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Berlin

Oppenheims Fotos – 40 Jahre Reisen im Nahen Osten

40 Jahre lang, von 1899 bis 1939 dokumentierte der Orientforscher Max von Oppenheim seine Reisen durch den Nahen Osten, auch seine Grabungen am Tell Halaf. Das Museum für Fotografie zeigt derzeit die beeindruckende Fotosammlung Max von Oppenheims.

75 Alben plus Einzelbilder, insgesamt nahezu 13.000 Photographien umfasst die Sammlung, die Max von Oppenheim im Laufe seines Lebens aufbaute. Bilder, die der Orientforscher auf seinen zahlreichen Reisen im Nahen Osten durch beauftragte Photographen aufnehmen ließ, entstanden zwischen seiner ersten Orientreise 1889 und der letzten Reise nach Syrien 1939.

Museum für Fotografie, Berlin
Museum für Fotografie – Helmut Newton Stiftung, Berlin

Die Ausstellung im ehemaligen ‚Kaisersaal‘ des früheren ‚Landwehrkasinos‘ zeigt Fotos von Architekturen, Landschaften, Menschen – und vor allem von archäologische Stätten und Funden. Darunter auch zahlreiche beeindruckende Aufnahmen des Grabungsgebietes Tell Halaf – dadurch wird die Fotoausstellung zu einer eindrucksvollen Ergänzung der Ausstellung „Gerettete Götter“ im Pergamonmuseum.

Oppenheims Fotos waren zugleich wertvolle Unterstützung bei der Rekonstruktion der Funde von Tell Halaf:  das Berliner ‚Tell Halaf Museum‘ Museum und seine Exponate wurden im Zweiten Weltkrieg durch eine Bombe völlig zerstört. Erst 2002 bis 2010 konnte ein grosser Teil der Ausstellungsstücke wieder rekonstruiert werden, aus über 27.000 Trümmerteilen – auch anhand von Oppenheims Fotos.

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‚Von Kairo zum Tell Halaf – Die Fotosammlung Max von Oppenheim‘
Museum für Fotografie, Berlin
Kaisersaal (2. OG)
18. Februar bis 15. Mai 2011

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Berlin

Die italienische Botschaft Berlin (Fotos innen)

Die italienische Botschaft Berlin – gelegen im Diplomaten- und früheren Villenviertel an der Tiergartenstraße wird ab 1938 auf Wunsch der NS-Regierung Deutschlands ein Botschaftsgebäude für Italien geplant und errichtet. Zwischen 1939 und 1942 wird der Bau errichtet, Architekt war Friedrich Hetzelt, Oberbaurat der Hochbauabteilung des Preußischen Finanzministeriums.

Hetzelt (1903 – 1986) wurde ab 1942 von Albert Speer an den Plänen zur Neugestaltung der Reichshauptstadt Berlin beteiligt. Zuvor war Hetzelt 1936 auch Architekt von Görings Landsitz ‚Carinhall‘ und 1941/42 Architekt des Umbaus des Prinz -Albrecht-Palais in Berlin zur Gestapo-Zentrale.

Die Lage der Botschaft Italiens, eines der wesentlichen Verbündeten NS-Deutschlands, orientiert sich bereits an der Speer’schen Planung für ‚Germania‘ : Ausrichtung gen Norden, in prominenter Lage zur späteren Ost – West- sowie Nord-Süd-Achse und zur geplanten ‚Halle des Volkes‘ sowie in direkter Nachbarschaft zur Botschaft Japans, ebenfalls einer ‚Achsenmacht‘.

Im Krieg wird die Botschaft Italiens in Berlin stark zerstört (bereits wenige Monate nach Fertigstellung 1942). Sie wird nur notdürftig wieder instand gesetzt. Eine offizielle Einweihung findet nicht statt.

Nach dem Krieg dient das Gebäude kurze Zeit noch als Botschaft, später nur noch als Generalkonsulat. Ungenutzte Gebäudebereiche verfallen in der Folgezeit.

Nach 1989 entscheidet sich Italien, das Gebäude wieder als italienische Botschaft Berlin zu nutzen. Nach einem Konzept des römischen Architekten Vittorio de Feo (und nach dessen Tod 2002 fortgesetzt vom Berliner Architekten Stefan Dietrich) wird das Gebäude „respektvoll und möglichst originalgetreu wieder hergerichtet“. Zugrunde liegt der Gedanke, dass der Umgang mit der eigenen Geschichte von Akzeptanz, nicht Verdrängung geprägt sein solle.

