. Im Nachbargebäude folgen 1975 zwei ‚Schachtelkinos‚ mit je knapp 90 Plätzen, ‚Studio 1‘ und ‚Studio 2‘ (später Wall 2 und Cinema 2).

1977 wird das Gebäude nicht in das Denkmalregister eingetragen (aufgrund der Aluminium- Fassaden – ‚Renovierung‘?). Ein Jahr zuvor 1976 wird Horst Urhahn neuer Pächter mit seinem Unternehem ‚Atelier Filmtheater GmbH‘.

1995 wird Detlef Roßmann (1987 bis 2009 1. Vorsitzender des Verbandes der unabhängigen Filmkunstkinobetreiber in Deutschland, seit 2007 Präsident des internationalen Filmkunsttheaterverbandes CICAE; bis 31.1.2020 Geschäftsführer des 1981 gegründeten Programm-Kino -> Casablanca Kino) neuer Pächter. Er renoviert im Herbst 1997 in Zusammenarbeit mit der Witwe von Theo Marseille , Ilse (bes. Restaurierung Fassade mit Entfernung der Aluminium-Verkleidung) das Gebäude vorsichtig (und als Gegenmodel zu Multiplex-Kinos). Er führt Digitalton und eine neue Bestuhlung (Wall 300 Plätze, Cinema 250 Plätze) ein.

Roßmann führt das Wallkino zu neuen Erfolgen. Die beiden Schachtelkinos der 1970er Jahre stellt er im April 1999 ein. Das Internationale Filmfest Oldenburg findet hier statt.

2006 kündigt Ulrich Marseille, der das Kino von seiner Adoptivmutter übnerahm [genauer: von ihrer Erbengemeinschaft], ihm den Pachtvertrag (nur wenige Tage nach der Grundbucheintragung des Eigentums-Wechsels). Verhandlungen über die Kündigung seien ausgeschlossen.

Ulrich Marseille, 1984 Gründer des Klinik- und Altenheim-Imperiums MK-Kliniken (das er 2017 & 2019 verkaufte), war 2002 Spitzenkandidat der rechtspopulistischen sogenannten ‚Schill-Partei‚ in Sachsen-Anhalt (21.4.2002), der er 2001 beigetreten und deren größer Darlehensgeber er war. 2003 trat er aus der Partei aus.
Marseille bsitzt mehrere Immobilien unter Denkmalschutz, so z.B. auch das ‚Hotel Lunik‘ in Eisenhüttenstadt (2006 aus Zwangsversteigerung erworben).

Zum 30. April 2007 (Datum der Kündigung nach nahezu 93 Jahren ununterbrochenem Kino- Betrieb) wurde das Wallkino Oldenburg geschlossen. Letzter gezeigter Film: ‚Cinema Paradiso‚.
Bis dahin war es das älteste noch im Betrieb befindliche Kino Norddeutschlands.

Wie es danach im ehemaligen Wallkino aussieht, zeigt dieses Video aus dem Jahr 2015:

seit 2007: ehemaliges Wallkino unter Denkmalschutz

Im Jahr 2007 wird (am 21. März 2007, Bekanntwerden) das Gebäude – innen wie außen – als Einzelbaudenkmal in das Verzeichnis der Kulturdenkmale eingetragen.

Unter Schutz stehen (so das Niedesächsische Amt für Denkmalpflege) Fassadenschmuck, Raumstruktur und „Teile der wandfesten Innenausstattung“. Diese ließen „nach wie vor erkennen, wie ein Kino in der Entstehungszeit des Gebäudes gestaltet worden war“.

Zuständig sind die Oldenburger Landschaft als Verwalterin des Erbes des ehemaligen Landes Oldenburg sowie die Stadt Oldenburg als Untere Denkmalschutzbehörde.

Aufgrund des Denkmalschutzes muss „eine anderweitige Nutzung zumindest einen Bezug zum Thema Kino / Theater haben“, so die Stadt Oldenburg /taz 13.-19.5.2023).

Seit 2007 – Leerstand im Wallkino Oldenburg

2006 erbt Ulrich Marseille das Wallkino Oldenburg von seiner Adoptivmutter Ilse Marseille.

Seit der Schließung 2007 steht das ehemalige Wallkino Oldenburg leer.

