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Berlin Kulturelles

Die Verurteilung des Lukullus – Komische Oper Berlin 2007

Erstmals führt die Komische Oper Brecht/Dessaus “Die Verurteilung des Lukullus” auf, einst Zentrum kulturpolitischer Debatten in der DDR.

Lukullus ist tot. Sein Leben war pompös, voller Luxus, pompös ist seine Beisetzung. Doch im Vorraum des Schattenreichs erwartet den erfolgreichen Feldherren und Politiker Lukullus nicht der sichere Weg in’s Paradies. Vielmehr muss er sich vor einem Gericht von Bauern, Lehrern, Bäckern der Bilanz seines Lebens stellen. Zehntausende mussten sterben, nur damit er Kirschen essen konnte – das Urteil kann nur lauten “Ins Nichts mit ihm!”. Soweit in Kürze die Handlung der Oper “Die Verurteilung des Lukullus”.

Lucius Licinius Lucullus war ein römischer Feldherr.

Und aufgrund seines Lebenswandels, der u.a. von üppigen Gastmählern geprägt war, wurde er zum Namensgeber ‘lukullischer Genüsse’, übertragen zum Symbol des Hedonismus.

Bertolt Brecht verfasste ab 1939 im schwedischen Exil zunächst ein Hörspiel “Das Verhör des Lukullus”. Zusammen mit dem Komponisten Paul Dessau erarbeitet er nach dem zweiten Weltkrieg verschiedene Fassungen einer Umsetzung des Hörspiels als Oper.

Diese Oper “Die Verurteilung des Lukullus”, komponiert 1949, wurde am 17. März 1951 in Berlin (Admiralspalast) erstaufgeführt (nicht öffentliche Probeaufführung, noch als ‘Das Verhör des Lukullus’).
Sie wurde nach ihrer öffentlichen Uraufführung am 12.10.1951 (unter modifiziertem Titel, nach deutlichen Text- und Musik-Eingriffen) bis 1960 nicht mehr gespielt. Die Oper war zum Gegenstand von Eingriffen der Regierungsspitze der DDR geworden, sie trage nicht zur Hebung des Bewusstseins der Werktätigen bei, sei volksfremd und zu formalistisch. “Die Verurteilung des Lukullus” geriet in den Mittelpunkt der sog. ‘Formalismusdebatte‘.
In der BRD wird die Oper drei Monate nach ihrer DDR-Uraufführung erstmals aufgeführt, allerdings in der (wohl als politisch opportuner erachteten) erste Text-Version.

Die jetzige Neu-Produktion des Lukullus ist die erste Aufführung dieser generell sehr seltenen gespielten Oper an der Komischen Oper Berlin.

Die Verurteilung des Lukullus Komische Oper Berlin 2007

Die Aufführung beginnt mit einem wahrlich beeindruckenden Auftakt, unterstützt von Chor, Kinderchor und Filmeinspieler. Doch kann die Inszenierung die hier geweckten Erwartungen im Folgenden nicht immer halten. Sie gleitet für meinen Geschmack manchmal teils in verspielte, teils in trashige optische Vordergründigkeit ab – in der allerdings immer wieder starke Szenen (wie “wer ist Rom” oder das “Fischerweib”) aufleuchten.
Die Übertitelung, im Prolog noch hilfreich, wünschte man sich teils auch während des weiteren Verlaufs – nicht immer wird verständlich gesungen.

Im Mittelpunkt der Handlung: der Zerfall, ja die Dekonstruktion dessen, was Lukullus einst zu Ruhm und Ehre zu gereichen schien, und seine Aufgeblasenheit, die Menschen, die Leben erdrückt. Das ganze eindrucksvoll unterstrichen von einer Musik, die sich nicht melodisch in die Handlung schmiegt, vielmehr Kontraste setzt, bewusst als eigenständig wirkt. Teils ungewöhnlich instrumentiert, bis hin zu dem (äußerst selten zu hörenden) Trautonium [vielen eher bekannt aus Hitchcocks ‚Die Vögel‘].

“Die Verurteilung des Lukullus” – für meinen Geschmack keine herausragende Inszenierung der Komischen Oper, aber eine sehr sehenswerte – besonders auch dank der beeindruckenden Musik und Leistungen von Chor und SängerInnen.

