Ronald Reagan, der 40. Präsident der USA, wäre vor einigen Tagen 100 geworden. ‚Reaganiana‘, mit monatelangen Feierlichkeiten wird dieser Anlass nicht nur in den USA begangen. Auch in Deutschland forderten Politiker, Plätze oder Straßen nach Ronald Reagan zu benennen, so in Berlin die ‚ Ronald-Reagan-Strasse ‚..
Auch in Berlin forderte der Senat die Bezirke auf, Vorschläge für Umbenennungen einzureichen. Nun ist scheinbar ein Reagan-Fan von sich aus aktiv geworden – über Nacht verwandelten sich die Kleine Alexander- und die Weydingerstraße in „Ronald-Reagan-Straßen“:
geehrter Aids-Ignorant? Ronald-Reagan-Straße in Berlin (12.2.2011; Foto: Andreas Günther)
Aus dem Vorschlag der CDU Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf, den Joachimsthaler Platz am Ku’damm (und nahe zur Berliner Aids-Hilfe …) in ‚Ronald-Reagan-Platz‘ umzubenennen, wird hoffentlich nichts. Die SPD-Fraktion jedenfalls wird gegen den Vorschlag stimmen, teilte der Fraktionsvorsitzende auf Anfrage mit.
Und auch die partisanenhafte ‚Ronald-Reagan-Straße‘ in Berlin Mitte ist hoffentlich nur eine sehr vorübergehende Erscheinung.
Aids ist die neue Pest – und die Verantwortlichen haben sie bewusst zugelassen, beschönigen und belügen uns. Mit starken Worten kritisiert US-Autor und Aids-Aktivist Larry Kramer die Situation 30 Jahre nach Beginn der Aids-Krise.
„Ich möchte dein Herz brechen – aber ich befürchte, nach dem Lesen werden mehr Menschen sauer auf mich sein als mir zustimmen.“ So beginnt der Autor, Gründer von ACT UP und langjährige US- Aids-Aktivist Larry Kramer einen Kommentar auf den Internetseiten des US-Nachrichtensenders CNN.
Kramer beschreibt in seinem Kommentar zehn „Realitäten“: 1. Aids sei in jeder Hinsicht eine Pest, eine Plage – nur traue niemand sich, dies auch auszusprechen. 2. Zu viele Menschen empfänden explizit Hass gegen diejenigen, die von Aids am meisten betroffen seien: Schwule und Farbige. 3. Ebenso würden zwei Bevölkerungsgruppen als geradezu entbehrlich betrachtet: Menschen, die nicht Sex haben auf die gleich Weise wie sie [die Mächtigen], und Menschen die Drogen nehmen um eine Welt besser aushalten zu können, die sie als elend empfinden. 4. Aids hätte nicht zu einer Plage werden müssen – es wurde aber hingenommen, dass dies geschieht. 5. Aids ist eine Plage, die nicht verschwinden wird. Sie wird schlimmer. 6. Es gebe keine Heilung, und die zur Erforschung einer Heilung eingesetzten Mittel seien äußerst gering – bezeichnend für ein Land und eine Welt, die diese Plage nicht beenden wollten. 7.Es gebe keinen Anreiz für Pharmaunternehmen, eine Heilung zu finden – sie verdienten Milliarden mit Medikamenten zu stark überhöhten Preisen, die HIV-Infizierte nehmen müssen. Medikamente, die uns (so Kramer) nur am Leben lassen, aber gerade noch infiziert genug, um möglicherweise andere zu infizieren. 8. Alle Präventionskampagnen bisher seien „zu dumm, nutzlos, feige“ um irgend etwas zu bewirken. 9. Weder in den USA noch sonst irgendwo auf der Welt gebe es unter den Verantwortlichen jemanden Nützliches, und dieser Mangel an anständigen, verantwortungsvollen und humane Führern bestehe seit Beginn der Epidemie 1981. Diejenigen in Verantwortung belügen uns (nach Kramers Ansicht); er betrachte sie als Mördern gleich. 10. Inzwischen sei einer von fünf schwulen Männern in den USA HIV-positiv, und über 50% davon wüssten es nicht. So wie sich die Situation entwickele, könnten bald alle Schwulen der USA HIV-positiv sein – und einer Reihe von Menschen würde dies gefallen.
Trotz all dieser erschreckenden Fakten und Aussagen – niemand rege sich auf. Die Herrschenden belügen uns wenn sie behaupten, die HIV-Epidemie sei unter Kontrolle, allerdings sei HIV zu kompliziert, um es auszurotten.
Wir sollten ihnen, so Kramer, nicht glauben, aus einer Vielzahl von Gründen (die er einzeln benennt, von fehlenden Heirats- und Adoptions-Rechten bis fehlender Chancengleichheit).
Die Aids-Plage finde jetzt statt. Dieser Plage wurde es absichtlich erlaubt stattzufinden. Der Hass finde immer wieder erneut einen Weg.