2001 beantragt Ulrich Marseille, das Gebäude abzureißen bis auf die straßenseitige Fassade, die stehenbleiben solle. Die Stadt Oldenburg lehnt den Antrag ab.

Das Staatstheater Oldenburg hätte das Wallkino gerne für die Zeit seiner umfassenden Sanierung 2010 als Ausweich-Spielstätte genutzt, doch Gespräche hierzu scheiterten.

2011 kommt es zu einer kurzen Scheinbesetzung des ehemaligen Wallkinos (’squat a cinema‘ [Seite seit September 2022 nicht mehr online]). Aktivist:innen bringen am 16. April 2011 an der Fassade ein Transparent gegen Immobilien-Spekulation an.

2015 lässt Marseille erneut wissen, er sehe keine Zukunft mehr für das Wallkino.

2019 kommt es zu einer Debatte über eine Enteignung des Wallkino Besitzers Ulrich Marseille. Ulf Prange, MdL und Chef der SPD-Ratsfraktion, hat dies gefordert. „Sein Umgang mit der Immobilie ist unverantwortlich„, erklärt er gegenüber der Presse. Bereits 2010 hatten die Grünen ähnliches gefordert. 2020 greifen Politiker der Linken den Vorschlag nach geplatzten Gesprächen über die Zukunft des Gebäudes wieder aus.

‚kill the plastic smile‘ – altes Veranstaltungs-Plakat am ehemaligen Wallkino Oldenburg (2020)

Noch 2020 bezweifelt Ulrich Marseille, dass das unter Denkmalschutz stehende Kino erhaltenswert sei. Hintergrund: das Souterrain stand teilweise unter Wasser, die Stadt Oldenburg (Denkmalschutzbehörde) hat am 12. April 2019 in Sofortvollzug Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Schäden angeordnet (Dachabdeckung).

Am 7. Februar 2020 lehnt das Verwaltungsgericht Oldenburg eine Klage Marseiles dagegen ab (Az. 4 B 3642/19; Pressemitteilung). Es bestehe beim ehemaligen Wall-Kino ein Denkmalwert von öffentlichem Interesse. Der Eigentümer sei zu Instandsetzungs- und Erhaltungsmaßnahmen verpflichtet.

Am 18. Februar 2021 führte eine Fachfirma Instandsetzungsarbeiten am Dach des Wallkinos durch.

Die Stadt Oldenburg hatte im Rahmen einer Ersatzvornahme die Arbeiten auf Kosten des Eigentümers beauftragt. Bei den Arbeiten wurden weitere Schäden auch an der Fassade festgestellt, die kurzfristig zu beheben sind.

Gespräche zwischen Stadt Oldenburg (OB Krogmann) und Besitzer Marseille fanden 2015 (in Hamburg) statt. Einer gegeneinladung nach Oldenburg (Januar 2022) entsprach Marseille nicht (stattdessen Videoschaltung). Marseilles Mitteilung, er erwarte ein Votum der Stadt Oldenburg zum Abriss des Gebäudes unter Fassaden-Beibehaltung nicht mehr entgegen zu stehen, erwiderte die Stadt, dass einen pauschale Abrissgenehmigung [!] nicht infrage käme.

Anfang Februar 2022 wird bekannt, dass die Stadt Oldenburg die Möglichkeit einer Enteignung prüft. Die Hürden dafür sind hoch. Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann betont angesichts dessen „Wir brauchen eine Handhabe gegenüber Eigentümern von sogenannten Schrottimmobilien – nicht nur in Oldenburg, sondern niedersachsenweit„.

Wallkino- Besitzer Marseille hingegen hält das Prüfen eines Enteigungsverfahrens für „blanken Aktionismus„.

Ein externes Rechtsgutachten kommt laut Stadt zu dem Schluss, dass eine Enteignung kaum Chancen hätte. Stand Sommer 2023 lägen die rechtlichen Voraussetzzungen für eine Enteignung nach dem Denkmalschutz-Gesetz noch nicht vor.