Anmerkung: Dieser Text basiert auf der Generalprobe vom 23.11.2007 (nicht der Premiere am 25.11.).

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“Die Verurteilung des Lukullus”, Komische Oper Berlin, weitere Aufführungen u.a. am 2., 7., 12. und 28. Dezember 2007

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Homosexualitäten

Gegen das Vergessen homosexueller NS-Verfolgter – Gedenken an Pierre Seel (1923 – 2005)

Pierre Seel wurde wegen seiner Homosexualität verfolgt, im KZ inhaftiert und gequält. Seit 2008 erinnert die rue Pierre Seel in Toulouse an ihn. In Toulouse gedenkt seit 2010 eine Plakette.

Pierre Seel in Berlin 2000 (Foto James Steakley, Lizenz cc by-sa 4.0)
Pierre Seel in Berlin 2000 (Foto James Steakley, Lizenz cc by-sa 4.0)

Pierre Seel 1923 – 2005

Am 16. August 1923 wurde Pierre Seel in Hagenau geboren. Als 17jähriger 1940 in Mulhouse von der Gestapo unter dem Vorwurf der Homosexualität verhaftet. Er wurde im KZ Schirmeck interniert, gefoltert und missbraucht. Er wurde gezwungen, die Ermordung seines Freundes mit anzusehen.

Nach seiner Entlassung im November 1941 wurde Seel als Soldat eingezogen und an die Ostfront in die Ukraine geschickt. Dort geriet er in Kriegsgefangenschaft.

Nach seiner Rückkehr nach Frankreich heiratete er – auch in Frankreich war nach dem Zweiten Weltkrieg kaum an ein offenes Leben als Homosexueller zu denken. So betand das unter dem Kollaborations-Regime von Pétain 1942 neu eingeführte Sonderstrafrecht gegen Homosexuelle in Frankreich auch nach 1945 weiterhin.

Erst spät, ab 1982, konnte Seel offen über seine Erlebnisse sprechen. Aus seinen Erzählungen und Berichten entstand in Zusammenarbeit mit dem im April 2010 verstorbenen Jean LeBitoux, Gründer des legendären ‚Gai Pied‚, das Buch “Ich, Pierre Seel, deportiert und vergessen”.

„Je me souviens d’un garçon, condamné à mort pour je ne sais quelle raison, que l’on fit se dévêtir. Nu. il se retrouvra au milieu du camp, un seau métallique sur la tête. Les SS lâchèrent sur lui en excitant les chiens de garde, qui le dévorèrent vivant. La nuit, jèntends encore ses cris dans lesd cauchemars …“ (Pierre Seel im Gai Pied 1983)
(‚Ich erinnere mich an einen Jungen, ich weiß nicht mehr warum zum Tod verurteilt, den man zwang sich auszuziehen. Nackt, einen Metalleimer auf dem Kopf, stand er in der Mitte des Lagers. Die SS-Leute hetzten die Wachhunde auf ihn, die ihn bei lebendigem Leib verschlangen. Nachts höre ich in meinen Albträumen immer noch seine Schreie. (Übers. UW))

Sel berichtet in dem Buch u.a. auch, bei seinen Zwangsarbeitseinsätzen an der Errichtung des benachbarten KZ Struthof mitgearbeitet zu haben.

Seel ist der erste und der einzige wegen Homosexualität Deportierte in Frankreich, der je offen über seine Erlebnisse gesprochen hat. Seel war in den 1990er Jahren auch des öfteren in Deutschland -für ihn auch das Land der Täter- zu Vorträgen und Veranstaltungen.
Bewegend auch Seel im Gespräch mit Hervé Joseph Lebrun, Ausschnitt als html (französisch) hier.

Pierre Seel starb am 25. November 2005 in Toulouse.

Pierre Seel – Gedenken

Bereits kurz nach dem Tod von Pierre Seel am 25. November 2005 forderte eine Initative aus Anlass seines Todes erneut in Frankreich ein Monument zur Erinnerung an die von den Nazis ermordeten Homosexuellen.
Schon früher hatte die Initiative MDH unter Leitung von Jean Le Bitoux die Errichtung eines ‘Memorial de la Déportation Homosexuel’ gefordert. Nachdem es vergleichbare Monumente bereits in Italien, Deutschland und den Niederlanden gebe, sei es an der Zeit, ein ähnliches Monument z.B. in Strasbourg zu errichten.
Bis 2007 gab es in Frankreich keinerlei Homomonument oder ähnliches Mahnmal, das dezidiert an die homosexuellen Opfer des NS-Terrors erinnert. [Aufstellung der Denkmale für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen]

Das KZ Schirmeck ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Auf dem Gelände des früheren Lagers ist heute eine ‘idyllische’ Siedlung (Bericht eines Besuchs auf sintiundroma.de).

