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27. Mai 2008: Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen eingeweiht

Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen wurde von Kulturstaatsminister Neumann und dem regierenden Bürgermeister von Berlin Wowereit am 27. Mai 2008 um 13:00 Uhr eingeweiht.

Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen Einweihung am 27. Mai 2008
Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen Einweihung am 27. Mai 2008

27. Mai 2008 – Einweihung Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

12. Dezember 2003. Der Deutsche Bundestag fasst den Beschluss, ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen zu errichten.

27. Mai 2008. Das ‚Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen‘ wird im Berliner Tiergarten durch Kulturstaatsminister Bernd Neumann der Öffentlichkeit übergeben.

Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen Einweihung am 27. Mai 2008
Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen Einweihung am 27. Mai 2008

3,50 Meter hoch, 1,90 Meter breit und 5 Meter lang – seit dem 27. Mai 2008 wird mit einer Stele mit eingelassenem Video der im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen gedacht.

Bis es zur Realisierung des Denkmals kam, hat es auch nach dem Bundestagsbeschluss noch viele Diskussionen um das Denkmal gegeben („Küssende! – aber welche?“), es wurde gestritten „was wird realisiert?„, die Konzeption weiter entwickelt (alle 2 Jahre ein neuer Film), dann wurde endlich gebaut, und seit Jahresanfang steht das Denkmal fertiggestellt aber verbrettert und wartet auf seine feierliche Übergabe an die Öffentlichkeit.

Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen - initiales Video: Kuss
Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen – initiales Video: Kuss

Anlässlich der Enthüllung am 27.5.2008 -die mit über 1.500 Teilnehmern und zahlreichen Medienvertretern auf sehr großes Interesse stieß- betonte der LSVD: „Viele Jahrzehnte waren die homosexuellen NS-Opfer in Deutschland aus der offiziellen Gedenkkultur ausgeschlossen. Sie wurden von Entschädigungszahlungen ausgegrenzt. § 175 StGB, der sexuelle Begegnungen unter Männern unter Strafe stellte, blieb in der Bundesrepublik in seiner Nazi-Fassung aus dem Jahr 1935 bis 1969 unverändert in Kraft. In vielen Ländern dieser Welt sind Schwule und Lesben heute noch schwerer Verfolgung ausgesetzt. Aus seiner Geschichte heraus hat Deutschland eine besondere Verantwortung, Menschenrechtsverletzungen gegenüber Lesben und Schwulen entschieden entgegenzutreten.“

Die Übergabe stieß auf großes Interesse – bereits vorab hatten sich 450 geladene Gäste angemeldet.

Ingar Dragset bei der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Ingar Dragset bei der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Klaus Wowereit und Rosa von Praunheim bei der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Klaus Wowereit und Rosa von Praunheim bei der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Bernd Neumann bei der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Bernd Neumann bei der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

An der feierlichen Übergabe an die Öffentlichkeit (siehe ‚Worte und Küsse‚) nahmen teil Bernd Neumann, (Kulturstaatsminister), Klaus Wowereit (Regierender Bürgermeister von Berlin), Günter Dworek (LSVD), Albert Eckert (Initiative ‚Der homosexuellen NS-Opfer gedenken‘) und Linda Freimane (ILGA Europe). Die beiden Künstler Michael Elmgreen und Ingar Dragset waren bei der Übergabe anwesend.

Auf der Erläuterungs-Tafel am Denkmal heißt es: „Im nationalsozialistischen Deutschland fand eine Homosexuellen-Verfolgung ohne gleichen in der Geschichte statt. 1935 ordneten die Nationalsozialisten die umfassende Kriminalisierung männlicher Homosexualität an. Dazu wurden die im § 175 des Strafgesetzbuches vorgesehenen Bestimmungen gegen homosexuelles Verhalten erheblich verschärft und ausgeweitet. Bereits ein Kuss unter Männern konnte nun zu Verfolgung führen. § 175 bedeutete Gefängnis oder Zuchthaus. Es gab über 50.000 Verurteilungen. Teilweise konnten die NS-Behörden die Kastration Verurteilter erzwingen. Mehrere tausend Schwule wurden wegen ihrer Homosexualität in Konzentrationslager verschleppt. Ein großer Teil von ihnen überlebte die Lager nicht. Sie starben aufgrund von Hunger, Krankheiten und Misshandlungen oder wurden Opfer gezielter Mordaktionen.

Erläuterungstafel am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Erläuterungstafel am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

Die Nationalsozialisten haben die Lebenswelten von Schwulen und Lesben zerschlagen. Weibliche Homosexualität wurde – außer im annektierten Österreich – nicht strafrechtlich verfolgt. Sie galt den Nationalsozialisten als weniger bedrohlich. Gerieten lesbische Frauen dennoch in Konflikt mit dem Regime, waren auch sie Repressionen ausgesetzt. Schwule und Lesben lebten in der NS-Zeit eingeschüchtert und unter stetem Zwang zur Tarnung.
Lange Zeit blieben die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus aus der Gedenkkultur ausgeschlossen – in der Bundesrepublik wie in der DDR. Hier wie dort wurden Schwule lange Zeit weiter strafrechtlich verfolgt. In der Bundesrepublik Deutschland galt der § 175 unverändert bis 1969 fort.
Aus seiner Geschichte heraus hat Deutschland eine besondere Verantwortung, Menschenrechtsverletzungen gegenüber Schwulen und Lesben entschieden entgegenzutreten. In vielen Teilen dieser Welt werden Menschen wegen ihrer sexuellen Identität heute noch verfolgt, ist homosexuelle Liebe strafbar und kann ein Kuss Gefahr bedeuten.