„Ich bedauere das Ergebnis. Es kommt aber nicht unerwartet. Wir werden weiterhin alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfen, um den Erhalt des denkmalgeschützten Wallkinos sicherzustellen.“

Jürgen Krogmann, Oberbürgermeister von Oldenburg
das Wallkino eingerüstet – April 2022

Im Mai 2022 finden sich Protest- Transparente am Gerüst, die nochmals die Leerstnads-Problematik thematisieren – „Wallkino enteignen! Freirtäume schaffen“ und „sonst besetzen wir !!!“

"Wallkino enteignen ! Freiräume schaffen" - Transparente am ehemaligen Wallkino Oldenburg, Mai 2022 (Foto: privat)
„Wallkino enteignen ! Freiräume schaffen“ – Transparente am ehemaligen Wallkino Oldenburg, Mai 2022 (Foto: privat)
das ehemalige Wallkino Oldenburg im Januar 2023 – Gerüst nach Behebung von Fassaden- Schäden und Streichen der Fassade entfernt
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Deutschland Erinnerungen

Erinnerungen an Bremerhaven 1979 – 1982

Vom Sommer 1979 bis Sommer 1982 lebte ich in Bremerhaven (nachdem ich kurz vorher noch eine Reise nach London machte, als erste Reise alleine, im Marquee Club erstmals Clash hörte – London calling).

Ulli 1977, in der Nähe von Bad Segeberg
Ulli 1977, in der Nähe von Bad Segeberg

Bremerhaven feierte damals gerade das 150jährige Bestehen, wovon noch 2019 ein Wandbild im Hauptbahnhof kündet:

1977: 150 Jahre Bremerhaven
1977: 150 Jahre Bremerhaven (Foto: 2019)

Die Stadt hatte damals noch nicht eine so beeindruckende Skyline wie 2019:

Bremerhaven Skyline 2019
Bremerhaven Skyline 2019

Grund für den Umzug nach Bremerhaven: ich studierte an der dortigen Hochschule. Erinnerungen an Bremerhaven 1979 bis 1982 – an die Hochschule, an schwule und andere Kneipen, an Lieblingsorte und mein beginnendes politisches und schwulenpolitisches Engagement.

Ulli in Bremerhaven im April 1981 (Foto: U-K. Bäcker)

Die ‚Hochschule Bremerhaven‚ hatte damals ihren Hauptsitz im Gebäude der ehemaligen Seefahrtschule Bremerhaven (Bussestrasse, am Anleger der Blexen-Fähre):

Hochschule ex Seefahrtschule Bremerhaven

Die ‚Seefahrtschule Geestemünde‚ ging 1916 aus der 1879 gegründeten Navigationsschule hervor. Das heutige Gebäude wurde 1952 errichtet als Ersatz für das 1944 ausgebrannte Bauwerk. Ab 1953 begann die Kapitäns-Ausbildung, die 1960 in den Neubau an der Columbusstrasse verlegt wurde. Ab 1968 kurzzeitig Seefahrtsakademie, wurde die frühere Seefahrtsschule 1970 umbenannt in Hochschule für Nautik Bremen mit Institut Bremerhaven. Im Sommer 1973 beendeten die ersten Diplom-Nautiker ihre Ausbildung.

die ehemalige Seefahrtsschule Bremerhaven, früher Hauoptsitz der Hochschule Bremerhaven (heute AWI)

Mit der Ausflaggung einer zunehmenden Zahl von Schiffen in Billigflaggen-Staaten sank ab Mitte der 1970er Jahre die Zahl der Studienbewerber als Nautiker. Dem drohenden Abwärtstrend und der diskutierten kompletten Verlegung der Ausbildung nach Bremen entzog sich die Schule durch Entwicklung zweier neuer Studiengänge, Betriebs- und Versorgungstechnik sowie Transportwesen.

Am 1. September 1975 wurde die Hochschule Bremerhaven gegründet. Nautiker wurden noch bis 1984 ausgebildet. Im Sommer 1976 nahm der neu eingerichtete Studiengang Transportwesen seinen Betrieb auf.

Ulli 2019 auf der Blexen – Fähre, im Hintergrund das ffrühere Hauptgebäude der Hochschule Bremerhaven

Ein Jahr später, im Sommer 1977 begann ich hier das Studium, das ich im Sommer 1982 beendete.

Der Neubau auf dem Gelände der früheren Karlsburg-Brauerei (Grundsteinlegung 1983, Architekt Gottfried Böhm, Köln) wurde 1985 fertiggestellt und 1989 sowie 2005 erweitert. Derzeit hat sie etwa 3.000 Studierende.

