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1792: Rouget de Lisle komponiert die Marseillaise

Zuletzt aktualisiert am 12. Januar 2022 von Ulrich Würdemann

In der Nacht vom 25. auf den 26. April 1792 komponierte der Amateur-Komponist Joseph Rouget de Lisle die Marseillaise, damals als ‚Kriegslied der Rheinarmee‘, längst die französische Nationalhymne.

Francois Rude: la génie de la patire, oder la marseillaise, 1834

Sie ist längst weltweitbekannt, und in Frankreich als Nationalhymne eines der Symbole der Republik (neben dem Trinom Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit, dem Nationalfeiertag 14. Juli, sowie der Nationalfigur Marianne und der Trikolore bleu – blanc – rouge).

Rouget de Lisle, Komponist der Marseillaise, trägt das Lied erstmals vor (französisches Gemälde, 19. Jahrhundert) (wikimedia / public domain)
Rouget de Lisle, Komponist der Marseillaise, trägt das Lied erstmals vor (französisches Gemälde, 19. Jahrhundert) (wikimedia / public domain)

Die Zeit des Entstehens der Marseillaise

Der französische König Ludwig XVI. suchte nach seinem im Juni 1791 gescheiterten Fluchtversuch den Schutz ausländischer Mächte. Die österreichisch-preußische Pillnitzer Erklärung hob das Interesse dieser hervor, in Frankreich die Monarchie zu erhalten. Frankreich reagierte mit einem Ultimatum, das nach dem Tod Leopold II. bis April 1792 verlängert wurde.

Nachfolger Franz II. schloss mit Preußen ein Defensiv-Bündnis mit gegenseitiger Besitzstands-Garantie. Frankreich reagierte mit einem neuen Ultimatum, forderte das Ende des Bündnisses und die Entwaffnung Östereichs.

Das revolutionäre Frankreich erklärte am 20. April 1792 Franz II. König von Böhmen und Ungarn (seine Wahl zum Kaiser des Reiches folgte erst später) den Krieg. Der 1. Koalitionskrieg nahm seinen Lauf.

Das Kampflied der Rheinarmee entsteht

Joseph Rouget de Lisle, ein in Straßburg stationierter Pionierhauptmann, war am 25. April 1792 eingeladen auf einer festlichen Gesellschaft, die Bürgermeister Dietrich – ein erfolgreicher Metall-Unternehmer, aber auch Freund der Aufklärung – für die Notabeln der Stadt gab. Während des Essens wurde Rouget de Lisle aufgefordert, ein den Umständen der Zeit gerecht werdendes Lied zu schreiben.

In der folgenden Nacht komponierte er das ‚Kampflied der Rheinarmee‚ (Chant de guerre pour l’armée du Rhin). Am darauffolgenden Abend wurde es erstmals vorgetragen, nicht von Rouget de Lisle, sondern von Bürgermeister Dietrich selbst – der begeistert war.

Die Karriere des Liedes begann.

Erst fast 60 Jahre nach diesem Ereignis wurde der Moment – vermutlich sehr frei interpretiert – für den Salon 1849 erstmals in einem Gemälde festgehalten.

Isidore Pils 1849: Rouget de Lisle chantant la Marseillaise (gemeinfrei)
Isidore Pils 1849: Rouget de Lisle chantant la Marseillaise (gemeinfrei)

die Marseillaise als Nationalhymne

Angesichts ihres großen Erfolgs wird das ‚Kampflied der Rheinarmee‘, inzwischen längst ‚Lied der Marseiller‚ oder kurz Marseillaise genannt, am 14. Juli 1795 zum Nationallied erklärt. Zuvor war mit dem Marche de Henri IV bis 1790 die Königs-Hymne Frankreichs Nationalhymne.

Doch sie blieb es nicht durchgehend.

Schon unter Napoleon durfte die Marseillaise zwar gespielt werden, war nicht verboten. Zur Nationalhymne wurde jedoch zwischen 1804 und 1815 der 1794 verfasste Le Chant du Départ erklärt (das auch Valéry Giscard d’Estaing in seiner Zeit als Präsident gerne zusätzlich zur Nationalhymne spielen liess).

Während der Periode der Restauration ( 1814 bis 1830) wurde die Marseillaise verboten. Erst ab der Juli-Revolution 1830 durfte sie wieder gespielt werden. Nationalhymne jedoch war von 1830 bis 1838 La Parisienne.

1879, zur Zeit der Dritten Republik, wurde die Marseillaise dann zur offiziellen Nationalhymne erklärt.

Auch unter dem Pétain-Regime (Vichy) war die Marseillaise wenn auch nicht verboten so doch offiziell verpönt – und vom Widerstand geschätzt.

Nach der Befreiung gab das Bildungsministerium 1944 die Empfehlung heraus, die Marseillaise an den Schulen zu singen. Und in den französischen Verfassungen von 1946 (IV. Republik) wie auch 1958 (V. Republik; Verfassung Artikel 2) wurde sei erneut zur Nationalhymne erklärt.

Joseph Rouget de Lisle – Komponist der Marseillaise

Claude Joseph Rouget de Lisle wurde am 10. Mai 1760 in Lons-le-Saulnier geboren. Seinen Militärdienst leistete er von 1784 bis 1789 in verschiedenen Garnisonen, u.a. in Mont-Dauphin und in der Festung Joux. Er war Amateur- Dichter und -Komponist, hatte nie eine musikalische Ausbildung.

Claude Joseph Rouget de Lisle starb 26. Juni 1836 in Choisy-le-Roy. Am 14. Juli 1915 wurde seine Asche in den Invalidendom in Paris überführt.

Rouget de Lisle, Gips-Statue, Bartholdi Museum Colmar

die Marseillaise in der Oberpfalz

Kommandeur der Rheinarmee war seit Dezember 1791 Johann Nikolaus Graf Luckner. Das damalige ‚Kriegslied der Rgeinarmee‘ wurde insbesondere ihm gewidmet.

Geboren wurde Luckner am 12. Januar 1722 in Cham (Oberpfalz). 1790 trat er in den Dienst der französischen Nationalversammlung. Am 28. Dezember 1791 wurde er zum Marschall von Frankreich ernannt.

Am Rathaus der Stadt spielt jeden Mittag um 12:05 Uhr ein Glockenspiel das dem berühmten Sohn der Stadt gewidmete Lied – die Marseillaise.

Von Ulrich Würdemann

einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
Mehr unter 2mecs -> Ulli -> Biographisches

Eine Antwort auf „1792: Rouget de Lisle komponiert die Marseillaise“

[…] Aber mit diesen Gedanken über herrschaftliche Gnadenerweise wären wir ja schon wieder bei königlichen Zeiten. Und heute ist doch der 14. Juli, der Tag des Feierns, der Tag des Sturms auf die Bastille. Allons enfants … […]

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