Mit diesem Denkmal will die Bundesrepublik Deutschland
– die verfolgten und ermordeten Opfer ehren,
– die Erinnerung an das Unrecht wach halten und
– ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben setzen.“ (Quelle: stiftung-denkmal.de)

Ein breites Presseecho fand das Denkmal schon vorab, von „Ecce homo“ über (nicht ganz zutreffend) „Endlos küssende Männer“ und „Ein dynamisches Denkmal“ bis „gleichgestellt“ und „Memorial to gay holocaust victims“. Besonders lesenswert: Elmgreen und Dragset im Interview über den Streit um das Denkmal [Text leider nicht mehr online].

Vereinzelt wurde auch Kritik am Denkmal geäußert.
Dass mit Bernd Neumann ausgerechnet ein Vertreter derjenigen Partei das Denkmal einweiht, die auch für das Fortbestehen der NS-Fassung der Paragraphen 175 und 175a bis 1969 verantwortlich war, hat für manchen nachdenklichen Besucher einen bitteren Beigeschmack – der jedoch nur leise, am Rande geäußert wurde.
Deutlicher wird das das whk in seiner Kritik. Es spricht von einer „Verhöhnung der Opfer des nationalsozialistischen Terrors“, verweist auf einen von Manfred Herzer postulierten Rosa-Winkel-Mythos (dass die große Mehrheit der Homosexuellen „genau wie die anderen deutschen Männer und Frauen zu den willigsten Untertanen und Nutznießern des Nazistaates gehörte“ ) und meint nun werde man „am Rande des südöstlichen Großen Tiergartens auch so prominenten Opfern die Ehre erweisen wie dem bis 1945 an exponierter Stelle tätigen Theaterintendanten Hanns Niedecken-Gebhard, der 1936 die Festspiele zur Olympiade und 1937 Berlins 700-Jahrfeier inszenierte. Oder dem Weltrekordläufer Otto Peltzer. Bevor er 1938 wegen §175 nach Plötzensee und später Mauthausen kam, hatte er die Reichswacht redigiert, um ‚die Jugend auf die Bedeutung der Rassenhygiene hinzuweisen‘, in seiner Dissertation für ‚die zwangsmäßige Unfruchtbarmachung geistig Minderwertiger und somit Entarteter‘ sowie deren ‚Absonderung in Arbeitskolonien‘ plädiert und als NSDAP- und SS-Mitglied Reden für das SS-Siedlungsamt gehalten.“

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Am 3. Juni 2018, zum 10. Jahrestag der Einweihung des Denkmals, hielt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine viel beachtete Rede: Gedenken an die verfolgten Homosexuellen in der NS-Zeit

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Das Denkmal befindet sich an der Ebert-Straße Ecke Hannah-Arendt-Straße.
Weitere Informationen auch auf www.gedenkort.de

siehe auch: Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen Fotos Einweihung 2008

siehe auch Übersicht über die Denkmale für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

Neusustrum – vergessenes Lager der Homosexuellen
Værnets Experimente in Buchenwald
KZ Buchenwald Gedenkstein Homosexuelle NS-Opfer

PS. Die Verfolgung der Homosexuellen endete nicht mit 1945, und auch nicht 1969. Ein Beispiel (unter vielen denkbaren) in dem sehr lesenswerte Beitrag „Aversionstherapie 1973“ (leider inzwischen nicht mehr online).

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ein schwuler Präsident ?

Demnächst ein schwuler Präsident ?

demnächst ein schwuler Präsident ?
demnächst ein schwuler Präsident ?

Während die SPD noch verschnarcht überlegt, ob man denn als ‚Volkspartei‘ einen eigenen Kandidaten, oder gar ganz mutig eine eigene Kandidatin zur Wahl des Bundespräsidenten aufstellen sollte, …

und in Deutschland einige schwule Bürgermeister ihres Amtes walten, i.d.R. ohne große homopolitisch besonders bemerkenswerte Taten …
zeitgleich London sich fragt, was es denn mit dem da nach Livingston anfangen soll …
während Rom sich erstaunt die Augen reibt, dass ein Ex-Faschist (unterstützt von der Gleichberechtigungs-Ministerin) tatsächlich meint, was er sagt (und den für den 7. Juni geplanten CSD in Rom verbieten möchte) …

… wärenddessen heißt es in Frankreich:

demnächst ein schwuler Präsident ?
demnächst ein schwuler Präsident ?

2012 ein schwuler Präsident?„, fragt sich – nein, nicht ganz Frankreich, wohl aber das größte Schwulen- Magazin des Landes, ‚Tetu‘, in seiner aktuellen Ausgabe. Und kommt gleich mit einem Katalog an Eigenschaften und Maßnahmen, die ein schwuler Kandidat der nächsten ‚Presidentielles‘ berücksichtigen müsste.

Das Ganze ist natürlich nicht völlig ohne Hintergrund. Nachdem Ségolène Royal die letzte Präsidentschaftswahl in Frankreich im Vor- und Hauptwaschgang verbaselt hat, erfreut sich der offen schwul lebende Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë größter Beliebtheit … und wird neben Royal (mit der er derzeit im Rennen um den Parteivorsitz ist) zunehmend als kommender Kandidat der PS für die nächste Präsidentschaftswahl in Frankreich gehandelt.