Am 26. Juni 2003 wurde die italienische Botschaft in Berlin festlich neu eröffnet, in Anwesenheit von Italiens Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi und Bundespräsident Johannes Rau.

Italienische Botschaft Berlin – Fotos innen:

italienische Botschaft Berlin Tiergarten
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italienische Botschaft Berlin innen
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italienische botschaft berlin

Italienische Botschaft in Berlin
Hiroshimastr. 1
(Haupteingang: Tiergartenstr. 22)
10785 – Berlin
Tel +49-30-254400
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Besichtigungen sind am Montagnachmittag nach Voranmeldung möglich.

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Berlin

Tell Halaf – die unmögliche Rettung gelingt

Die Ergebnisse des wohl größten Restaurierungsprojekts der letzten Jahrzehnte können derzeit in Berlin besichtigt werden: die 1943 völlig zerstörte Tell Halaf Sammlung ist aus Ruinen wieder auferstanden.

1911 bis 1913, 1927 bis 1929

Max von Oppenheim, Diplomat, Orientalist und Archäologe aus dem Haus einer Kölner Privatbankiers-Familie (2011 Ausstellung: Oppenheim Fotos – 40 Jahre Reisen im Nahen Osten), führt zusammen mit Architekten, Photographen und 200 einheimischen Arbeitern Grabungen im Bereich des Siedlungshügels Tell Halaf durch. Er findet eine ehemalige Palastanlage des aramäischen Fürsten Kapara, Sohn des Hadiani; dabei u.a. über 3.000 Jahre alten Groß-Plastiken – ein Jahrhundertfund.

Oppenheim hätte seine Funde gern im Pergamon-Museum gezeigt. Doch dieses hatte zu der Zeit (Ende der 1920er Jahre, Weltwirtschaftskrise) keine ausreichenden Mittel für die von Oppenheim geforderte ‚Aufwandentschädigung‘. So errichtete er sein eigenes ‚Tell Haalf Musuem‘ in einem ehemaligen Fabrikgebäude an der Franklinstrase in Berlin Charlottenburg, das am 15. Juli 1930 eröffnet.

23. November 1943

Bei einem Fliegerangriff auf Berlin wird das ‚Tell Halaf Museum‚ in Berlin-Charlottenburg in der Nacht vom 23. auf den 24. November 1943 von einer einzigen Bombe getroffen. Doch die Phosphorbombe setzt das ganze Gebäude in Brand. Durch Hitze (bis 950°) und Löschwasser (‚Sprengung‘ durch thermische Spannung) werden nahezu alle Objekte völlig zerstört.
Mit der Bergung der Trümmer kann erst im Januar des folgenden Jahres begonnen werden. Die Rettungsaktion umfasst 9 Trecker-Fuhren an Trümmern.

Noch nach Ende des Krieges sammeln Studenten aus den Ruinen des Gebäudes weitere Trümmerteile. Doch die Trümmer gelten als unrestaurierbar, sie geraten in Vergessenheit. Das ‚Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen‘ schreibt 1954: „Das Tell-Halaf-Museum ist als Ganzes zugrunde gegangen.

Max von Oppenheim hingegen hatte Hoffnung: nach dem Totalverlust seines Museums schrieb er 1944:

Es wäre ja großartig, wenn tatsächlich die Stücke, in welche die einzelnen Steinbilder zerborsten sind, gesammelt nach den Staatlichen Museen gebracht und später einmal wieder zusammengefügt werden könnten.

2001

Beginn der Restaurierungsarbeiten durch die Staatlichen Museen zu Berlin in Kooperation mit der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung. In einer großen Halle in Berlin-Friedrichshagen werden alle 27.000 (!) Trümmer-Teile auf Paletten ausgebreitet. Die Arbeiten an einem gigantischen dreidimensionalen Puzzle beginnen.