Bei einigen US- Aids-Aktivisten stößt Kramers Kommentar auf Zustimmung. So kommentierte Eric Sawyer, endlich spreche mal jemand die Wahrheit aus. Andere wiesen darauf hin, dass Kramer Themen außer acht gelassen habe, wie die Kriminalisierung HIV-Positiver.
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Larry Kramer ist u.a. auch der Gründer von ACT UP. In Deutschland und (bis auf die Ausnahme Paris) Europa ist ACT UP inzwischen kaum mehr als ein Mythos. Anders in den USA – hier ist der Geist, die Grundhaltung, die ACT UP zugrunde lag, wach – auch und vor allem immer wieder in mahnenden Worten Larry Kramers.
Larry Kramer ist bekannt dafür, oft sehr deutliche Worte zu finden. Ihm wird gelegentlich der Vorwurf gemacht, über das Ziel hinaus zu schießen. Und er hat nach Ansicht einiger Kritiker auch aus dem Aids-Bereich manchmal eine eigenwillige, verzerrte Sichtweise oder Perspektive auf Sachverhalte.
So scheint Kramer (wie viele US-Aktivisten) das EKAF-Statement und seine Bedeutung weiterhin außer Acht zu lassen. Und er geht implizit von der Situation in den USA aus – nicht alle Präventions-Kampagnen in Europa erscheinen als „zu dumm, nutzlos, feige“. Hinzu kommt, Kramer argumentiert vor dem Hintergrund einer Situation in den USA, die aufgeheizt ist und differenzierte Debatten nicht befördert (ein kurzes Stöbern in den Kommentaren unter dem CNN-Kommentar gibt einen lebhaften Eindruck).
Doch all die womöglich berechtigte Kritik an Kramers Argumentation und besonders Art, sie zu präsentieren ändert nichts daran:
Kramer wirft wichtige Fragen auf, weist auf Tabus und nicht thematisierte Probleme hin – von der schwierigen Rolle und dem problematischen Verhalten der Pharmaindustrie über das Schweigen vieler Schwulen (-organisationen) bis zum Schwiegen oder Versagen vieler Politiker.
Normalisierung? Weit gefehlt – auch dies sagt Kramers ‚Weckruf‘.
Am 31. Mai 1967 starb in New York der Pianist, Arrangeur und Komponist Billy Strayhorn. Strayhorn, Schöpfer unvergessener Stücke wie ‚Take the A Train“, war einer der bedeutendsten Jazz-Arrangeure – und lebte in den USA der 30er und 40er Jahre offen schwul.
Am 29. November 1915 in Dayton (Ohio) als William Thomas Strayhorn geboren, wuchs Billy Strayhorn zunächst in der Nähe von Pittsburgh auf. Seine Großmutter, selbst Pianistin für den örtlichen Kirchenchor, unterstützte sein frühes Interesse für Musik, doch erhielt er -auch aufgrund seiner Hautfarbe- in seiner Kindheit kaum musikalische Ausbildung.
Anfang der 1930er Jahre begeisterte er sich für Jazz, begann mit eigenen Kompositionen, bildete 1937 eine eigene Band. 1938 lernte er Duke Ellington kennen, damals bereits ein erfolgreicher Bandleader. Am 2. Dezember 1938 durfte Strayhorn Ellington vorspielen. Ellington nahm in in seine Band auf – und in sein Haus in Harlem, Strayhorn wurde Mitglied der ‚Ellington Family‘.
Billy Strayhorn am 14. August 1958 (Foto: Carl Van Vechten / public domain)
Portrait of Billy Strayhorn – Carl Van Vechten Photographs – Public Domain
Von 1939 an bis zu seinem Tod war Billy Strayhorn Mitglied des Orchesters von Duke Ellinton. Er schuf dabei zahlreiche unvergessliche Stücke, unter anderem „Take the A Train“ (das von Strayhorn, nicht wie oft angenommen Ellington stammt).
Zu ‚Take the A Train“ gibt es eine nette Geschichte zur Entstehung des Titels: Nachdem Strayhorn nach einer Matinee-Show in Pittsburgh bei Ellington vorspielen durfte, reiste Ellington mit seinem Orchester wieder ab. Er versprach sich zu melden. Doch Strayhorn war ungeduldig – und reiste nach einem Monat selbst nach New York. Er suchte Ellington, der ihm eine Notiz hinterlassen hatte, wie er in New York zu finden sei: ‚Nehmen Sie U-Bahn-Linie A‘ – Take the A Train. Strayhorn tauchte unangemeldet bei Ellington auf, im Gepäck als Gastgeschenk eine Komposition – eben jenes ‚Take the A Train‘, das bald zur Erkennungsmelodie des Duke Ellington Orchesters werden sollte. Strayhorn selbst wurde aufgenommen – in Orchester und Familie.