Neben der Blexen-Fähre legten damals die ‚Butterfahrten‘ ab – manche anstrengende oder nervende Vorlesung schwänzten wir, indem wir eine kurze einstündige Tour mit dem Butterschiff in die Wesermündung machten, zollfrei Alkohol und Tabak kaufen …

Etwas südlich von Bremerhaven lebte mein ‚Lieblings-Prof‘, bei dem ich auch meinen Abschluss machte. Vom direkt vor seinem Haus liegenden Deich blickte man – direkt auf das gegenüber liegende ‚Kernkraftwerk Unterweser‘ aka AKW Esenshamm. und das AKW Stade war auch nicht weit.

Wohnungen

Ulli Januar 1982
Ulli Januar 1982

Nach einem ersten selbst gemieteten Zimmer in Delmenhorst kurz nach meinem 18. Geburtstag war Bremerhaven ein großer Schritt in ein Leben auf eigenen Füßen. Er begann mit einem Zimmer in der Grazer Straße – über einer Großraum-Disco …

ex Tivoli Bremerhaven

In diesem Gebäudekomplex Tivoli an der Grazer Straße befand sich seit 1927 ein Groß-Kino, das mit zeitweise 1.261 Plätzen größte Kino von Bremerhaven: das Tivoli. Nach Ausbombung am 18.9.1944 wurde es am 16. April 1949 neu eröffnet. Im Saal gastierten u.a. Heinz Erhard (1954), Caterina Valente (1955) sowie Zarah Leander, Marika Rökk, Evelyn Künnecke, Peter Frankenfeld und Charlie Rivel. Am 2. April 1964 wurde das Tivoli geschlossen.

Im Saal des Tivoli befand sich später die Großraum-Discothek Christopher of Bremen (danach auch: Mayflower / ab 1985 bis 5.4.1995 Enterprise), die Platz für über 2.000 Gäste bot.

Tivoli Bremerhaven
Tivoli – Komplex Bremerhaven Grazer Strasse 2019, früher Kino später Großraum-Discothek

Seit 2018 arbeitet Beate Kühnau, die Betreiberin der bereits seit 1982 bestehenden Bar Blattlaus und nach Versteigerung mit Paul Steffens (ehem. ‚Disco-König‘ von Bremerhaven) neue Besitzerin des Gebäudes, an einem Konzept zur Reaktivierung des Tivoli, seit 2022 unterstützt von einem gemeinnützigen Verein.

In diesem Komplex hatte ich mein erstes Zimmer in Bremerhaven – ganz oben (siehe Foto). Es war laut, an Wochenenden extrem laut. Die Musik der Discothek Christopher of Bremen war nicht zu überhören.

Ich wohnte nicht lange hier, zog bald mit einem Komilitonen in eine WG, später dann in meine erste eigene Wohnung – praktischerweisde nicht weit entfernt von meinem ‚zweiten Wohnzimmer‘, dem Wally.

Erdgeschoß unten rechts – hier war mein erstes WG-Zimmer in Bremerhaven …

Ausgehen in Bremerhaven

Wally / Alte Bürger

siehe getrennter Text Wally Bremerhaven (1976 – 1989)

Gabys ‚Vakuum’…

Hier im Vakuum verbrachten wir viele ungezählte Nächte, Liebslingsbeschäftigung nachdem Gabi die Bar offiziell geschlossen hatte: Cocktails erfinden – einer hinter der Theke mixte was ihm gerade einfiel, alle mussten trinken … Die Folgen waren umwerfend …

das ehemalige Vakuum, ca. 1982 (Foto: privat)

Atlantis Kino, Hafenstraße 144

Das Atlantis Kino in der Hafenstrasse in Bremerhaven verbinde ich ganz besonders mit einem Film – der Rocky Horror Picture Show. Diesen Film sah ich hier unzählige Male, und nicht nur als ‚braver Kinobesucher‘, sondern mit Bier, Reis werfend und mit singend … Diese Vorführungen waren Feste …

Das Atlantis Kino wurde am 18. April 1954 in der Hafenstraße 144 (erste Etage im damaligen Hotel Norddeutscher Hof) eröffnet. Das Kino für maximal 250 Gäste galt damals als ein Kino „im Stil eines kleinen Studios“.