Wohlgemerkt, ‚Zarkozy‘ ist erst jüngst gewählt worden. Und kann, so er denn will, noch für eine zweite Amtszeit kandidieren. Auch wenn er derzeit den traurigen Rekord geschafft hat, in kürzester Zeit zum unbeliebtesten Präsidenten zu werden – unterschätzen sollte man ihn nicht …

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Text 30. Januar 2017 von ondamaris auf 2mecs

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Lech Kaczynski Mitglied in der Hall of Shame

Polens Staatschef Kaczynski macht ‚Karriere‘. Wenn auch unfreiwillig.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte anlässlich des Welttags gegen Homophobie Lech Kaczynski (gegen den LGBT in Berlin 2006 protestierten) zum Mitglied ihrer „Hall of Shame“ – zusammen mit dem Staatschef von Uganda sowie dem UK Home Office.

HRW ‚verlieh‘ Kaczynski die ‚Hall of Shame‘ Mitgliedschaft

„for denying people respect for their family. Kaczynski and his allies – including his brother, the former prime minister – have campaigned for years to deny basic rights to Poland’s LGBT people. In March 2008, in a nationally televised speech, Kaczynski railed against ratifying the European Union Reform Treaty, which would adopt the European Charter of Fundamental Rights. He claimed that provisions in the charter prohibiting discrimination based on sexual orientation would force legal recognition of same-sex relationships. He used film clips of the Canadian marriage ceremony of the US couple Brendan Fay and Thomas Moulton to warn of the “dangers” of legalizing same-sex marriage.“

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Text 30. Januar 2017 von ondamaris auf 2mecs

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Homosexualitäten

Rugby nackt

48 zu null – das ist mal ein Ergebnis.
Aber – auch vernichtende Niederlagen kann man(n) feiern …

Vor allem anscheinend die Österreicher, zumindest die österreichischen Rugby-Spieler.

Die Österreichische Rugby-Mannschaft verlor am 3. Mai in Litauen gegen die litauische Mannschaft mit 48:0 – und feierte dies in einer belebten Einkaufsstrasse der Landeshauptstadt Vilnius mit einem netten Strip.

Dieses Ereignis wurde glücklicherweise im Film festgehalten und einem Blogger sei dank veröffentlicht. Das ganze (im Gegensatz zur YouTube-Version unzensierte) Video hier leider nicht mehr online …

Die Bilder sind stellenweise ein wenig verwackelt und unscharf (ob dem Handy-Kameramann schwach wurde?) – dennoch: 2 Minuten 39 angenehme Unterhaltung.

PS. Die Polizei soll mittlerweile Ermittlungen aufgenommen haben und der österreichische Verband bat um Entschuldigung …

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Martin Dannecker Rede zur Einweihung des Magnus- Hirschfeld- Ufer am 6. Mai 2008

Zur Einweihung des Magnus-Hirschfeld-Ufers am 6. Mai 2008 hier als Dokumentation die Rede von Prof. Martin Dannecker:

Rede zur Einweihung des Magnus-Hirschfeld-Ufer am 6. Mai 2008

Heute vor 75 Jahren drangen in weiße Hemden gekleidete Studenten der Berliner Hochschule für Leibesübungen als Auftakt der „Aktion wider den undeutschen Geist“ in das Institut für Sexualwissenschaft ein. Unter den barbarischen Klängen einer Blaskapelle, die vor dem Haus Aufstellung bezogen hatte, zerstörten sie die Einrichtung des Instituts und plünderten dessen Bestände, luden sie auf einen großen Lastwagen und transportierten sie ab. Ein erheblicher Teil davon landete wenige Tage später auf dem von nationalsozialistischen Horden errichteten Scheiterhaufen. Auf diesem wurden, begleitet von dem Feuerspruch „gegen die seelenzerfasernde Überschätzung des Trieblebens“, am 10. Mai 1933 die Schriften von Magnus Hirschfeld und Sigmund Freud verbrannt.

Vernichtet wurde in jenen Tagen das Lebenswerk des homosexuellen Juden Magnus Hirschfeld, der, nicht weit von hier, das weltweit erste Institut für Sexualwissenschaft im Jahr 1919 eingerichtet und bis zu dessen Zerstörung geleitet hat. Hirschfeld befand sich in jener schrecklichen Zeit bereits im Exil. Er, der schon mehrfach von Nazis angegriffen und 1921 bei einem Attentat schwer verletzt wurde, hatte sich angesichts der immer mächtiger werdenden nationalsozialistischen Umtriebe entschlossen, von einer im Jahr 1930 angetretenen Vortragsreise nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren. Im Exil ist er an seinem 67. Geburtstag in Nizza gestorben.

Martin Dannecker Rede zur Einweihung des Magnus- Hirschfeld- Ufer am 6. Mai 2008
Martin Dannecker Rede zur Einweihung des Magnus- Hirschfeld- Ufer am 6. Mai 2008

Hirschfeld, der am 14. Mai 1868 im pommerschen Kolberg als Sohn eines angesehenen Arztes geboren wurde, ist mit Berlin auf besondere Weise verbunden. Hier, in Charlottenburg, lässt er sich, nachdem er vorher zwei Jahre in Magdeburg praktiziert hatte, 1896 als 28-jähriger Arzt nieder. Offenbar befand er sich während dieser Zeit in hochgespannter Stimmung, die ausgelöst wurde durch den Selbstmord eines homosexuellen Patienten von ihm und durch die Verurteilung des homosexuellen Dichters Oscar Wildes wegen „Verletzung der Sittlichkeit“ im Jahr 1895.