Strayhorn selbst wohnte nur ein Jahr in Ellingtons Haus, zog schon 1939 mit seinem Freund, dem Musiker Aaron Bridgers zusammen. Ihre offen schwule Beziehung war bald in der ganzen farbigen Musik-Szene bekannt.
Für Ellington war Strayhorn zeitlebens mehr als „nur“ Musiker und Orchester-Mitglied. Beide verband eine sehr innige Freundschaft, die Ellingtons Enkelin einmal mit „ich glaube es war eine Form von Liebe“ beschrieb.
Strayhorn blieb bewusst immer eher im Hintergrund – und ist so bis heute zwar einer der wichtigsten, aber auch einer der unbekanntesten ‚Größen‘ des Bigband-Jazz.
1964 wurde bei ihm Speiseröhren-Krebs diagnostiziert. Am 31. Mai 1967 starb Billy Strayhorn im Alter von nur 59 Jahren in New York.
Billy Strayhorn – ein in vielerlei Hinsicht ungewöhnlicher Mann. Ein zurückhaltender und in seiner Bedeutung nicht zu überschätzender Jazz-Musiker, und ein Mann, der als Farbiger offen schwul lebte, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – in einer Zeit und Gesellschaft, in der dies alles andere als ’normal‘ war …
“we’re part of a vast rebellion of all the repressed” – mit diesen Worten beschreibt der US-amerikanische Schriftsteller Edmund White in einem Brief, was sich Ende Juni 1969 am New Yorker Stonewall Inn abspielte – den Beginn dessen, was heute als CSD gefeiert wird.
Die CSD-Saison hat bereits begonnen, viele größere und kleine Städte feiern wieder den “Christopher Street Day”. Feiern – und über das Feiern ist der Ursprung dessen, was heute Selbstverständlichkeit scheint, weitgehend in Vergessenheit geraten: das Aufbegehren von Schwulen gegen Polizei-Willkür am Stonewall Inn. Erst seit kurzem ist ein Brief breit verfügbar, in dem US-Schriftsteller Edmund White 1969 über die Vorgänge berichtet.
New York Ende der 1960er Jahre. Immer wieder führt die Polizei Razzien durch in Bars, die als Homosexuellen-Treffpunkte gelten. Drangsalierungen, Erniedrigungen, Diskriminierungen. So auch in der Nacht des 27. auf den 28. Juni 1969. Wieder einmal Polizei-Razzia im ‘Stonewall Inn’ in der Christopher Street im New Yorker Greenwich Village.
Harvey Milk wurde am 22. Mai 1930 in Woodmere nahe New York geboren. Er war 1977 der erste offen schwule Stadtrat in San Francisco. Vermutlich war er der erste offen schwul lebende Politiker überhaupt in den USA. Am 27. November 1978 wurde Milk nach nur elfmonatiger Dienstzeit vom ehemaligen Stadtrat Dan White erschossen.
2009 wurde Milk posthum von Präsident Obama mit der Freiheitsmedaille ausgezeichnet. 2018 ist die Benennung eines Terminals des Flughafens von San Francisco nach Harvey Milk geplant.
Harvey Milk as Mayor for a Day, March 7, 1978, Photo by Daniel Nicoletta, Lizenz cc by-sa 3.0
Harvey Milk filling in for Mayor Moscone for a day in 1978 – Daniel Nicoletta – CC BY-SA 3.0
Nach seinem gewaltsamen Tod wurde Milk zu einer schwulen Ikone, zu einem Symbol eines neu erwachten schwulenpolitischen Bewusstseins im San Francisco der 1970er Jahre.
In Kalifornien wird am 22. Mai 2010 erstmals offiziell der “Harvey Milk Day” begangen. Gouverneur Schwarzenegger hatte in der Nacht zum 12. Oktober 2009 nach langem Sträuben den ‘Harvey Milk Day bill’ (AB 2567) unterzeichnet.
Das Harvey Milk Day – Gesetz (AB 2567) wurde im ersten Anlauf trotz positiver Verabschiedung im kalifornischen Senat am 30. September 2008 durch Gouverneur Schwarzenegger mit einem Veto verhindert. Doch der Senator Mark Leno brachte das Gesetz (unter der neuen Bezeichnung SB 572) im Februar 2009 erneut im Senat ein. Am 14. Mai 2009 stimmte der kalifornische Senat diesem Gesetz zu. Aktivisten hatten bis zuletzt ein erneutes Veto Schwarzeneggers befürchtet, doch Gouverneur Schwarzenegger unterzeichnete es kurz vor Ablauf der Frist um Mitternacht. Nahezu 40.000 Bürger Kaliforniens hatten eine entsprechende Petition unterstützt.