1957 bis 1983 wurde das Atlatins Kino vom Bremerhavener Kino-Unternehmer Theo Marseille betrieben (der u.a. Ende der 1960er Jahre auch das Wall-Kino in Oldenburg übernahm).

Das Atlantis Kino wurde 2002 geschlossen. Nach der Schließung des Aladin Kinos war es bis zur endgültigen Schließung im April 2007 noch einmal in Betrieb.

Das Gebäude wurde 2012 abgerisen, hier befindet sich 2019 ein Parkplatz.

schwule Kneipen in Bremerhaven – Karls ‚Minerva‘

Meine ersten Schritte in schwule Welten war ich schon in Oldenburg gegangen. In Oldenburg besuchte ich 1978 auch zum ersten Mal eine Schwulenbar. In Bremerhaven war die Auswahl nicht größer als in Oldenburg, und – nicht eben erfreulich für einen jungen Mann …

Karls Minerva war etwas besonderes. Eine einfache Eck-Kneipe mit langgezogenem Tresen, dahinter ein zweiter Gastraum mit Billard. Und Karls Minerva lag, wie das Gildestübchen, bei meinen ersten beiden Wohnungen in Bremerhaven gleich um die Ecke …

Karl, der Wirt, war damals wohl in seinen 50ern. Und ein echter Grantler. Karl konnte unbequem sein, laut, und wen er nicht mochte, dem zeigte er dies deutlich. Aber Karl war gleichzeitig auch ‚eine Sele von Mensch‘

Dieses Weihnachten 1980 habe ich in bleibender Erinnerung. An dem Abend, an dem das Foto mit mir im Minerva entstand, überzeugte mich Karl. Nein, er faltete mich regelrecht zusammen. Ich solle mich mal zusammenreissen, Weihnachten nicht alleine in ’ner Kneipe rumhängen sondern – zu meinen Eltern fahren und ihnen endlich sagen das ich schwul bin. Am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg … Karl sei dank … 😉

schwule Kneipen in Bremerhaven – Gildestübchen

Eigentlich war es … mir anfangs echt unangenehm, das Gildestübchen. Ältere Herren saßen am Tresen, tranken Bier ohne ein Wort zu sagen. Dazu Musik aus der Jukebox. Betrat ein junger Mann das Lokal, setzte sich ebenfalls an die Theke, hatte er bald ein oder zwei oder drei Bier vor sich stehen, offeriert von freundlich erwartungsvoll dreinschauenden Herren. Und noch vor dem ersten Schluck mindestens eine Hand auf dem Obverschenkel oder ..

Auch wenn ich oft im Gildestübchen war (nun ja, es gab eben in Bremerhaven nicht viel Alternativen neben Minerva und Black 8) – genau Situationen wie diese waren für mich einer der Gründe, 1981 eine Gruppe mit zu gründen (die SAB Schwule Aktion Bremerhaven, für die ich auch mein erstes Flugblatt schrieb), in der sich Schwule anders begegnen, und aktiv werden könnten

Und außerdem gab es in Bremerhaven gottseidank gut besuchte Klappen

Straßenbahn Bremerhaven

In meinen Bremerhavener Jahren gab es sie noch, die Straßenbahn von Bremerhaven. 1982 stellte sie ihren Dienst ein.

Bereits 1881 bekam Bremerhaven eine Pferdebahn – elektrifiziert ab 1908 als Straßenbahn. Im Jahr 1949 fuhtren 6 Straßenbahn-Linien in Bremerhaven. Nach 101 Jahren war dann am 30. Juli 1982 endgültig Schluß – die letzte Straßenbahn-Linie wurde auf Busbetrieb umgestellt. Über eine Wiedereinführung der Straßenbahn Bremerhaven wurde merhfach diskutiert – bisher ohne positives Ergebnis.