Diese beiden Ereignisse, so betonte Hirschfeld später immer wieder, hätten den Anstoß für seine wissenschaftliche und sexualreformerische Beschäftigung mit der Homosexualität gegeben. Der Fall des berühmten Dichters ins Nichts und der Selbstmord seines homosexuellen Patienten konnten einen, der sexuell und erotisch dem gleichen Geschlecht zugeneigt war, nicht gleichgültig lassen. Denn als Homosexueller identifiziert man sich nolens volens mit dem Schicksal anderer Homosexueller, was bedrohlich sein kann. Die Reaktionen auf die Bedrohung fallen je nach historischem Ort und individueller Voraussetzung ganz unterschiedlich aus. In Magnus Hirschfeld, der ein mutiger Mann war, reifte aus dem Gefühl der latenten Bedrohung der Entschluss heran, die Welt so zu verändern, dass in ihr auch einer wie er einen sicheren und reputierlichen Platz haben kann. Dergleichen aber muss von den Metropolen aus durchgesetzt und es muss politisch organisiert werden. Und kaum in Berlin angekommen, publizierte Hirschfeld unter dem Titel „Sappho und Sokrates“ seinen ersten sexualwissenschaftlichen Text, der mit dem nicht geringen Anspruch auftrat, die gleichgeschlechtliche Liebe zu erklären.

Mit einer gewissen Berechtigung kann dieser Text als das Gründungsmanifest der ersten Homosexuellenbewegung in der Geschichte bezeichnet werden. Denn die kleine Schrift muss zusammengedacht werden mit der kurz nach deren Publikation erfolgten Gründung des „Wissenschaftlich-humanitären Komitees“ (WhK) im Jahr 1897, dessen Vorsitzender Hirschfeld bis 1929 blieb. Das WhK war nichts anderes als eine später zu einer Bewegung angewachsene Gruppierung, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, im Namen der Wissenschaft die Gleichstellung Heterosexueller und Homosexueller durchzusetzen. Damit war mehr als die rechtliche Gleichstellung gemeint, auch wenn die Änderung des § 175 vom WhK als vordringlich angesehen wurde.

Sexualwissenschaft und Sexualreform waren für Hirschfeld untrennbar miteinander verknüpft. Durchdrungen von der Überzeugung, dass Wissen zur Vernunft führt, rückte er mit einem unbändigen Willen zum Wissen der Sexualität, nicht nur jener der Homosexuellen, zu Leibe. Er erforschte sie mit empirischen Mitteln, was damals neu und überaus originell war und zu Einsichten führte, die nicht vom klinischen Blick zugerichtet waren. Eine solche, durch ihr sexualreformerisches Standbein genuin politische Sexualwissenschaft hat es so nicht mehr gegeben. Die Nationalsozialisten, die sich durchaus sexualwissenschaftlicher Erkenntnisse zur Legitimierung ihrer Interessen bedienten, haben der Sexualwissenschaft ihre sexualreformerischen Füße abgeschlagen. Danach ging sie auf dem Kopf und hat sich erst sehr viel später wieder dem Gedanken angenähert, dass Sexualwissenschaft etwas mit der Befreiung der Sexualität zu tun hat und es folglich zu ihren Aufgaben gehört, den wie auch immer gearteten gesellschaftlichen Zugriff auf das Sexuelle zu analysieren.

Auch das außerhalb der Universität angesiedelte Hirschfeldsche Institut für Sexualwissenschaft ist, was seine in ihm gebündelten und von ihm ausgehenden Aktivitäten anbelangt, eine singuläre Erscheinung. In ihm wurde archiviert, geforscht, beraten, behandelt und fortgebildet, es organisierte Aufklärungsveranstaltungen, und das alles in bemerkenswertem Umfang. Darüber hinaus trafen sich im Institut Menschen mit einer nicht der Norm entsprechenden Sexualität. Seine Türen standen jedoch auch Besuchern aus Wissenschaft, Politik und Kunst weit offen. Fragt man sich aus der Perspektive universitärer Einrichtungen, wie das alles zu bewältigen war, kann man nur antworten: das alles wäre innerhalb einer Universität, in der es weitaus weniger bewegt zugeht, nicht möglich gewesen. Das Besondere an dem Institut von Hirschfeld liegt für mich gerade darin, dass es zwar eine wissenschaftliche Einrichtung, aber keine akademische Institution mit den einer solchen eigenen Strukturen und Gesetzen war.

Hirschfelds wissenschaftliche Grundüberzeugung, auf deren Basis er das sexuelle Leben verändern und die Reform des Strafrechts durchsetzen wollte, bestand in einem ebenso groben wie naiven Biologismus. Er hat die als widernatürlich bezeichnete Homosexualität und andere, von der Heterosexualität abweichende Sexualitäten kurzerhand der Natur zugeschlagen, das heißt, sie als angeboren bestimmt. Ihm zufolge handelt es sich bei der konträren Sexualempfindung um einen tief innerlichen konstitutionellen Naturtrieb. Ein so verstandener Trieb sei dem freien Willen entzogen, woraus folgt, dass das positive Recht sich gegen die Natur stellt und damit Unrecht ist. Mit dieser Erweiterung der Natur des Geschlechtstriebes, so glaubte Hirschfeld, sei die hegemoniale Heterosexualität entthront, was dazu führen müsse, die anderen Sexualitäten als gleichberechtigt anzusehen und anzuerkennen. Aus dieser theoretischen Grundüberzeugung folgt gewissermaßen das sexualwissenschaftliche Programm Hirschfelds oder, anders gesagt, sein lebenslanges Interesse an den nicht heterosexuellen Sexualitäten. Diese fungieren gleichsam als Wirklichkeitsphänomene, die schon durch ihre bloße Existenz belegen, dass Sexualität nicht nur Heterosexualität, sondern sehr viel mehr ist und den damals gängigen Vorstellungen ein viel zu enger Begriff von Sexualität zugrunde liegt.