Das Unmögliche gelingt: nach neun Jahren ist ein Großteil der Basalt-Bruchstücke wieder zusammen gesetzt, Fehlstellen ergänzt – die über 3.000 Jahre alten Bildwerke sind großenteils gerettet, wieder auferstanden. Von den 27.000 Trümmerteilen konnten über 90% wieder zugeordnet werden. Alle Restaurierungsarbeiten wurden reversibel durchgeführt (z.B,. Verwendung von Epoxydharz-Kleber).

seit 2006

Nach 80jähriger Unterbrechung werden die Grabungsarbeiten im Gebiet von Tell Halaf fortgesetzt, von einem syrisch-deutschen Grabungs-Team unter der Leitung von Lutz Martin (Vorderasiatisches Museum Berlin), Mirko Novák (Universität Tübingen), Jörg Becker (Universität Halle) und Abd al-Masih Bagdo (Generaldirektion der Antiken und Museen Damaskus.

27. Januar 2011

Die Ausstellung „Die geretteten Götter aus dem Palast vom Tell Halaf“ wird feierlich eröffnet. Ausgewählte Exponate der Tell-Halaf-Sammlung werden gezeigt. Ab 28.1. (bis voraussichtlich 14. August) ist die Ausstellung für das Publikum zugänglich.

Tell Halaf – Fotos

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Zukunft

Der Masterplan Museumsinsel Berlin sieht vor, dass die Fassade von Tell Halaf zukünftig im nach Plänen von O.M. Ungers neu zu errichtenden vierten Flügel des Pergamon-Museums gezeigt wird:

„Nach ihrer Restaurierung werden die Steindenkmäler als Teil der rekonstruierten Palastfassade im Pergamonmuseum den Übergang von Altägypten zum späthethitisch-aramäischen Ausstellungsbereich des Vorderasiatischen Museums bilden.“

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weitere Informationen:
Staatliche Museen zu Berlin: Gerettete Götter
Vorderasiatisches Museum Berlin: Tell Halaf Projekt
Universität Tübingen: Neue Ausgrabungen auf dem Tell Halaf in Syrien
Museumsinsel Berlin: Fassade von Tell Halaf (Planung 2015 Masterplan)
Archäologie online 28.01.2011: Die geretteten Götter – temporäres Tell Halaf-Museum eröffnet
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Berlin

Eröffnung U-Bahn-Station Eisenacher Strasse 1971

Am 29. Januar 1971 wurde in Berlin die U-Bahn-Station „Eisenacher Strasse“ eröffnet.

Sie ist eigentlich keine Schönheit, sie war es wohl noch nie so recht.

Inzwischen hat sie doch an einigen Ecken und Kanten gelitten – man sieht ihr ihr Alter durchaus an.

Sie ist ein typisches Kind ihrer Zeit – der frühen Siebziger. Sattes grün und blasses gelb sind ihre Farben – eine ein wenig eigenwillige Kombination, die durch eher grelle Beleuchtung nicht eben vorteilhafter wird.

Am 29. Januar 1971 wurde sie eingeweiht – die Berliner U-Bahn-Station „Eisenacher Strasse“:

U-Bahnhof Eisenacher Strasse 2011
U-Bahnhof Eisenacher Strasse 2011

U-Bahnhof Eisenacher Strasse 2011
U-Bahnhof Eisenacher Strasse 2011

U-Bahnhof Eisenacher Strasse 2011
U-Bahnhof Eisenacher Strasse 2011

Die Berliner U-Bahn-Station Eisenacher Strasse wurde am 29. Januar 1971 eröffnet. Sie war Teil der ersten großen Nordwest-Verlängerung der Linie U7 und wurde zwischen 1968 und 1970 gebaut.

Gestaltet wurde sie von dem in Möckern geborenen Berliner Architekten Rainer G. Rümmler (1929 – 2004), Baudirektor bei der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen. Rümmler gestaltete zwischen Mitte der 1960er und Mitte der 1990er Jahre nahezu alle in Berlin neu gebauten U-Bahn-Stationen (weswegen er auch der ‚Architekt des Untergrundes‘ genannt wurde). Rümmler ist aber auch der Architekt der 1973 eröffneten und inzwischen unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Autobahn- ‚Raststätte Dreilinden‘ (Checkpoint Bravo).

Benannt ist die Station ‚Eisenacher Strasse‘ nach der die Grunewaldstrasse hier kreuzenden Eisenacher Strasse. Ob hierin ein Grund für die etwas eigenwillige Farbgebung des Bahnsteig-Geschosses zu suchen ist, ist unklar – sie steht in eigenwilligem Kontrast zum gelb-orange des Zwischen-Geschosses. Weder grün noch gelb finden sich jedenfalls im Wappen der Stadt Eisenach. Mancherorts werden die grünen Wälder Thüringens als Patron für die Farbwahl angeführt.