Reste der ehemaligen Straßenbahn von Bremerhaven sind heute noch zu entdecken – bei einer Zugfahrt von Bremerhaven nach Bremervörde. Dort stehen im Bahnhof von Heinschenwalde (Hipstedt) drei Wagen der ehemaligen Straßenbahn Bremerhaven:

drei Wagen der früheren Straßenbahn Bremerhaven 2019 im Bahnhof Heinschenwalde

Die Wagen werden hier seit 2010 übergangsweise bis zu einer Sanierung aufbewahrt durch den Verein Bewahrung der historischen Werte Bremerhavens e. V..

von Bremerhaven nach Hamburg

Schon bald entdeckte ich, Bremerhaven hatte gerade in schwuler Hinsicht halt sehr wenig zu bieten, Hamburg für mich. Ausgehen, tanzen, Freunde treffen … und (nicht nur) Übernachten in der (längst legendären) schwulen Sauna Club Uhlenhorst. Oft fuhr ich mit meinem froschgrünen Fiat …

Ulli auf dem Land nahe Bremerhaven 1981
Ulli mit seinem froschgrünen Fiat 127, auf dem Land in der Nähe von Bremerhaven

Meist aber nahm ich den Zug. Bis Anfang der 1990er Jahre gab es zunächst eine Verbindung von Bremerhaven über Bremervörde nach Stade, von dort weiter nach Hamburg, bedient mit Schienenbus.

Schienenbus „wie damals“, 2019 EVB Bahnhof Bremervörde

Bald aber gab es zu akzeptablen Zeiten ab Bremervörde nur noch den Bahnbus, und am 25.9.1993 wurde der Personenverkehr Bremervörde – Stade endgültig eingestellt. Seitdem besteht eine Verbindung der EVB (die die Strecken übernommen hat) über Buxtehude.

Seit 2018 fahren auf der Strecke (weltweit erstmalig) moderne Wasserstoff- Personenzüge mit Brennstoffzellen- Antrieb.

Thieles Garten

… gab’s damals noch nicht. Jedenfalls nicht zugänglich als öffentlichen Park. Inzwischen aber schon – und: sehr sehenswert!

Thieles Garten in Bremerhaven / Ringer vor dem maurischen Haus
Thieles Garten / Jüngling neben dem maurischen Haus
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Erinnerungen Frankreich

Maurice Gridaine und Mougins

Der französische Architekt Maurice Gridaine wurde bekannt für seine Kino-Architektur – und als Schöpfer des ‚alten‘ Palais des Festivals in Cannes, des Palais Croisette. Privat lebte er im beeindruckenden Manoir de l’Etang in Mougins.

Maurice Gridaine

Der französische Architekt Maurice Gridaine (geboren 1878 in Paris; Schüler von Constant Moyaux), Sohn des Architekten G. Gridaine (der im Stil Haussmanns baute), wurde insbesondere für seine oft im Art Deco gestalteten Kino-Bauten bekannt.

Gridaine war unter anderem Architekt der (inzwischen geschlossenen) Kinos Scala (Umbau zum Kino im Stil des Art Deco 1936; Paris; 1999 geschlossen), Cinema Paris (22, avenue des Champs Elysées, erbaut 1936, 1985 abgerissen) und des Variétié (Brüssel 1937, gemeinsam mit Victor Bourgois; ab 1961 Cinérama, 1983 geschlossen) sowie des Kinos Le Berlitz (Paris, 1932, später Ciné-Michodière, heute Gaumont Opéra Premier). Gridaine konzipierte 1933 die Umgesaltung des 1981 geschlossene Kinos ‚Ornano 43‘ in Paris (18. Arr. Paris, später Supermarkt; Fotos hier).

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Kulturelles

Filmstudio Bendestorf 1947 bis 2012 – ‚Sünderin‘ – Atelier abgerissen

„Die Sünderin‘ wurde hier gedreht, sowie zahlreiche deutsche ‚Heimatfilme‘. Doch kaum jemand kennt das Filmstudio Bendestorf. 2018 wurde das Haupt-Atelier im Filmstudio Bendestorf abgerissen.

Bendestorf – die Gemeinde in Niedersachsen südlich von Hamburg ist nur wenig bekannt. Doch ab 1947 wurden hier annähernd 100 Spielfilme gedreht. Der Spitzname ‚Heide-Hollywood‚ für Bendestorf speist sich aus diesem Teil der Dorfgeschichte. Kaum einer der hier gedrehten Spielfilme erreichte große Bekanntheit – und doch, zahlreiche Stars wie Marika Rökk, Ruth Leuwerik, Hildegard Knef oder Zarah Leander, Hardy Krüger oder Hans Albers drehten hier. Selbst John Lennon war in den Filmstudios Bendestorf (in der Halle A3) – zu Probeaufnahmen für „Wie ich den Krieg gewann“ (Richard Lester 1967; teilweise in Bendestorf gedreht).