Pierre Seel – Gedenklen in Toulouse

Die Initiative forderte zudem von den Bürgermeistern der Städte Mulhouse und Toulouse, jeweils einen Platz oder eine Straße nach Pierre Seel zu benennen. In Toulouse böte sich der Square Steinbach an, in den 1930er Jahren ein Ort schwulen Cruisings. Pierre Seels Diebstahlmeldung einer hier verlorenen Uhr brachte ihm 1939 die behördliche Registrierung als Homosexueller, der die Deportation 1940 folgte.

Am 21. Dezemberr 2007 beschloss der Stadtrat von Toulouse, zukünftig im Quartier Saint Sauveur eine Straße in Toulouse nach Pierre Seel zu benennen. In Gegenwart von Bürgermeister Jean-Luc Moudenc (UMP) und nahezu 200 Gästen wurde das Straßenschild am Samstag, 23. Februar 2008 eingeweiht.
Französische Medien wiesen darauf hin, dass weder Seels langjähriger Partner noch seine Söhne oder Seels langjährige Biograph (Jean le Bitoux) zur Zeremonie eingeladen wurden.

rue Pierre Seel in Toulouse (Foto: Namaacha)
rue Pierre Seel in Toulouse (Foto: Namaacha)

This file depicts the name plate of a street in the French city of Toulouse that was named after Pierre Seel, who suffered deportation under the Nazis on the basis of homosexuality.NamaachaCC BY-SA 3.0

Pierre Seel – Gedenken in Mulhouse

Am Samstag, 15. Mai 2010 wurde in Mulhouse (am Théâtre de la Sinne, avenue Auguste Wicky) eine Plakette eingeweiht, die an Piere Seel erinnert. Sie ist die erste Gedenk-Plakette Frankreichs, die an homosexuelle NS-Opfer erinnert. Die Plakette trägt den Text

Zur Erinnerung an Pierre Seel 1923 – 2005 und andere unbekannte Mulhouser, die wegen des Vorwurfs der Homosexualität festgenommen und deportiert wurden”.

Gedenk-Plakette für Pierre Seel in mulhouse (Foto Ji-Elle; Lizenz cc by-sa 3.0)
Gedenk-Plakette für Pierre Seel in mulhouse (Foto Ji-Elle; Lizenz cc by-sa 3.0)

Mulhouse : plaque à la mémoire de Pierre Seel sur l’une des façades du théâtre côté parcJi-Elle – CC BY-SA 3.0

Pierre Seel Gedenken in Paris

Seit dem 19. Juni 2019 erinnert eine Strasse zwischen der Rue de Rivoli und der Rue du Roi de Sicile an Pierre Seel – die rue Pierre Seel.

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Kulturelles

Messias in Rosa?

Oh Gott, ja, man braucht pointierte Schlagzeilen, um Aufmerksamkeit zu wecken. Selbst, vor allem auch beim Spiegel.

Aber gleich so?

“der schwule Messias”
“der große Held des deutschen Queer-Films”
“der Held des schwulen deutschen Kinos schlechthin”

Geht’s noch dicker?
Gut, Rosa von Praunheim hat Geburtstag, einen besonderen, wird 65.

Und ja, einige seiner Filme schätze ich sehr – mein persönlicher Favorit ist “Anita“, der Film über Anita Berber mit Lotti Huber.
Und die Wirkung von “Nicht der Homosexuelle ist pervers …” ist auch kaum zu überschätzen.

Aber gleich zum Messias erklären?

Manchmal frage ich mich eher, ob nicht die Rente doch wieder mit 65 eingeführt werden sollte …
… oder zumindest ‘Antimoralin’ ausgegeben werden könnte …

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Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Der Bürgermeister der Castro Street

„The Mayor of Castro Street“ – unter diesem Titel wird das Leben des US-Politikers und schwulen Bürgerrechtlers Harvey Milk verfilmt. Im Januar soll mit den Dreharbeiten begonnen werden.