Geoff Kors, Geschäftsführer von ‘Equality California’, kommentierte, erstmals sei eine offen schwul-lesbisch-transgender Person offiziell durch eine Regierung anerkannt worden. Im Ergebnis würden nun die Errungenschaften Harvey Milks für Jahrzehnte an Schulen unterrichtet:
“The Milk Day Bill marks the very first time an openly LGBT person has been officially recognized by any state government. As a result, Harvey’s legacy and our history will be taught for decades to come and youth will learn that they have a role model who sacrified everything to make the world safer and more equal for them.”
Gleichzeitig unterzeichnete Schwarzenegger den ‘Bill 54′, mit dem in anderen Staaten geschlossene Homo-Ehen in Kalifornien zukünftig anerkannt werden.
„Hope will never be silent“
Der Harvey-Milk-Tag soll in ganz Kalifornien mit besonderen Aktionen begangen werden, insbesondere an öffentlichen Schulen und Bildungseinrichtungen soll dem Tag Rechnung getragen werden. Der ‘Harvey Milk Day’ wird (aus Kostengründen) kein arbeitsfreier Feiertag sein, sondern ein sog. ‘day of significance’, der fünfte dieser Art in Kalifornien.
Im Gesetzestext des Senats heißt es
“This bill would require the Governor to proclaim May 22 of each year as Harvey Milk Day, and would designate that date as having special significance in public schools and educational institutions and encourage those entities to conduct suitable commemorative exercises on that date.”
Der ‘Harvey Milk Day 2010′ stand unter dem Motto ‘Hope will never be silent’ – Hoffnung wird nie schweigen …
“There is hope for a better world, there is hope for a better tomorrow! Without hope, not only gays, but those blacks, the disabled, the seniors, the us, without hope, the us give up! I know that you cannot live on hope alone but without it life is not worth living! but you, and you, and you got to give them hope!” (Harvey Milk)
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2008: Harvey Milk Büste im Rathaus San Francisco
Am 22. Mai 2008 – es wäre Milks 78. Geburtstag gewesen – wurde im Rathaus von San Francisco nach siebenjährigen Vorbereitungsarbeiten eine Büste Milks in einer öffentlichen Zeremonie enthüllt. Die Büste steht in der ‘Ceremonial Rotunda’.
Die Bronze-Büste ist ein gemeinsames Projekt des Komitees ‘Harvey Milk City Hall Memorial‘ und der San Francisco Arts Commission.
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SFO – bald mit Harvey Milk Terminal
Terminal 1 des San Francisco International Airport SFO wurde am 23. Juli 2019 offiziell nach Harvey Milk benannt.
Die Umbenennung wurde ursprünglich bereits 2013 vorgeschlagen. Der damalige (ebenfalls offen schwule) Supervisor David Campos strebte an, den gesamten Flughafen nach dem ehemaligen Stadtrat zu benennen.
Ein daraufhin eingesetztes Gremium schlug 2017 vor, zwar nicht den gesamten Flughafen, aber Terminal 1 als Harvey B. Milk Terminal zu benennen. Das zuständige Finanzgremium der Stadt stimmte dem am 22. März 2018 zu.Das SFO Museum forderte im Oktober 2018 die Bürger der Stadt auf, Erinnerungsstücke an Harvey Milk wie z.B. Photographien für zwei Ausstellungen Terminal zur Verfügung zu stellen. Die Ausstellungen sollen im Sommer 2019 (Eröffnungsausstellung) und ab Beginn des Jahres 2020 (Dauerausstellung) im dann umbenannten Harvey B. Milk Terminal stattfinden.
Terminal 1 ist auf die jährliche Abfertigung von bis zu 17 Millionen Passagieren ausgelegt.
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2009: Freiheitsmedaille für Harvey Milk
Am 12. August 2009 wurde der 1978 ermordete erste offen schwule US-Politiker Harvey Milk von US-Präsident Obama posthum mit der Freiheits-Medaille ausgezeichnet. Die Freiheits-Medaille ist die höchste Ehrung der USA für Zivilpersonen.
US-Präsident Obama kündigte am 29. Juli 2009 an, dass Milk für seine Verdienste posthum die Freiheits-Medaille verliehen werde. Stellvertretend für Harvey Milk wird die Medaille in einer Zeremonie am 12. August 2009 von seinem Neffen Stuart Milk in Empfang genommen werden.
Das Weiße Haus teilte zur Verleihung an die insgesamt 16 Empfänger mit
“This year’s awardees were chosen for their work as agents of change. Among their many accomplishments in fields ranging from sports and art to science and medicine to politics and public policy, these men and women have changed the world for the better. They have blazed trails and broken down barriers. They have discovered new theories, launched new initiatives, and opened minds to new possibilities.”
Die Presidential Medal of Freedom wurde 1945 von Harry S. Truman eingeführt als Ehrung für herausragende Dienste während des 2. Weltkriegs. John F. Kennedy wandelte sie 1963 in eine Ehrung für zivile Dienste in Friedenszeiten um..