Der Bahnhof ‚Eisenacher Straße‘ (BVG-Betriebs-Kürzel ‚Ei‘) wird derzeit (Frühjahr 2019) barrierefrei ausgebaut. Bisher hatte er nur eien Rolltreppe zwischen Bahnsteig und Zwischengeschoß. Für Menschen mit Behinderungen oder Bewegungs-Einschränkungen war der Bahnsteig also nur unbequem oder mit großen Schwierigkeiten zu erreichen.
Erst bis 2023 sollen alle S- und U-Bahnhöfe in Berlin barrierefrei mit Lift erreichbar sein.

Und ob die Platten an den Wänden immer noch – wie zur Eröffnung 1971 – aus Eternit® (diesen für die Ewigkeit bestimmten Faserzement-Platten (Asbest?)) sind?

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Berlin

Rio Reiser kommt nach Berlin zurück (akt.)

Rio Reiser, 1996 gestorben, kam 2011 nach Berlin zurück – sein Leichnam wurde umgebettet, nachdem Reisers Bauernhof in Fresenhagen verkauft wurde.

Rio Reiser starb am 20. August 1996. Mit einer Sondergenehmigung durch die damalige Ministerpräsidentin Heide Simonis wurde er seinem Wunsch entsprechend im Hof seines Hauses in Fresenhagen beigesetzt.

Rio Reisers bisheriges Grab an seinem Bauernhof in Fresenhagen (Foto: wikimedia / Eckhard Driessen)
Rio Reisers bisheriges Grab an seinem Bauernhof in Fresenhagen (Foto: Eckhard Driessen, Lizenz cc by-sa 3.0)

Das Grab von Rio Reiser in FresenhagenEckhard DriessenCC BY-SA 3.0

Lange Zeit war Fresenhagen ‚die‘ Pilgerstätte für Rio-Fans. Gert Möbius, seine Frau und ein weiterer Bruder Peter waren  zuletzt Eigentümer des Hofes in Fresenhagen.  Doch Rios Bruder Gert Möbius konnte sich die Finanzierung von Fresenhagen nach eigener Aussage nicht weiter leisten – der Bauernhof wurde verkauft. Das kleine Museum wird aufgelöst. Nach dem Verkauf soll dort nun eine Einrichtung der Jugendhilfe entstehen.

Seit Freitag, 11. Februar 2011 ist Rio Reiser zurück in Berlin. Die Umbettung fand in kleinem Kreis statt.

Gert Möbius, seine Frau und ein weiterer Bruder Peter waren  zuletzt Eigentümer des Hofes in Fresenhagen. Doch Rios Bruder Gert Möbius konnte sich die Finanzierung von Fresenhagen nach eigener Aussage nicht weiter leisten – der Bauernhof wurde verkauft. Das kleine Museum wurde aufgelöst. Nach dem Verkauf soll dort nun eine Einrichtung der Jugendhilfe entstehen.

Und Rio? Der sollte nicht in Fresenhagen bleiben – und wurde nach Berlin umgebetttet. Seit Freitag, 11. Februar 2001 befindet sich sein Grab auf den Alten St. Matthäus-Kirchhof in Schöneberg. Das ‚alte‘ Grab in Fresenhagen wurde eingeebnet.

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Rio Reiser Erbe

Nach Rio Reisers Tod hatte es lange (auch gerichtliche) Auseinandersetzungen um den Nachlass von Rio Reiser und ‚Ton Steine Scherben‘ gegeben, besonders zwischen der Möbius-Familie und Scherben-Musiker R. P. Lanrue. Auch im Internet kam es zu teils bizarren Streitereien, wer was über Rio sagen dürfe. Zuletzt war es zu Streitigkeiten um die Biographie Rio Reisers von Hollow Skai gekommen, sowie 2010 (zwischen allen noch lebenden Scherben-Musikern und der Familie Möbius) um Musik-Veröffentlichungsrechte. Nun allerdings scheint eine Einigung bevor zu stehen – Möbius spricht gegenüber dem ‚Spiegel‘ von Gesprächen mit einander und einer bald erscheinenden CD-Box der Gesamtwerke Rio Reisers (bisher (!) : tendenziell m.E.: die ‚Scherben Famliy vertritt das idelle, die Brüder Möbius das materielle Erbe von Rio).

