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Frankreich

Bourges – Stadt voller Kunst und Sehenswürdigkeiten

Zuletzt aktualisiert am 5. Juli 2021 von Ulrich Würdemann

Nahe der Mitte Frankreichs liegt die Stadt Bourges, Hauptstadt des Departements Cher – trotz langer Geschichte und zahlreicher Sehenswürdigkeiten von Touristen aus Deutschland bisher nur wenig wahrgenommen.

Südlich von Paris liegt 2 Stunden Zugfahrt entfernt und nahe an der Mitte Frankreichs die Kleinstadt Bourges (ca. 66.000 Einwohner).

In der Antike Avaricum genannt, war die Stadt damals Hauptort der Bituriger. Sie widersetzten sich dem Einmarsch der Römer. Doch während des Gallischen Krieges siegte hier Julius Caesar 52 v.Chr. in der Schlacht um Avaricum gegen die aufständischen Gallier, die angeführt wurden von Vercingetorix.

507 kam Bourges zum Reich der Franken, wurde ab dem 8. Jahrhundert Grafschaft. In Folge einer Verpfändung 1101 an den französischen König wurde Bourges Teil der Domaine royal (Krondomäne). Mit dem Bau der Kathedrale kommt die Stadt im 12. Jahrhundert zu neuer Bedeutung. Im 14. und 15. Jahrhundert erlebte Bourges eine erste Blüte, insbesondere zu Zeiten von Jacques Coeur (1395 – 1456; s.u.), dem Finanzier von König Karl VII. Zeitweise ist Bourges Hauptstadt Frankreichs (unter Karl VII.). Unter Ludwig XI. wird in Bourges die Universität gegründet.

Ein Brand zerstörte 1487 zwei Drittel der Stadt, viele Fachwerkhäuser allerdings wurden nach dem Brand wieder aufgebaut. Dennoch, Bourges verliert zu dieser Zeit seine Position als einer der wichtigsten Orte des Königreichs. Während der Hugenotten-Kriege (-> Bartholomäusnacht) wurde Bourges kurzzeitig für die Hugenotten erobert, trat aber später auf die Seite der katholischen Liga.

Bourges / Panorama eines teils der Altstadt, links der Bischofs-Garten
Bourges / Panorama eines Teils der Altstadt vom Turm der Kathedrale aus gesehen

Im 19. Jahrhundert erlebte Bourges eine zweite Blüte. Die Realisierung des Berry-Kanals, der Bau der Eisenbahn und die Ansiedlung von Eisenindustrien (Gießereien, Waffenfabriken) führten zu wirtschaftlichem Wachstum.

Kulturstadt Bourges

Die Altstadt von Bourges umfasst über 400 Fachwerkhäuser, Häuser der Gotik wie der Renaissance, zahlreiche kleine Plätze, Fußgängerzonen. Besonders sehenswert in der Innenstadt: das Palais Jacques Coeur, ein Profanbau der Mitte des 15. Jahrhunderts und Meisterwerk der Spätgotik. Während des Sommers wird abends ein illuminierter Rundgang angeboten, die nuits lumière de Bourges.

Im der Kathedrale direkt gegenüber gelegenen Palais archiépiscopal befindet sich das ‚Musée des Meilleurs Ouvriers de France‚, daneben der sehenswerte Bischofsgarten. Sehenswert auch der Jardin des Prés Fichaux (schönes Wasserspiel, schöne Buvette), (dort auch Le Paysan von Jules Dalou).

Bourges - Palais archiépiscopal unmd Gartenh, vom Turm der Kathedrale aus gesehen
Bourges – Palais archiépiscopal und Garten, vom Turm der Kathedrale aus gesehen

Bourges hat darüber hinaus zahlreiche weitere sehenswerte Museen zu bieten: neben dem Musee des Meilleurs Ouvriers de France (s.o.) u.a. das Musee du Berry, sowie Musée de la Résistance et de la Déportation du Cher.

Das 1982 gegründete Pelargonien-Konservatorium (Conservatoire national du Pelargonium) umfasst mit weit über 800 Pelargonien-Sorten (Pelargonien = Geranien der südlichen Hemisphäre) die größte Sammlung Frankreichs (Besuche möglich über das Rathaus Hotel de Ville).