Was Hirschfeld versuchte, war, die biologische Norm mit dem mit ihr zusammengedachten spezifischen, sprich heterosexuellen, Sexualobjekt zu erweitern. Die Idee einer biologischen Norm wurde durch diese Erweiterung indes nicht außer Kraft gesetzt. Freud ging in der ersten der „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ in dieser Hinsicht sehr viel weiter. Bei ihm findet sich keine relevante Formulierung, die den Begriff einer biologischen Norm rechtfertigen würde. Freud zufolge hat der Sexualtrieb kein spezifisches Objekt und es fehlt ihm auch die ihm von Hirschfeld unterstellte Finalität. Im Gegensatz zu Hirschfeld, der alle möglichen Sexualobjekte der Natur zuschlug und sie als angeboren bezeichnete, ist für Freud der Geschlechtstrieb von Natur aus unabhängig von seinem Objekt. Diese grundstürzende Einsicht in die Unabhängigkeit des Triebes von seinem Objekt verlangt nicht weniger, als sich von der Idee einer angeborenen Heterosexualität zu verabschieden.
Zugeschlagen hat Hirschfeld der Natur in seiner interessanten Zwischenstufenlehre aber nicht nur das Sexualobjekt, sondern auch die von ihm beobachteten sexuellen und seelischen Geschlechtseigenschaften. Die körperlich männlichen homosexuellen Männer sind ihm zufolge von Natur aus mit deutlichen Zügen des Gegengeschlechts, also weiblichen Zügen ausgestattet. Damit versucht Hirschfeld eine Antwort auf die alte Frage, was für Männer homosexuelle Männer eigentlich sind und was die männerliebenden Männer an ihren Sexualobjekten begehren. Dadurch, dass Hirschfeld das Differente, das Feminine an den homosexuellen Männern immer betont hat, brachte er zum Vorschein, dass es andere als die damals gängigen Möglichkeiten gibt, männlich zu sein, worauf sowohl jene homosexuellen Männer, die die klischierte Männlichkeit adorierten, als auch die heterosexuellen Männerhelden mit heftiger Ablehnung, ja Wut reagierten. Und er brachte durch sein Beharren auf der biologischen Verankerung der sexuellen Zwischenstufen ins allgemeine Bewusstsein, dass Anerkennung immer die Anerkennung von Unterschieden erfordert. Das ist ein bis heute gültiges sexualpolitisches Programm, auch wenn wir uns die Unterschiede gegenwärtig als sozial konstruiert und nicht als biologisch determiniert denken.

Heute wird in Erinnerung an Magnus Hirschfeld ein Uferstück nach ihm benannt. Was fehlt, ist die Wiedererrichtung eines sexualwissenschaftlichen Instituts, das Hirschfelds tragfähige Intentionen aufgreift. Ohne ein solches Institut bliebe die Erinnerung an ihn nur fragmentarisch. Die Initiative „Queer Nations“ hat dieses, durch die Zerstörung seines Instituts zu einer bloßen Idee gewordene, Erbe Hirschfelds aufgegriffen, um es im Gedenken an ihn wieder zu materialisieren. Ich hoffe, dass ihr das bald gelingt.
Prof. Dr. Martin Dannecker, Berlin

vielen Dank an Martin Dannecker für das Einverständnis

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Text 6. März 2017 von ondamaris auf 2mecs

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Gedenken an verfolgte Homosexuelle: Homo-Mahnmal Tel Aviv

Israel hat seit 2013 sein erstes Mahnmal für die im Holocaust vernichteten Homosexuellen – das Homo-Mahnmal Tel  Aviv. 2008 vom Bürgermeister von Tel Aviv angekündigt, wurde es 2013 eingeweiht.

Seit 2013 gibt es das Homomonument in Tel Aviv – das Denkmal für im Nationalsozialismus verfolgte Homosexuelle.

Denkmal für im Nationalsozialismus verfolgte Homosexuelle / Homomonument in Tel Aviv / Israel (Foto: Christian Till, Lizenz cc-by-sa 4.0)
Denkmal für im Nationalsozialismus verfolgte Homosexuelle in Tel Aviv / Israel (Foto: Christian Till, Lizenz cc-by-sa 4.0)

Das Denkmal für im Nationalsozialismus verfolgte Homosexuelle wurde am 10. Januar 2014 in Tel Aviv, Israel eingeweiht.Christian TillCC-BY-SA 4.0

Am 2. Mai ist in Israel Holocaust Remembrance Day (Yom Hashoah). Ein Feiertag, ein besonderer Tag jedes Jahr, sich bewusst zu machen, dass der Holocaust mehr ist als ‘nur’ Teil der Geschichte. Sich zu erinnern an diejenigen die litten, diejenigen die kämpften, diejenigen die starben. An sechs Millionen ermordete Juden.

Der Holocaust – in den KZs der Nazis, an den Folgen der Terrorherrschaft litten und starben über sechs Millionen Juden, sowie auch Angehörige zahlreicher anderer Gruppen, z.B. Kommunisten und Sozialdemokraten, Roma und Sinti, aus religiösen Gründen Verfolgte. Und tausende homosexueller Männer und Frauen, die schwulen Männer meist gekennzeichnet mit dem ‘Rosa Winkel’.