2016 – Gedenken an Harvey Milk
Während des Nominierungs-Parteitags der Demokraten benannte der Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, Tim Kaine, historische Persönlichkeiten, die dazu beitrugen, dass die USA „the next chapter in our great and proud story“ öffnen. Neben einigen anderen Persönlichkeiten (als Abnerkennung ihres Status‘ nur bei Vornamen genannt) führte er auch an „Martin had a dream and Cesar y Dolores said si se puede. And Harvey gave his life„.
Die US Navy plant 2016, ein Schiff nach Harvey Milk zu benennen, ein Ölversorgungsschiff der ‚John-Lewis-Klasse‘ der Seeflotte (T-AO-206) solle USNS Harvey Milk heißen (s.u. 2025).
2018 kündigte Portland an, eine der Hauptstraßen der Stadt nach Harvey Milk benennen zu wollen.
2019 – Harvey Milk Platz in Paris
Seit dem 19. Juni 2019 erinnert ein Platz im 4. Arrondissement in Paris an Harvey Milk, die place Harvey Milk.
2025 – US- Verteidigungsminister gegen Ehrung von Harvey Milk
Seot 2021 trägt ein Versorgungsschiff (!) der US-Marine den Namen USNS ‚Harvey Milk‘. Bereits 2016 hatte der damalige US-Präsident Barack Obama diese Benennung initiiert.
Anfang Juni 2025 (-> Pride-Monat) allerdings wies Pete Hegseth, Verteidigungsminister der zunehmend rechts- autoritären US-Regierung unter Präsident Donald Trump, die Marine an, das Schiff umzubenennen. Dies sei, so Medien, laut Hegseth Teil „der Wiederbelebung einer Kriegerkultur“. Die Umbenennung solle noch im Juni 2025 erfolgen. Laut Hegseth sollen Namen von militärischen Anlagen der USA zukünftig „die Geschichte unserer Nation und das Ethos des Kriegers widerspiegeln“. Am 27. Juni meldeten Medien, die Umbenennnung sei erfolgt.
Harvey Milk (selbst Kriegsveteran, er diente im Koreakrieg in der US-Marine) findet sich bei der Umbenennung in traurig- guter Gesellschaft, so soll z.B. auch die USNS „Ruth Bader Ginsburg“ auf Betreiebn der US-Regierung umbennant werden müssen.
Bekannt wurde Sylvester James mit Hits wie “Do You Wanna Funk” oder “You Make Me Feel (Mighty Real)”. Nach seinem Tod kommen Einnahmen aus seiner Musik Aids-Organisationen zugute.
Sylvester James, US-amerikanischer Soul– und Disco-Musiker und ‚Queen of Disco‘, wurde bekannt unter seinem Vornamen “Sylvester” – und durch seine spektakulären Drag-Auftritte. Songs wie “Do You Wanna Funk” (1982) oder “You Make Me Feel” (1978) wurden große Hits in der Disco-Ära der späten 1970er und frühen 80er Jahre. Sylvester wurde zu einer der schwulen Ikonen der Disco / HI-NRG.
Immer noch sind seine Songs gelegentliche Party-Hits – oder kommen als Remakes wieder auf den Markt, wie “You Make Me Feel” 1990 von Jimmy Somerville. Eine Single seines letzten Albums “Mutual Attraction”, der Song “Someone Like You”, wurde 1986 mit Cover Art von Keith Haring veröffentlicht.
Sylvester – vom Gospel zum Disco Pop
Sylvester James wurde am 6. September 1947 in Los Angeles geboren. Seine Gesangs-Karriere begann früh, bereits im Alter von sieben Jahren sang er in einem Gospel-Chor. Und begann sich anders als andere Jungs zu kleiden. In einer TV-Sendung 1986 [Video] erinnerte er sich
„When I was little, I used to dress up, right? And my mother said, ‚You can’t dress up, you gotta wear these pants and these shoes. And you have to, like, drink beer and play football.‘ And I said, ‚No I don’t!‘ And she said, ‚You’re very strange.‘ And I said, ‚That’s OK!‘ „
Mit 16 gehörte er zu den Disquotays, einer Gruppe farbiger Crossdresser. Nach seinem Umzug nach San Francisco begann er bei den Cockettes, einer Off-Theatergruppe („die einzigen mir bekannten drag queens, die Lenin lasen„, John Waters).
Bald jedoch suchte er ’sein eigenes Ding‘, und startete Sylvester and the Hot Band. Er nahm einige Alben auf, wechselte schließlich zu dem ehemaligen Motown-Produzenten Harvey Fuqua. Etwa 1978 entschied er sich, sich zu einer Disco Queen zu verwandeln. Später erklärte er
„Here were all those people putting out disco, making lots of money and becoming famous and everything. So we thought ‚why not?‘ We’ll put it out and nobody will like it and we certainly won’t like it, but we’ll do it.“
1978 trat Sylvester beim Geburtstag von Harvey Milk auf, dem ersten offen schwule Stadtrat in San Francisco. Ein Durchbruch wurde You make me Feel (Mighty Real) – nachdem Disco-Techniker und Synthesizer-Spieler Patrick Cowley ihn von einem Gospel-orientierten Song hin zu einem Dancefloor-Hit veränderte.