Harvey Milk war der erste offen schwule Stadtrat in San Francisco. Vermutlich war er der erste offen schwul lebende Politiker überhaupt in den USA.
Er wurde 1977 in den San Francisco Board of Supervisors gewählt. Unter Bürgermeister George Moscone gelangen ihm einige wesentliche Verbesserungen für Lesben und Schwule in San Francsico, unter anderem brachte er ein ‚gay rights bill‘ ein und verhinderte eine Verordnung, die offen schwul und lesbisch lebende LehrerInnen an der Berufsausübung gehindert hätte.

Harvey Milk konnte nur elf Monate als Stadtrat arbeiten. Am 27. November 1978 wurde Milk vom ehemaligen Stadtrat Dan White erschossen. Auch Bürgermeister Moscone fiel dem Attentat zum Opfer.

Der Attentäter Dan White wurde im Mai 1979 verurteilt. Das Strafmaß (sieben Jahre Gefängnis) wurde von vielen Einwohnern San Franciscos als skandalös niedrig empfunden. Es kam zu massiven Demonstrationen und schweren Zusammenstößen mit der Polizei (bekannt als White Night). Bei anschließenden Aktionen der Polizei wurden mehrere schwule Bars in der Castro Street zerstört.

Milk selbst hatte mit Gewaltaktionen gegen ihn gerechnet. Er hatte Tonbänder vorbereitet, die gespielt werden sollten für den Fall, dass er Opfer eines Attentats werde. „Sollte eine Kugel mein Gehirn treffen, lasst diese Kugel jede Schranktür zerstören“ (Schrank -> closet, Symbol für den (unfreiwillig) nicht offenen, den ‚Schrank-Schwulen‘).

Nach seinem gewaltsamen Tod wurde Milk endgültig zu einer schwulen Ikone, zu einem Symbol eines neu erwachten schwulenpolitischen Bewusstseins im San Francisco der 1970er Jahre. Viele Orte und Zentren schwulen- und lesbenpolitischen Lebens und Engagements wurden nach ihm benannt, am bekanntesten vielleicht die ‚Harvey Milk Highschool‘ in New York (inzwischen eine öffentliche High School). Das Leben Harvey Milks wurde von Rob Epstein unter dem Titel ‚The Times of Harvey Milk‘ verfilmt.

Der Regisseur Gus van Sant wird nun das Leben von Harvey Milk als Spielfilm (BioPic) verfilmen. Beginn der Dreharbeiten soll nach jahrelangen Vorarbeiten im Januar 2008 sein. In den Hauptrollen sollten als Darsteller des Harvey Milk Sean Penn sowie als Darsteller des Dan White Matt Damon im Gespräch sein. Damon solle aber aus terminlichen Gründen doch abgesagt haben, wie pinknews berichtet.

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Text von ondamaris auf 2mecs 22.01.2016

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ondamaris Texte zu HIV & Aids

Solidargemeinschaft statt ‚Schuld und Malus‘

Resolution des 123. Bundesweiten Positiventreffens:

Solidargemeinschaft statt „Schuld und Malus“

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 123. Bundesweiten Positiventreffens haben sich mit den Veränderungen des SGB V durch das geplante Pflegeweiterentwicklungsgesetz beschäftigt.

Der Absatz 2 des § 294a, SGB V soll folgende Fassung erhalten:

„(2) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Versicherte sich eine Krankheit … durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zugezogen haben (§ 52), sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte … verpflichtet, den Krankenkassen die erforderlichen Daten mitzuteilen.“

Das bedeutet für uns, dass Versicherte die Risiken, wie ästhetische Operationen oder das Anbringen von Piercings und Tätowierungen eingehen, die eventuell daraus entstehenden Kosten selbst zu tragen haben, da sie „schuldhaft“ diese Risiken freiwillig eingegangen sind. Hierzu sollen Ärztinnen und Ärzte Patientendaten an die Krankenkassen weitergeben müssen.