2mecs in Bourges - Frank und Ulli auf dem Dach des Turms der Kathedrale von Bourges 2016
2mecs in Bourges – Frank und Ulli auf dem Dach des Turms der Kathedrale von Bourges 2016

Die Kathedrale St. Etienne in Bourges

Die gotische Kathedrale St. Etienne, erbaut 1195 bis 1255, ist seit 1992 UNESCO Welterbe. Sie weist bemerkenswerte Glasmalereien aus dem 13. Jahrhundert auf, und gilt auch deswegen als außergewöhnlich, weil sie kein Querschiff hat.

Besonders sehenswert ist die so genannte Krypta (die eigentlich keine Krypta ist, da nicht unterirdisch). Sie entstand ab 1195 auf dem außerhalb der Stadtmauern gelegenen Graben. Hier ist u.a. das Grabmal von Herzog Johann von Berry zu sehen.

Von der Terrasse des Nordturms (wegen seiner Finanzierung Buttertrum genannt, gegen Geldbeträge wurde Befreiung vom Fasten gewährt) besteht ein bemerkenswerter Rundumblick über die Stadt, die Sümpfe (s.u.) und das Berry.

Fast einzigartig: die ‚Gemüsegarten-Sümpfe‘ von Bourges

Eine weitere landschaftliche Besonderheit hat Bourges zu bieten: wenige Schritte vom Stadtkern entfernt beginnen nahezu einzigartige Sumpfgebiete (marais de Bourges).

Ursprünglich zum Schutz der Stadt angelegt, wurden sie ab dem 17. Jahrhundert und besonders ab der Revolution in Arbeiter-Gärten umgewandelt. 3 Jahrhunderte lang bis in die 1970er Jahre dienten sie der Versorgung der Stadt mit frischem Obst und Gemüse. Noch heute versorgen sich Spitzen-Restaurants der Stadt hier mit regionalem Gemüse.

Heute sind diese 135 ha großen Sumpfgebiete – neben denen von Amiens und St-Omer – die letzten original erhaltenen ‚Gemüsegarten-Sümpfe‚ (marais maraîcher) in Frankreich. Seit 2003 stehen sie unter Naturschutz.

Erkunden lohnt zu Fuß, mit dem Rad oder per Kahn (per Kahn nur mölich anläßlich des journée du patrimoine).

Menetou Salon – der Regional-Wein aus der Region Bourges

Nur wenige Kilometer nordöstlich von Bourges und in direkter Nachbarschaft zum wesentlich bekannteren Sancerre befindet sich das Weinbaugebiet Menetou-Salon. Bereits seit dem 11. Jahrhundert wird hier Wein angebaut.

Seit 1959 ist Menetou-Salon als eigene Apellation (AOC) zertifiziert. Mit nur ca. 500 ha Rebfläche und zehn Gemeinden ist es ein  eher kleines Anbaugebiet, geprägt (ähnlich wie das Sancerre) von Kalkstein-Böden. Die Weine werden hier i.d.R. Rebesorten-rein ausgebaut (überwiegend Sauvignon blanc und Pinot noir).

Bourges – von Touristen geschätzt, doch wirtschaftliche Probleme

Ein Spaziergang durch Bourges, so lohnenswert er angesichts der Vielzahl mittelalterlicher Häuser, sehenswerter Museen ist, zeigt schnell auch: in den Einkaufsstrassen der Stadt gibt es viel Leerstand.

Die vier bedeutendsten Arbeitgeber der Stadt haben in den vergangenen zehn Jahren annähernd die Hälfte ihrer Stellen abgebaut. Vor der Wende lebte einer von drei Haushalten in Bourges direkt oder indirekt über Zulieferbetriebe von der Waffenindustrie, die am Ort umfangreich vertreten war.

Zahlreicher Zulieferbetriebe mussten inzwischen völlig aufgeben. In der Folge stieg auch der Leerstand in der Innenstadt bedeutend. Eine zunehmende Zahl von Pendlern, die es vorziehen in Häusern auf dem Land statt in Etagenwohnungen in der Stadt zu leben, vergrößert diesen Leerstand.

Der zunehmende Tourismus ist allein nicht in der Lage, diese Entwicklung auszugleichen.

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Von Ulrich Würdemann

einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
Mehr unter 2mecs -> Ulli -> Biographisches

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