Seine – hoffentlich letzte – Ruhestätte (mit neuem Grabstein) findet er nun ganz in meiner Nachbarschaft, auf meinem ‚Lieblings-Friedhof‘, dem Alten St. Matthäus-Kirchhof.

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Aktualisierung
10.05.2014: Das ehemalige Rio-Reiser-Haus in Fresenhagen sollte Ende April 2014 am Amtsgericht Niebüll zwangsversteigert werden. Doch für das Reetdach-Haus mit 18 Zimmern fand sich kein Käufer. Auf Antrag der Gläubigerin, einer Bank, soll die Versteigerung fortgesetzt werden. Voraussichtlich im Sommer 2014 soll es einen neuen Versteigerungstermin geben.
Rio Reisers Brüder hatten das Haus verkauft; zuletzt befand sich eine Einrichtung der Jugendhilfe in dem Gebäude.

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„das alles und noch viel mehr …“

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Deutschland

Hotel Zehnpfund Thale – größtes Sommerhotel Deutschlands

Das größte Sommerhotel Deutschlands befand sich einst in Thale – das Hotel Zehnpfund :

Thale wurde 1862 an das Eisenbahnnetz angeschlossen (Berlin – Magdeburg – Thale). Schon bald wandelte sich der Charakter des am Harzrand gelegenen Ortes – Thale begann, zusätzlich zum Industriestandort auch ein attraktives Touristen-Ziel zu werden.

Direkt in Nachbarschaft zum Bahnhof Thale wurde bereits ein Jahr nach Eröffnung des Bahnhofs Thale am 1. April 1863 auch das Hotel Zehnpfund eröffnet, gebaut von der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft im Auftrag des Magdeburger Bahnhofswirts Franz Zehnpfund. Ein zweiter Bauabschnitt wurde 1867 realisiert.

Das Hotel Zehnpfund entwickelte sich bald zum vornehmsten Hotel der Harz-Region. Zu seinen bekanntesten Gästen zählte Theodor Fontane, der sich zwischen 1868, 1877, 1881 und 1882 mehrfach im Hotel Zehnpfund aufhielt und nach eigenem Bekunden hier das Vorbild für seine Effi Briest entdeckte, hier spielen Teile seines Romans Cecile. 1885 erinnert sich Fontane:

„Ich saß im Zehnpfund-Hotel, auf dem oft beschriebenen Balkon und sah nach der Rosstrappe hinauf, als ein englisches Geschwisterpaar … auf den Balkon hinaustrat. Das Mädchen war genauso gekleidet, wie ich Effi in den allerersten und dann auch wieder in den allerletzten Kapiteln geschildert habe: Hänger, blau und weiß gestreifter Kattun, Ledergürtel und Matrosenkragen. Ich glaube, dass ich für meine Heldin keine bessere Erscheinung und Einkleidung finden konnte.“

Das Hotel Zehnpfund wurde seinerzeit mit seinen 150 Zimmern und Suiten als größtes Sommerhotel Deutschlands bezeichnet. Fontane selbst hält sich 1883 und 1884 erneut in Thale auf – diesmal jedoch nicht im Hotel Zehnpfund, sondern im ‚Hubertusbad‘.

Das ehemalige ' Hotel Zehnpfund ' in Thale, Dezember 2010
Das ehemalige ‚ Hotel Zehnpfund ‚ in Thale, Dezember 2010

Dem Hotel Zehnpfund war keine lange Karriere als Hotel beschieden. Bereits 1913 wurde der Hotelbetrieb endgültig eingestellt; im ersten Weltkrieg wurde es als Reserve-Lazarett für Kriegsverwundete verwendet. Nach Ende des Ersten Weltkreigs wurde das Hotel nicht wieder in Betrieb genommen; schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte die nahe gelegene Eisenhütte den touristischen Stern Thales und des Hotels sinken lassen. Am 22. Oktober 1920 erwarb der Landkreis Quedlinburg das Gebäude.

Vom 1. Mai 1921 bis 2003 wurde das Gebäude kommunal genutzt, zunächst als zentrales Verwaltungsgebäude, bald auch mit Sitz von Ortskrankenkasse und Sparkasse. Schließlich wurde es auch formal Rathaus von Thale, in DDR-Zeiten Sitz der Stadtverwaltung und Bibliothek.