Wir meinen, dass eine Situation, in der Ärztinnen und Ärzte gezwungen sind, sensible Daten ihrer Patientinnen und Patienten an Krankenkassen weiterzugeben, einer Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht gleichkommt. Wir befürchten dadurch Verschlechterungen im vertrauensvollen Verhältnis von Patientinnen und Patienten zu ihren Behandlerinnen und Behandlern.
Ein vertrauensvolles Verhältnis ist jedoch gerade für chronisch Kranke von erheblicher Bedeutung.
Zudem ist fraglich, ob durch die hier zur Diskussion stehenden Fälle Folgekosten nach ästhetischen Operationen, Piercings oder Tätowierungen tatsächlich Kosten in nennenswerter Höhe eingespart werden können.

Geht es nicht vielmehr darum, das Schuldprinzip einzuführen? Der Einstieg in ein begrenztes „Schuldprinzip“ hat nur eine Türöffnerfunktion, um das bewährte Solidarprinzip „Einer trage des Anderen Last“ gänzlich auszuhöhlen.
Das Solidarprinzip erachten wir aber als einen Grundwert unserer Gesellschaft. Es zu gefährden heißt, den gesellschaftlichen Konsens der Republik zu gefährden und bedeutet die faktische Abschaffung des gleichen Rechts aller Bürgerinnen und Bürger auf Gesundheit.
Eine mögliche Ausweitung über die aufgezählten Risiken hinaus, die bereits debattiert wird (Stichworte: Ski- und allgemein Sportunfälle, Folgen des Rauchens und von Alkoholkonsum) machen über kurz oder lang jede und jeden zum „Schuldigen“. Mehr und mehr werden so die Kosten gesundheitlicher Risiken privatisiert.

Wir fordern daher die Mitglieder des Deutschen Bundestages auf, das Solidarprinzip in der Sozialversicherung beizubehalten und von der geplanten Änderung des SGB V abzusehen.

Um Kosten durch die Folgen der erwähnen Risiken zu minimieren, böte sich die Fixierung von Qualitätsstandards für ästhetische Operationen und das Anbringen von Piercings und Tätowierungen an.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 123. Bundesweiten Positiventreffens

Waldschlösschen, 16. November 2007

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Text 24. Februar 2017 von ondamaris auf 2mecs

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Berlin

Lundi soir

Lundi soir, dans l’univers d’un restaurant de routiers …

… beäugt von zwei jungen Damen …

… war’s ein sehr schöner Abend, danke !

(Raststätte Gnadenbrot)

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Berlin

Tränenpalast November 2007

Statt Tränenpalast bald Beton-Palast?

Tränenpalast 2007
Tränenpalast 2007
Tränenpalast 2007
Tränenpalast 2007
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Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Vergewaltigt in Dubai (akt.4)

Ein 15jähriger Schüler droht in einem bizarren Streit zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Frankreich vom Vergewaltigungs-Opfer zum Angeklagten wegen homosexueller Handlungen zu werden.

Alex, ein 15jähriger Franzose, verbrachte im Juli 2007 zusammen mit seinen Eltern eine Urlaub in Dubai. Nach Aussagen des Schülers wurde er am 14. Juli (dem französischen Nationalfeiertag) auf dem abendlichen Rückweg zu seinen Eltern von drei Männern vergewaltigt. Zwischen in Bau befindlichen Villen hätten die drei Männer ihn mit einem Messer bedroht, seine Hosen gewaltsam herunter gezogen und ihn vergewaltigt.

Ein Arzt bestätigte anschließend, dass am und im Körper des Jungen fremdes Spermas gefunden wurde – das der drei Beklagten, wie später mittels DNA-Analysen festgestellt wurde. Allerdings behauptet der Arzt, ein Ägypter, keine Spuren einer gewaltsamen Penetration gefunden zu haben. Es habe ‚wohl vielfältige vorherige Benutzung‘ der Analregion gegeben [… bei einem 15jährigen …].

Doch erstaunlicherweise wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten lange Zeit nicht gegen die drei Männer ermittelt, die die Vergewaltigung begangen haben sollen. Dem Jungen, seinen Eltern sowie französischen Diplomaten wurde stattdessen nahegelegt, nicht auf Strafverfolgung zu bestehen. Vielmehr werden nun dem 15-jährigen Jungen ‚homosexuelle Praktiken‘ vorgeworfen.