Dieser homosexuelle Holocaust-Opfer wird nun auch in Israel mit einem eigenen Monument gedacht werden, dem Homo-Mahnmal Tel Aviv . Der auch 2018 wiedergewählte Langzeit- Bürgermeister von Tel Aviv, Ron Huldai, kündigte am 1. Mai 2008 an, ein Mahnmal zur Erinnerung an die homosexuellen Männer und Frauen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und im Holocaust vernichtet wurden, solle in Meir Garden in Tel Aviv errichtet werden.

Zum Gedenken an homosexuellen NS-Opfer existieren bisher weltweit nur wenige Mahnmale, z.B. in Amsterdam (Homomonument, 1987), Frankfurt am Main (Engel von Rosemarie von Trockel, 1994), Köln, Kopenhagen, San Francisco (Rosa Winkel Park, 2000/1), Sydney ( Gay and Lesbian Holocaust Memorial, 2001), Uruguay / Montevideo (‘Park of Sexual Diversity’, Rosa Winkel Monolith, 2005), in Berlin das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen sowie bereits seit 1989 die Gedenktafel Rosa Winkel am U-Bahnhof Nollendorfplatz, sowie Lübeck. In Frankreich erinnert inzwischen die ‚rue Pierre Seel’ in Toulouse an den wegen Homosexualität Verfolgten.

Am 10. Dezember 2013 weihte Bürgermeister Ron Huldai das von der Stadt Tel Aviv beauftragte und finanzierte Denkmal für homosexuelle NS-Opfer ein. Das in Form von Rosa Winkeln gestaltete Homo-Mahnmal Tel Aviv (Entwurf: Professorin Yael Moriah) befindet sich vor dem städtischen Sozialzentrum im Meir-Park.

Das Denkmal trägt (in hebräischer, englischer und deutscher Sprache, auf jedem der Winkel) die Inschrift

„Im Gedenken an jene, die vom Nazi-Regime aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Gender-Identität verfolgt wurden.“

Erinnert wird im Text u.a. an Magnus Hirschfeld, Gad Beck und Walther Gutman.

Ende Oktober 2018 wurde das Homo-Mahnmal Tel Aviv homophob beschmiert – Unbekannte hatten den Schriftzug ‚Death to LGBT‘ aufgesprüht. Die Polizei ermittelt.

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siehe auch Übersicht über die Denkmale für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

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Homosexualitäten Kulturelles

Herbert Tobias (1924 – 1982)

Der Photograph Herbert Tobias starb am 17. August 1982 in Hamburg an den Folgen von Aids.

Herbert Tobias gilt als einer der bedeutendsten und doch heute nur wenig bekannten deutschen Photographen der Nachkriegszeit.

Herbert Tobias wird am 14. Dezember 1924 in Dessau geboren, arbeitet vorübergehend an den Werkstätten des Bauhauses. Er verbringt Jugendjahre u.a. in Höxter. Nach dem Zweiten Weltkrieg besucht er in Siegburg die Schauspielschule, erhält ein Engagement bei einem kleinen Tournee-Theater.

In Paris arbeitet er als Photograph bei dem bekannten Mode-Photographen Willy Maywald, hat erste Veröffentlichungen. Tobias verlässt 1953 Paris plötzlich, siedelt 1954 nach Berlin um – er ist in einer Pariser Klappe verhaftet, anschließend wegen ‘Erregung öffentlichen Ärgernisses’ verurteilt und nach Deutschland abgeschoben worden.
In Berlin entstehen zahlreiche Mode- und Prominenten-Photos (Knef, Leander, Flickenschildt), u.a. auch vom (damals noch völlig unbekannten) Andreas Baader [vgl. Ulrike Meinhof] (Interview mit Prof. Rolf Sachsse über Herbert Tobias in der taz). Tobias wird Cover-Gestalter für die ‘Deutsche Grammophon’.

Doch mitten im Erfolg verlässt er Berlin wieder, wechselt 1969 nach Hamburg. Engagiert sich politisch. Über die früheren ‘St. Pauli Nachrichten’ lernt Herbert Tobias in den 1970ern u.a. Hans Eppendorfer kennen. Gestaltet zahlreiche Platten-Cover und wird insbesondere durch seine Arbeiten für mehrere ‘Homosexuellen-Magazine’ (wie him applaus, Du & Ich, …) und schwule Pornohefte bekannt.

Herbert Tobias erkrankt im Februar 1982. Am 17. August 1982 stirbt er in Hamburg im Alter von 57 Jahren an den Folgen von Aids.

Herbert Tobias Grabstein (Foto: Udo Grimberg)
Herbert Tobias Grabstein (Foto: Udo Grimberg; Lizenz cc by-sa 3.0)

Photographer Herbert Tobias, tomb on the main-cemetery in Hamburg-AltonaFoto: Udo Grimberg – CC BY-SA 3.0 de

Die Kosten der Beisetzung des verarmten Tobias auf dem Hauptfriedhof Altona übernimmt die Hamburger Sozialbehörde. Nach 25 Jahren soll das Grab 2007 eingeebnet werden. Einer Initiative um Bernhard Rosenkranz gelingt jedoch 2007 eine Umwandlung in ein Ehrengrab.

Das Archiv von Herbert Tobias befindet sich seit 1986 in der Fotografischen Sammlung der Berlinischen Galerie.

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Erstmal gab ab Mitte Mai 2008 eine Ausstellung einen Überblick über Schaffen und Werk des Photographen Tobias. Am 15. Mai eröffnete in der Berlinischen Galerie die Retrospektive “Blicke und Begehren – Der Fotograf Herbert Tobias (1924-1982)”. Die Ausstellung bot mit 200 zum Teil noch nie gezeigten Arbeiten einen Überblick über Tobias’ Schaffen.