2004 gab es Planungen einer Wiedereröffnung als Luxus-Hotel – im Winter 2010/11 (siehe Foto) war es immer noch ‚Baustelle‘. 2015 wurde ein Projekt lanciert, bis zu 60 Wohnungen in dem ehemaligen Hotel und Rathaus zu realisieren. 2016 sollte der Baubeginn erfolgen.

Anfang 2019 wurden Planungen bekannt, in dem Objekt ein Seniorenzentrum einzurichten.

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Deutschland

Thale – von einst blühender Industrie bleiben nur Erinnerungen

Thale war einst nicht nur bedeutende Touristen-Destination (mit dem einst größten Sommerhotel Deutschlands, Hotel Zehnpfund), sondern auch eine bedeutende Stadt der Eisen-Industrie. Aus einer kleinen Hammerschmiede 1886 wurde eine blühende Industrie mit mehreren Tausend Mitarbeitern, im Zentrum das Eisen- und Hüttenwerk. Heute erinnert ein Museum an die Industriegeschichte des Ortes, das ‚Hüttenmuseum Thale‚. Es feierte 2011 sein 25jähriges Bestehen (und zudem ‚100 Jahre Dampfmaschine Nr. 7‘).

'Marke Löwe' - Eisenhüttenwerke Thale
‚Marke Löwe‘ – Eisenhüttenwerke Thale

Prominenteste Gäste Thales waren vermutlich Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Clara Zetkin – die 1910 vor Arbeitern der Eisenhütenwerke sprachen:

prominente Redner - Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Hüttenwerk Thale (Panel im Hüttenmuseum)
prominente Redner – Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Hüttenwerk Thale (Panel im Hüttenmuseum)

Das Stahlwerk gehörte bis 1937 dem Kölner Unternehmer Albert Ottenheimer. 1937 musste er diese Beteiligung auf Druck staatlicher Stellen veräußern (letztlich an den Kölner ‚Otto-Wolff-Konzern‚), emigrierte kurze Zeit später im November 1937 über die Schweiz und Kanada in die USA (wo er unter dem Namen Albert Otten weiter im Stahlhandel als Unternehmer aktiv war).

Die Kölner Verleger-Familie Neven-Dumont erwarb 1941 Immobilien aus dem Besitz des emigrierten Ottenheimer (von einem in Ottenheimers Abwesenheit von den Nazis eingesetzten ‚Abwesenheitspfleger‘) und sah sich bis ins Jahr 2006 mit Vorwürfen konfrontiert, sie habe von Arisierungen profitiert.

Eine traurige Exklusivität hat das Stahlwerk und heutige Museum aufzuweisen: das Werk ‚EHW Thale – Eisen- und Hüttenwerke AG‘ produzierte nicht nur See-Minen und U-Boot-Hüllen, ab 1934 hatte das Stahlwerk Thale viele Jahre lang ein reichsweites Monopol – das auf die Herstellung von Stahlhelmen.

Stahlhelm im Hüttenmuseum Thale
Stahlhelm im Hüttenmuseum Thale

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Nachtrag
24.01.2012: In Thale geboren ist u.a. auch der Szenenbildner Albrecht Becker (1906 – 2002), wunderbar portraitiert u.a. von Rosa von Praunheim (Liebe und Leid – Albrecht Becker).

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siehe auch:
Stadtrevue Köln: Albert Ottenheimer, Kölner Bürger
Urteil Oberlandesgericht Köln im ‚Arisierungsstreit‘ der Familie Dumont (pdf)
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HIV/Aids Oldenburg ondamaris Texte zu HIV & Aids

Virus-Mythen: „Ein 400%iger Zuwachs an Neuinfizierungen“ – über den Umgang mit Zahlen

Enormer Zuwachs an Neuinfizierungen ? Mit der Verwendung von Prozent-Werten ohne Nennung absoluter Zahlen, sowie der zielgerichteten Auswahl eines Betrachtungszeitraums lässt sich vortrefflich Politik machen – wie 2011 beispielhaft ein Fall zeigt.