Doch nicht nur das. Die Behörden vor Ort hielten es mehrere Wochen lang auch nicht für erforderlich, dem Jungen oder seinen Eltern mitzuteilen, dass bei einem der drei Männer bereits vor 4 Jahren während eines Gefängnis-Aufenthalts eine HIV-Infektion diagnostiziert wurde. Zunächst war der Mutter des Jungen von VAE-Behörden mitgeteilt worden, die drei Beklagten seien ‚krankheitsfrei‘. Erst Anfang September wurde ihr gegenüber deutlich gemacht, dass einer der Beklagten HIV-infiziert sei.
Bisher wurde bei dem Jungen kein HIV diagnostiziert. Aufgrund der langen möglichen Inkubationszeit wird er jedoch erst in einigen Wochen endgültige Klarheit in Sachen HIV haben.

Der Junge ist inzwischen in die Schweiz geflüchtet. Er habe befürchten müssen, in den Vereinigten Arabischen Emiraten auch noch unter dem Vorwurf homosexueller Handlungen festgenommen zu werden, gab er zur Begründung an.
Er und seine Eltern wandten sich anschließend an die Presse in der Hoffnung, aufgrund öffentlichen Drucks doch noch eine Strafverfolgung der Männer erreichen zu können.

90% der Einwohner Dubais sind nicht Bürger der Vereinigten Arabischen Emirate.
Vergewaltigung von Männern ist in den Vereinigten Arabischen Emiraten kein Straftatbestand, wohl aber ‚erzwungene Homosexualität‘. Ausländer, denen homosexuelle Aktivitäten vorgeworfen werden, werden des Landes verwiesen. Ausländer, bei denen HIV festgestellt wird, müssen das Land innerhalb von 24 Stunden verlassen.

Der Fall des 15jährigen Jungen hat zu diplomatischen Spannungen zwischen Frankreich und den arabischen Emiraten geführt.
Die Behörden in Dubai haben die Ermittlungen gegen die drei Beklagten inzwischen neu aufgenommen. Zwei erwachsene inzwischen festgenommene Beklagte sollen am 7. November vor Gericht stehen, der dritte noch minderjährgige Beklagte am 6. November vor einem Jugendgericht.

Die Mutter des Jungen, eine Journalistin mit guten Kontakten zur französischen Regierung, fordert auf www.boycottdubai.com inzwischen zum Boykott des vermeintlichen Paradieses am persischen Golf auf.

Weitere Informationen:
Liberation: Vergewaltigung eines 15jährigen in Dubai
Tetu: Prozess am 7. November und diplomatische Verwicklungen
Die Jüdische: Vergewaltigter 15jähriger Franzose wird zum Täter gemacht
New York Times: In Rape Case, a French Youth Takes On Dubai
International Herald Tribune NYT:

Update 08.11.: Einem Schweizer Bericht zufolge scheint der Junge Schweizer zu sein. Die Mutter hat einen Prozess in Frankreich sowie der Schweiz angestrengt. Derweil wird der Prozess in Dubai fortgesetzt.
Update 15.11.: ein Interview mit dem 15Jährigen über seine Erfahrungen hier auf rue89.com
Update 16.11.: NZZ über eine Vergewaltigung und ihre Folgen
Update 28.11.: im Prozess gegen die zwei erwachsenen Tatverdächtigen wird das Urteil für den 12. Dezember 2007 erwartet
Update 29.11.: Mutter aus dem Gerichtssaal geworfen
Nachtrag 12.12.: zwei der Männer in Dubai zu je 15 Jahren Haft verurteilt (der dritte, noch nicht volljährige Täter muss sich vor dem Jugendgericht verantworten)
Nachtrag 21.01.2008: der französisch-schweizerische Jugendliche hat sich bei dem Vorfall nicht mit HIV infiziert, berichtet die Basler Zeitung
Nachtrag 18.02.2008: Am 3. Februar wurde die Verurteilung der beiden Männer zu 15 Jahren Haft in der Berufung bestätigt. Der dritte Angeklagte wartet auf die Verhandlung seines falls vor dem Jugendgericht.

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Text 24. Februar 2017 von ondamaris auf 2mecs

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Nachdenkliches

Barlach: Der Geistkämpfer (1928)

Ernst Barlachs erste Großplastik ‚ Der Geistkämpfer ‚ aus dem Jahr 1928 steht seit 1954 vor der Nikolaikirche in Kiel.