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Herbert Tobias – Namen und Steine Bonn

Herbert Tobias Namen und Steine Tom Fecht Bonn
Herbert Tobias Namen und Steine Tom Fecht Bonn

Stein für Herbert Tobias, Namen und Steine – Kaltes Quadrat, Tom Fecht 1993 / Bonn Bundeskunsthalle

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“Blicke und Begehren – Der Fotograf Herbert Tobias (1924-1982)”
Berlinische Galerie
16. Mai bis 25. August 2008 (Vernissage 15. Mai, 19:00 Uhr)
danach 2009 Hamburg, Deichtorhallen.

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Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Homosexualität ist eine Krankheit

‚Homosexualität ist eine Krankheit‘.

Keine Angst, ondamaris hat nicht die Seite gewechselt.

Homosexualität ist eine Krankheit - und die Erde ist eine Scheibe (c) Bündnis Freiheit für Vielfalt
Homosexualität ist eine Krankheit – und die Erde ist eine Scheibe (c) Bündnis Freiheit für Vielfalt

„Homosexualität ist eine Krankheit, und die Erde ist eine Scheibe“ – mit diesem plakativen Motto wendet sich das Bündnis rund um die Organisatoren „Freiheit für Vielfalt“ gegen das umstrittene ‚Christival‘, das heute in Bremen beginnt.

Die Augen dürfen nicht verschlossen werden, wenn u.a. homophobe und abtreibungsfeindliche sowie andere menschenrechtsfeindliche Ansichten öffentlich unter tausenden Jugendlichen verbreitet werden“, betonen die Organisatoren. “ Wir setzen uns dafür ein, dass Bremen weiterhin eine Stadt der Vielfalt sein kann, in der jede(r) das Recht darauf hat, seine/ ihre Freiheiten zu schützen und zu leben.

Das ‚Festival‘ war aufgrund inzwischen abgesagter Workshops u.a. zur ‚Heilung von Homosexualität‘ in die Kritik geraten.
Es findet nicht nur unter der Schirmherrschaft von Bundesfamilienministerin von der Leyen statt, ihr Ministerium hat das ‚Christival‘ auch großzügig finanziell gefördert.

In Bremen stößt das ‚Christival‘ inzwischen auf immer mehr Protest. Das Bündnis „Freiheit für Vielfalt“ umfasst inzwischen die folgenden Gruppen:
– Arbeitskreis Lesben- und Schwulenpolitik Bremen
– BEFAH (Bundesverband der Eltern, Freude und Angehörigen von Homosexuellen)
– BEFAH Elterngruppe Bremen im Rat & Tat Zentrum
– Belladonna Kultur-, Kommunikations- und Bildungszentrum für Frauen e.V.
– Bündnis ’90/ Die Grünen Bremen
– Café Bi-It für bisexuelle Menschen und ihre FreundInnen
– Da capo al dente Schwul-lesbischer Chor
– Frauen in Schwarz Bremen
– Grüne Jugend Bremen
– HuK (Homosexuelle und Kirche) Bremen
– MeRSI (Menschenrechte und sexuelle Identität) Gruppe von amnesty international
– Mondaysisters offene Lesbengruppe
– Rat & Tat Zentrum für Schwule und Lesben e.V.
– Respekt SchwuLesBische Jugendgruppe
– Schwule Väter, Ehemänner und Freunde Gruppe
– Stand.Up
– Kultur- und Kommunikationsverein für Schwule und Lesben in Bremen e.V.

Zudem hat sich ‚antisexistischer Protest‘ auch in dem Bündnis „No Christival“ versammelt, das ebenfalls Aktionen plant

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Text 27. Februar 2017 von ondamaris auf 2mecs

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Homosexualitäten Paris

Jean-Daniel Cadinot 10.2.1944 – 23.4.2008

Jean-Daniel Cadinot war einer der bekanntesten und erfolgreichsten Produzenten schwuler Pornos. Er prägte einen eigenen Stil, den ‚french touch‘. Cadinot wurde am 10. Februar 1944 in Paris geboren und starb dort am 23. April 2008.

Er setzte schwule Träume in Szene, als Regisseur und Produzent: Jean-Daniel Cadinot (JDC) mit seinem Unternehmen ‚French Art‚.

Jean-Daniel Cadinot wurde am 10. Februar 1944 im Viertel Batignoles in Paris am Fuß des Montmartre geboren. Beide Eltern arbeiteten als Herrenschneider. Er nahm dies später gelegentlich zum Anlass zu frotzeln

Während meine Eltern Männer einkleideten, wurde ich dafür bekannt sie auszuziehen.

Jean-Daniel Cadinot studierte zunächst Anfang der 1960er Jahre an der Ecole des Arts et Métiers sowie der Ecole national de la Photographie. Seine Karriere als Photograph begann im Alter von 19 Jahren. Zunächst arbeitete er freiberuflich für das US-Magazin ‚After dark‘. Später war er auch für deutschsprachige Schwulenmagazine wie ‚Him‘ und ‚Du & Ich‘ sowie in Frankreich für den ‚Gai Pied‚ tätig.

Bald wurde er für seine Nackt-Portraits bekannt (u.a. des Autors Yves Navarre sowie der Sänger Patrick Juvet und Pascal Auriat). Photos von Cadinot wurden in der ersten Ausgabe des französischen Schwulenmagazins Gai Pied abgedruckt. Auch in vielen Homo-Magazinen in Deutschland finden sich in den 1970er Jahren seine Photos.