Sylvsters nächste LP Step II wurde vergoldt, brachte ihm mehrere Preise und zahlreiche große Auftritte. San Franciscos Bürgermeisterin Dianne Feinstein erklärte den 11. März 1979 zum Sylvester Day [viel später, 2015, wird erneut ein Sylvester Day erklärt, dieses Mal am 13. Februar 2015 anläßlich der Premiere des Mighty Real: A Fabulous Sylvester Musical].
Seine Hits stürmen die Charts, er macht Tourneen in Amerika und Europa. Er selbst, ebenso wie sein Label, versuchten aus dem Disco-Label auszubrechen, andere Musik zu machen – doch er blieb mit Disco, mit HI-NRG assoziiert.
Sylvester ist der einzige Musiker, dem auf dem Rainbow Honor Walk im Castro District gedacht wird. 2004 widmet sich eine wissenschaftliche Konferenz seinem Wirken und seiner Musik. 2014 erzählte das Off-Broadway-Musical Mighty Real! sein Leben.
Sylvester und HIV / Aids
Sylvester lebte offen schwul. Er unterstützte Aids-Organisationen mit Benefiz-Konzerten, ließ an seine Konzert-Besucher Aids-Informationen verteilen.
Sylvesters Partner Rick Cranmer erfuhr 1985 von seiner HIV-Infektion, an der er selbst im September 1987 starb. Sylvester erkrankte Ende 1987 schwer; noch vom Krankenbett gab er Interviews in denen er von seiner Aids-Erkrankung berichtete. 1988 nahm er, bereits schwer erkrankt, in einem Rollstuihl sitzend an der Gay Pride Parade in San Francisco teil.
Er starb am 16. Dezember 1988 im Alter von 41 Jahren in Oakland, Kalifornien an den Folgen von Aids. Er wurde auf dem Inglewood Park Cemetry beigesetzt.
Über 21 Jahre nach seinem Tod kamen erstmals Einnahmen aus seiner Musik zwei lokalen Aids-Organisationen in Kalifornien zugute. ‘AIDS Emergency Fund’ und ‘Project Open Hand’ erhielten aus dem Nachlass einen Scheck über zusammen 140.000 US-$.
Sylvester selbst hatte bereits im Mai 1988 testamentarisch die Rechte an „You Make Me Feel (Mighty Real)“ dem AEF und dem Nahrungsprogramm für HIV-Positive am San Francisco General Hospital vermacht.
Doch Sylvester hinterließ bei seinem Tod Schulden in Höhe von 350.000$, so dass Nachlassverwalter (und Freund) Tim McKenna den beiden Organisationen kein Geld auszahlen konnte. Nach seinem Tod übernahmen Tony Elite und seine Frau die Nachlass-Verwaltung. Ende der 1990er Jahre waren Sylvesters Schulden abgetragen – und Überschüsse wurden erwirtschaftet.
2010 erhielten AEF und Project Open Hand 75% bzw. 25% der Nachlass-Einnahmen – und können zukünftig mit weiteren Mitteln rechnen, aus Rechten an Sylvesters Song.
Der us-amerikanische Künstler,Aids–Aktivist und ‚Visual Aids‚ – Mitglied Hunter Reynolds (1959 – 2022) verlieh in seinem alter ego ‘Patina du Prey’ und ihren Kleidern und Performances seit Anfang der 1990er den Gefühlen und Verlusten der Menschen mit HIV und Aids Ausdruck.
Hunter Reynolds, Berlin 18.07.2009
Bekannt wurde Hunter Reynolds, der früh Mitglied von ACT UP wurde und 1989 Art Positive mit gründete, u.a. mit seiner Kunstfigur ‘Patina du Prey’ und seinen Performances (u.a. Memorial Dress).
In seinem alter ego ‘Patina du Prey’ und ihren Kleidern und Performances verlieh Reynolds, der selbst seit 1984 Jahren von seiner HIV-Infektion wusste, seit Anfang der 1990er den Gefühlen und Verlusten der Menschen mit HIV und Aids Ausdruck.
„Patina was born on october 21, 1989. I was documenting the feminization of my male face—putting on makeup and taking pictures, which I had never done before. I wanted to address negative feelings that many male queers have against trans and gender-fluid people.“
Hunter Reynolds in einem Interview 2019
Sein ‘Memorial Dress’ (1993) z.B. besteht aus schwarzer Seide – bedruckt in Gold mit den Namen von 25.000 an den Folgen von Aids Verstorbenen. Besucher können in einem Gästebuch Namen ergänzen, die sie auf dem Kleid gedruckt haben möchten.