„400 Prozent Zuwachs der HIV-Neuinfizierungen“ konstatiert ein Aids-Hilfe-Mitarbeiter in der Provinz. „Immer mehr Neuinfizierungen“, titelt entsprechend die Lokal-Presse. Was ist los in der niedersächsischen Provinz?

„Allein in Oldenburg haben wir einen 400 prozentigen Zuwachs an Neuinfizierungen registrieren müssen“,

sagt ein Mitarbeiter der Oldenburgischen Aids-Hilfe einem Bericht in der Lokalpresse zufolge (ohne den Zeitraum anzugeben, für den dieser Anstieg erfolgt sein soll). Ein Mitarbeiter, der „seit fünf Jahren für die Oldenburgische Aidshilfe an Schulen unterwegs [ist], um Schüler über AIDS und das HI-Virus aufzuklären.“

Ein 400-prozentiger Zuwachs der HIV-Neudiagnosen? Der Leser merkt auf, staunt und erschrickt – welch seltsame, unerhörte Zustände herrschen da im niedersächsischen Oldenburg? 400 Prozent? Ist Oldenburg ein verkannter, bisher zu wenig beachteter Brennpunkt der HIV-Epidemie in Deutschland?

HIV-Neudiagnosen werden in Deutschland anonym dem Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet. Dort sind sie online abfragbar, über das Tool ‚SurvStat‘ (Surveillance Statistik). Eine Abfrage, gezielt für HIV-Neudiagnosen und den Stadtkreis Oldenburg ergibt folgendes Bild:

Gemeldete HIV-Neu-Diagnosen nach Jahr , Deutschland, Bundesländer: Niedersachsen; Regierungsbezirke: Weser-Ems; Kreise: SK Oldenburg; Fälle entsprechend der Referenzdefinition des RKI; Datenstand: 01.01.2011
Gemeldete HIV-Neu-Diagnosen nach Jahr , Deutschland, Bundesländer: Niedersachsen; Regierungsbezirke: Weser-Ems; Kreise: SK Oldenburg; Fälle entsprechend der Referenzdefinition des RKI; Datenstand: 01.01.2011

Aber – meinte der Mitarbeiter der Aidshilfe vielleicht einen größeren Bereich als den Stadtkreis Oldenburg? Das RKI gibt für den Regierungsbezirk Weser-Ems (in dem Oldenburg liegt) neben den Stadtkreisen Oldenburg und Osnabrück noch den „restlichen Regierungsbezirk Weser-Ems“:

Gemeldete HIV-Neu-Diagnosen nach Jahr , Deutschland, Bundesländer: Niedersachsen; Regierungsbezirke: Weser-Ems; Kreise: Restlicher RB Weser-Ems; Fälle entsprechend der Referenzdefinition des RKI; Datenstand: 01.01.2011
Gemeldete HIV-Neu-Diagnosen nach Jahr , Deutschland, Bundesländer: Niedersachsen; Regierungsbezirke: Weser-Ems; Kreise: Restlicher RB Weser-Ems; Fälle entsprechend der Referenzdefinition des RKI; Datenstand: 01.01.2011

Die Statistiken des RKI ergeben folgendes Bild:
– Im Stadtkreis Oldenburg wurden 2009 6, 2010 7 HIV-Infektionen neu diagnostiziert. Eine Neudiagnose mehr im Jahr 2010 als im Vorjahr – ein Anstieg um 16%.
– Im Bereich „restlicher Regierungsbezirk Weser-Ems“ wurden 2009 28, und 2010 24 HIV-Infektionen  neu diagnostiziert. Ein Rückgang um15% oder 4 Fälle.
– Ein 400-prozentiger Zuwachs ist nirgends zu vermelden. Selbst nicht bei Vergleichen über Mehrjahres-Zeiträume.

Aufschluss, ob ggf. frühere Zeiträume gemeint sind, könnten vielleicht auch Zahlen des niedersächsischen Gesundheitsministeriums geben. Doch vermeldet dieses für den Postleitzahlbereich 26 Oldenburg – Wilhelmshaven – Emden – Aurich (nicht deckungsgleich mit Stadtkreis Oldenburg) bis 2006 keine drastischen Schwankungen. Und die Stadt Oldenburg teilt in einer Pressemitteilung mit:

„Gegenüber dem Vorjahr [2006 zu 2005, d.Verf.] lag die Zahl um vier Prozent höher. Auch in unserem Postleitzahlbezirk lässt sich dieser Trend beobachten, wenn auch in geringerem Maße.“

Der Anfang 2011 von der Oldenburger Aidshilfe konstatierte „400prozentige Zuwachs der HIV-Neuinfizierungen“ bleibt somit letztlich rätselhaft.