1978, nachdem er 17 Photo-Bände mit einer Gesamtauflage von über 170.000 Exemplaren veröfentlicht hatte, wechselte Jean-Daniel Cadinot vom Photographieren zum Film

„Das Foto erwies sich bald als zu begrenzt. Ich kam schnell an seine Grenzen, ich wollte Handlung und Bewegung. Ich wollte weiter gehen, wollte unsere Geschichten als schwule Männer erzählen. Video machte mir genau das möglich.“

Er begann mit der Realisierung von Filmen, mit dem 30minütigen 16mm-Film ‘tendres adolescents’ (1978). Zugleich betrieb er eines der ersten Pornofilm-Studios in Frankreich, das ebenfalls 1978 gegründete Studio ‘French Art’.

Möglich geworden war dieser Wechsel zum Pornofilm juristisch erst kurz zuvor. 1975 wurde unter Präsident Valéry Giscard d’Estaing der Pornofilm legalisiert und eine neue Kategorie X eingeführt.

Seine Filme waren bei vielen homosexuellen Konsumenten insbesondere auch deswegen beliebt: im Gegensatz zu vielen vergleichbaren Filmen US-amerikanischer Produktion arbeiteten sie mit Phantasien und Vorstellungsvermögen und wiesen auch ein gewisses Maß an Dialogen auf. Er und seine Filme hatten den besonderen ‚french touch‘.

Der mit zahlreichen Preisen (u.a. 1989 GayVN Award) ausgezeichnete Cadinot legte Wert auf Inszenierungen, eine gewisse Handlung und Kostüme. Einige seiner Pornos wiesen komplette Handlungsstränge auf. Dabei versuchte er immer wieder, schwule Phantasien zu bedienen – Karneval in Venedig, Internatsaufenthalte oder Reisen ins Magreb waren einige seiner ‘Geschichten’. Sein 48. und letzter Film erscheint erst nach seinem Tod im Verlauf Jahres 2008 unter dem Titel ‘Subversion’.

Cadinnot realisierte unter dem Pseudonymen ‚ Tony Darcq ‚ und ‚ Tony Dark ‘ (Namen mal mit ein wenig Phantasie rückwärts lesen …) auch ‘härtere’ Filme.

Im Stillen engagierte er sich auch gelegentlich – so habe er, berichtet Jean le Bitoux, in den 1990ern den ‚Gay Pride de Paris‘ finanziell unterstützt.

Die französische Tageszeitung Liberation bezeichnete ihn 2005 als „un de nos plus grands cinéaste“ (‚einen unserer größten Filmschaffenden‘, Übers. UW)..

Jean-Daniel Cadinot wurde 64 Jahre alt. Er starb am 23. April 2008 in Salouël (Dep. Somme), nach Angaben seiner offiziellen Website an den Folgen eines Herzstillstands. Er ist auf dem Cimetière de Montmartre beigesetzt (Grabstelle in der offiziellen Friedhofs-Broschüre nicht erwähnt).

Nach Cadinots Tod wurde sein Unternehmen French Art fortgeführt von François Orenn. Orenn hatte bereits Filmmusik für ihn geschrieben, und seit 2002 bereits das Unternehmen geleitet. 2013 wurden die Marke Cadinot sowie die exklusiven Vertriebsrechte an allen Filmen gemeinsam erworben von StudioPresse und PinkTv. Die Website cadinot.fr wird seitdem von StudioPress (u.a. auch Citebeur)  betrieben.

Ein filmisches Denkmal gesetzt bekam er 2005 mit dem  Dokumentarfilm „Le Mystère Cadinot“ von Olivier Ciappa.

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Jean-Daniel Cadinot verabschiedete sich selbst in seinem Blog mit den Worten

“wenn ihr dies lest, habe ich die Kamera aus den Händen gelegt, die Lichter gelöscht, die Vorhänge herunter gezogen …”

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Jean-Daniel Cadinot Grab

Grab von Jean Daniel Cadinot auf dem Cimetière de Montmartre in Paris (Foto: Janericloebe)
Grab von Jean-Daniel Cadinot auf dem Cimetière de Montmartre in Paris (Foto: Janericloebe, publicdomain)

Grabsteinrückseite von Jean Daniel Cadinot auf dem Friedhof Cimetière de Montmartre in Paris – JanericloebePublic Domain

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Homosexualitäten

Wichsen ohne Kant

Selbstbefriedigung ist ja immer wieder ein ergiebiges Thema. Erst jüngst lernten wir “ wichsen ist gesund “. Nun, dann ein wenig Sonntagslektüre zum Thema …

Warum steht Onanie vulgo Wichsen eigentlich in der Neuzeit in so schlechtem Ruf?

“Ausgerechnet die Aufklärung war es, die Masturbation zum gesellschaftlichen Übel erklärte …”

Und wie war das früher?

“Galen, bis zur frühen Neuzeit die wichtigste medizinische Autorität, begrüßte jede Abfuhr überschüssiger Körpersäfte.”

Und wie halten’s die Deutschen?

“In keinem Land wurde der Selbstbefriedigung so systematisch auf den Leib gerückt.”

Selbst Kant (ja, einige fragen sich ja sogar ‘wie schwul war Kant‘) soll ja …

“Für Kant war Selbstbefriedigung schlimmer als Suizid. Anders als beim Selbstmord, bei dem das Individuum aus freien Stücken in echter Verzweiflung handelt, ist der Onanist ein willenloses Objekt seiner Begierde.”

Alle Zitate von dem Kulturwissenschaftler Prof. Thomas Laqueur im Interview mit der ‘Zeit’ unter dem schönen Titel “Teufelszeug”. Prof. Laqueur ist Autor des Buchs ‘Solitary Sex: A Cultural History of Masturbation‘.

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