Ernst Barlach Der Geistkämpfer Kiel

Der Geistkämpfer, Ernst Barlach 1928 (Kiel, Nikolaikirche)

Am 16. August 1927 beauftragte der Kieler Magistrat (Stadtoberbaurat Willy Hahn, 1887-1930) Barlach mit der Plastik. Sie entstand – nach 14 Entwürfen – im Laufe des Jahres 1928 (Guss bei Noack in Berlin-Friedenau). Am 29. November 1928 wurde der Geist-Kämpfer in Kiel vor der (später im Krieg zerstörten) Heiliggeistkirche aufgestellt und wahrscheinlich am 8. Dezember 1928 heimlich enthüllt.

Der Geistkämpfer – Entfernung und Wiederaufstellung

Am 20. April 1937 wurde die Plastik auf Betreiben der ‚Reichskammer der bildenden Künste‘ entfernt. Zuvor hatte sich u.a. der Oberbürgermeister sowie der Kieler Beirat für Kultur für die Entfernung ausgesprochen.

Zunächst in der Eingangshalle des Thaulow-Museums aufbewahrt, wurde die Plastik 1939 zersägt in vier Teile nach Berlin zu Noack zurück gebracht. Barlach, 1938 gestorben und in Ratzeburg beigesetzt, erlebte dies nicht mehr. Später gelangte der Geist-Kämpfer nach Schnega (Lüneburger Heide) zu Barlachs Freund Hugo Körtzinger. Dort überstand er, in Teile zersägt und auf einem Bauernhof versteckt, die NS-Zeit.

Bereits ab 1946 machte Kiel erneut Besitzansprüche auf den Geistkämpfer geltend. Von Noack aus den vier Teilen wieder zusammengesetzt, kehrte sie 1953 nach Kiel zurück. Dort wurde die Plastik 1954 wieder aufgestellt (vor der Nikolaikirche statt vor der im Krieg zerstörten Heiliggeistkirche). Am 19. Juni 1954 fand die feierliche Enthüllung statt.

Ein Abguss steht seit 1994 – anlässlich des 5. Jahrestags des Mauerfalls – vor der Berliner Gethsemanekirche. Ein weiterer Abguss befindet seit 1959 vor dem Minneapolis Institute of Arts in Minnesota.

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… man könnte vielleicht das Werk als Gruppe der Überwindung, Selbstüberwindung ansprechen. Dieses darzustellen ist meine exakte Meinung gewesen.”

Ernst Barlach über den ‘Geistkämpfer’

(siehe auch Barlach / Der Schwebende)

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Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Rosa Winkel zu versteigern

Nein, nicht der einst bedeutende Verlag Rosa Winkel zahlreicher schwulenpolitisch und emanzipatorisch bedeutender Werke steht zur Versteigerung an.

Es geht ein wenig bizarrer: wie pinknews meldet, stehen im britischen Shropshire zwei originale Rosa Winkel zur Versteigerung an. Rosa Winkel, die in den KZs der Nazis dazu dienten, männliche homosexuelle (oder der Homosexualität verdächtige) KZ-Insassen als solche zu kennzeichnen.

Die Schätzungen variieren, wie viele homosexuelle Männer von den Nazis gezwungen wurden, den Rosa Winkel zu tragen, wie viele von ihnen in KZs ermordet wurden. Als gesichert kann wohl gelten, dass über 10.000 Schwule von den Nazis ermordet wurden.

Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Opfer-Gruppen wurden schwule Opfer der Terrorherrschaft der Nazis nach 1945 lange Zeit nicht entschädigt, im Gegenteil die Diskriminierung wurde insbesondere in der Adenauer-Zeit in veränderter Form fortgesetzt.

In der schwulen Emanzipations-Bewegung der 1970er Jahre wurde der Rosa Winkel zu einem international, besonders auch in Deutschland breit genutzten schwulenpolitischen Symbol. Heute ist der Rosa Winkel als Ausdruck schwulenpolitischen Engagements weitgehend verdrängt, wurde von der Regenbogen-Flagge abgelöst.

Dass Symbole des Nazi-Terrors, der Vernichtung schwuler Männer wie ’normale‘ Objekte zur Versteigerung kommen – bei mir löst es Gefühle der Beklommenheit aus.

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Text 24. Februar 2017 von ondamaris auf 2mecs