Klar wird allerdings: selbst falls zwischen 2009 und 2010 ein 400% – Anstieg der HIV-Neudiagnosen in Oldenburg stattgefunden haben sollte, dürfte sich dieser auf Basis sehr niedriger absoluter Zahlen ereignet haben. Das RKI meldet für den gesamten (!) Regierungsbezirk Weser-Ems (Stadtkreis Oldenburg, Stadtkreis Osnabrück, sowie restlicher Regierungsbezirk Weser-Ems) insgesamt 39 HIV-Neudiagnosen im Jahr 2009, und 43 im Jahr 2010. Ein Anstieg um 4 Fälle – oder 10%.

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Ein Mitarbeiter einer Aidshilfe macht im Jahr 2011 Aufklärung an Schulen. Und kommentiert die Aussage, in Deutschland herrsche „ein hohes Maß an Aufklärung“ mit „weit gefehlt“. Um dann einen „400prozentigen“ Zuwachs der HIV-Neuinfektionen für sein Gebiet zu konstatieren.

Nun mag man ja Gründe suchen, um die eigene Arbeit mit Bedeutung, mit Wichtigkeit aufzuladen. Auch, um die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler zu gewinnen. Aber – gewinnt man Aufmerksamkeit mit derartigen Aussagen? Mit einem derartigen Umgang mit der Realität? Und – sollte man sich als zuständiger Mitarbeiter auch fragen, welche Wirkungen derartige Aussagen von Horror-Zahlen vielleicht in der Öffentlichkeit haben?

Sollte man als zuständiger Journalist respektive Redakteur vielleicht gerade bei derartig drastischen Aussagen auch einen prüfenden Blick auf die Fakten werfen? Vielleicht zumindest mit einigen ergänzenden nüchternen Zahlen Aufschluss geben? Dabei HIV-Neudiagnosen und HIV-Neuinfektionen unterscheiden? Und beachten: allein relative Zahlen, Prozentwerte sagen oft wenig ohne den Blick auf die Absolut-Werte …

Oder – waren beide, Aidshilfe-Mitarbeiter sowie Journalist einfach nachlässig? Oder haben beide vielleicht gar ein gemeinsames Interesse? Das an Skandalisierung, Übertreibung, gesteigerter Aufmerksamkeit? Rechtfertigt der Zweck das Mittel?

Mit Zahlen kann man Politik machen. Fragt sich nur welche. Und es stellt sich die Frage, ab wann ein intentionaler Umgang mit Zahlen fragwürdig ist.

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weitere Informationen:
NWZ online 08.01.2011: „Immer mehr Neuinfizierungen“ – Prävention Ralf Monsees informiert Schüler über Immunschwächekrankheit HIV
Datenabfragen RKI ClinSurv am 09.01.2011
Niedersächsisches Landesgesundheitsamt 07.09.2007: HIV-Infektionen in Niedersachsen – Aktuelle Entwicklungen (pdf)
Stadt Oldenburg Pressemitteilung 28.11.2007: Steigende Anzahl von Neu-Infektionen Besorgnis erregend – Gesundheitsamt und AIDS-Hilfe legen aktuellen AIDS-Bericht vor

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Thale / Harzrand im Winter

Thale – ein kleines Städtchen am Nordost-Rand des Harz, Ausgangspunkt des Bode-Tals.

Schon im Juni 2010 machten wir (auf Empfehlung der freundlichen Hotel-Mitarbeiter) von Quedlinburg aus einen Ausflug nach Thale, fuhren Seilbahn, Sessellift und Sommerrodelbahn, sahen heimische Tiere und stiegen hinab ins wilde Tal der Bode. Nun, im Dezember 2010, sind wir zurück – winterlicher Harzrand 🙂

Einer der bekanntesten Besucher Thales war übrigens Theodor Fontane – er soll hier das Vorbild für seine ‚Effi Briest‘ entdeckt haben …

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Quedlinburg im Dezember 2010

Nach schönen Tagen in Quedlinburg im Juni 2010 waren wir zu Weihnachten wieder hier 🙂

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