„In 1993, I moved to Berlin for a residency at the Künstlerhaus Bethanien, leaving everything. I didn’t know if I would be alive in two years or not. Those years were some of the worst of the epidemic. Thousands of people died just before the AIDS cocktail came out. As part of my first European performance I wanted to do a reading of names of people who had died due to complications with AIDS. I went to Washington, DC, to see the largest display of the NAMES quilt, got the catalogue, and did the first performance on one of my hospital bed pieces. That led to ‚Memorial Dress.‘ Frank Wagner curated the first major European art exhibition about AIDS, and he and I decided to produce a dress with all the names from my reading. I transcribed 26,000 names, printed them out, and pasted each one to create a silk screen.“
Hunter trägt dieses Kleid, dreht sich – einer Spieluhr nicht unähnlich – langsam auf einer Scheibe.
“Eine Travestie der Trauer, Symbol des grenzenlosen Leids angesichts der von diesem grauenhaften Gesundheits-Desaster vernichteten Menschen”, beschrieb Frank Wagner (NGBK) 1993 die erste ‘Memorial Dress’ – Performance in der NGBK Berlin.
Trauer, Verlust, Angst, Hoffnung – ‘Patina du Prey’ verlieh ihnen Ausdruck, Gestalt. Die, wie Hunter es sagte, Huldigung einer Fummmeltrine an die an Aids Verstorbenen.
Reynolds, am 30. Juli 1959 in Rochester geboren, lebte in den 1990er Jahren lange Zeit in Berlin (u.a. Künstlerhaus Bethanien, als Stipendiat der Aids-Stiftung). In dieser Zeit hatte er zahlreiche Ausstellungen und Performances, u.a. in Berlin (NGBK), Köln, Hamburg, Polen, Niederlande.
Ende der 90er kehrte Reynolds zurück nach New York, wo er weiter als Künstler arbeitete.
Am 12. Juni 2022 starb Hunter Reynolds in New York.
Hunter Reynolds 2009 zurück in Berlin
Der Künstler und Aids-Aktivist Hunter Reynolds war nach langer Zeit 2009 für kurze Zeit wieder zurück in Berlin – und mit einem Werk in einer Gruppenausstellung zusehen.
Für einige Tage kehrte Reynolds 2009 nach Berlin zurück, um hier seinen 50. Geburtstag zu feiern. Ein Werk von ihm war seinerzeit in einer Ausstellung in der Galerie Rupert Goldsworthy zu sehen.
“Hunter Reynolds, alias Patina du Prey, sets his full stakes on this performative act of differentiation. He is happy to be different from the rest; to lie diagonally in the riverbed of the Mainstream; to feel a sense of belonging with the Others: the Queens, the Fags, the Perverse.”
„Viruses follow me around, like dark shadows trailing my footsteps on the path of life. Covid-19, HIV AIDs, Syphilis, Hep-C, HIV Strokes, Viral Fungal Infections on my brain. Illness and death have been so much a part of my life and art that I cannot separate them.“
Hunter Reynolds
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weitere Informationen: oral history – Interview mit Hunter Reynolds Hunter Reynolds – Memorial Dress 1993 – 2007 (Video) Galerie Rupert Goldsworthy Creative Time: Patina du Preys Memorial Dress Visual Aids / TheBody: Patina du Prey’s Memorial Dress .
Ein Promi hat Sex ohne Kondom. ‚Bareback‘, ‚Entschuldigung‘, gellt es durch die Medien. Und – wo ist das Problem?
„Dustin Lance Black entschuldigt sich für durchgesickerte Fotos mit ungeschütztem schwulem Sex“, titelt PinkNews, und ggg.at legt reißerisch nach „Dustin Lance Black: Bareback-Bilder aufgetaucht“.
Dustin Lance Black, der Autor des Drehbuchs zu dem Film „Milk„, hatte also Sex mit einem anderen Mann. Sex, bei dem dieser in ihn eindrang, ohne Kondom. Drei Jahre alte Bilder, von einem ex-Lover an die Öffentlichkeit gezerrt, sollen dies zeigen.
Na und?
So weit sind wir also schon, dass man sich für Sex ohne Kondom rechtfertigen, entschuldigen muss?
Lance Black mag ein Problem haben. Aber das Problem lautet nicht „Sex ohne Kondom“. Blacks Problem lautet vielleicht „Glaubwürdigkeit“ oder „warum hab ich Sex ohne Kondom, wenn ich gleichzeitig Safe Sex predige“ (in den USA wird „safe sex“ propagiert, nicht „safer Sex“ wie in Deutschland)
Das Problem von Herrn Black heißt nicht „Sex ohne Kondom“.
Wissen ggg.at, pinknews und co, welchen Serostatus Herr Black hat? Und ob er vielleicht -egal ob HIV-positiv oder HIV-negativ- einen Partner mit gleichem Serostauts hat(te)? Oder eine Partner, der HIV-positiv ist und die EKAF-Bedingungen erfüllt, also sexuell nicht infektiös ist? Oder geht es mal wieder nur um Spektakel, um billige „Bareback-Schlagzeilen“?
Und – was geht das Sexleben von Herrn Black eigentlich die Boulevard-Presse an, egal ob homo oder hetero?
Niemand muss sich dafür entschuldigen, einvernehmlich Sex ohne Kondom zu haben. Erst recht nicht öffentlich. Egal, ob Nobody oder Promi. Niemand.
siehe auch: PinkNews 15.06.2009: Milk screenwriter Dustin Lance Black apologises for leaked unprotected gay sex photos ggg.at 15.06.2009: Dustin Lance Black: Bareback-Bilder aufgetaucht Steven Milverton: Dustin Lance Black – Er hätte sich nicht entschuldigen müssen LifeLube 15.06.2009: Milk screenwriter Dustin Lance Black apologises for ??? DAH Blog 17.06.2009: Blanker Hohn .
Liquid Sky – der New Wave Film von Slava Tsukerman aus dem Jahr 1982 wird in New York längst als legendärer Kultfilm betrachtet – in Deutschland ist er inzwischen nahezu unbekannt. 2018 wurde eine restaurierte Fassung in 4K Abtastung auf BluRay veröffentlicht.
Liquid Sky Regisseur Slava Tsukerman und Schauspielerin Anne Carlisle 2017 (Foto: Pburka, Lizenz cc by-sa 4.0)
Director Slava Tsukerman and actor Anne Carlisle at a screening of Liquid Sky at the Quad Cinema, New York City, May 28, 2017 – Pburka – CC BY-SA 4.0
Liquid Sky
In einem Apartment mit Dachterrasse in Manhatten lebt ein lesbisches Paar. Margaret, aus Conneticut stammend, ist enttäuscht von New York. Ihre mit Heroin (im US-Slang: Liquid Sky) dealende Freundin Adrian ist Musikerin und Performance Künstlerin, spielt auf einer Rhythm Box, die sie sich umgehängt hat.
Auf Margarets Balkon landet ein tellergroßes Ufo. Nicht weiter besorgniserregend, doch … die Außerirdischen, denen Johann, ein deutscher Wissenschaftler schon auf der Spur ist, haben ein seltsames Bedürfnis. Sie ernähren sich von Endorphinen, genauer sie verschlingen Margarets männliche Sex-Partner im Moment von deren Orgasmus. Margaret selbst überlebt – sie kommt nie zum Organmus mit Sexpartner_innen, an denen sie nicht wirklich interessiert zu sein scheint. Und das bisexuelle Modell ist bereit den Aliens reichlich Nahrung zuzuführen … während unterdessen der asexuell erscheinende deutsche UFO-Forscher versucht, die Aliens einzufangen und zu untersuchen.
Tsukerman selbst sagt über Liquid Sky
„My basic idea behind Liquid Sky was creating a parable which would include most of the hot mythical topics of the period: sex, drugs, rock ’n’ roll, violence, aliens from the outer space. The story of Cinderella was the basic … This story was very often used in traditional Hollywood, as the embodiment of the American dream: the American Cinderella always finds her Prince Charming. I thought that the post-punk Cinderella of the ‘80s wouldn’t be able to find her prince among the men surrounding her. Her Prince Charming, ironically, would come in a small flying saucer from outer space.“
Liquid Sky – ein queerer Science Fiction ?
Ein Avantgarde – Science Fiction in fast Warhol-artigem Stil. Post Punk gemischt mit New Yorks New Wave – Szene der frühen 1980er Jahre. Gedreht überwiegend tatsächlich in Neon-Beleuchtung. Eine Filmmusik, die die Club-Szene und den baldigen ElectroClash beeinflusste. Ein Aufeinandertreffen von Sexualitäten jenseits starrer Geschlechterrollen, Drogenkonsum und Cybertech. Ein ‚science fiction queer movie‚ ?
„Whether or not I like someone doesn’t depend on what kind of genitals they have.” (Margaret zu Paul, der sie fragt ob sie auch mit Frauen Sex habe)
„who we are is a cretive act„
(Anne Carlisle in einem Interview 2017)
Anne Carlisle spielt in beeindruckender Weise in Doppelrolle sowohl das bisexuelle biologisch weibliche Modell Margaret als auch den drogengebrauchenden biologisch männlichen androgynen Jimmy.
Liquid Sky – ein ‚Film vor Aids‘ ?
Orgiastische Sexualität, Drogen und Tod. Ein Film über ‚orgamsms killing people‚ – auch eine Metapher auf die sehr frühen Jahre der Aids-Krise?
Sätze wie „doesn’t that mean orgasms are dangerous“ oder „I’m killing all the people that I fuck“ können – von später, vonn den Aids-Jahren aus betrachtet – auch anders als ’nur‘ queeerer Science Fiction gelesen werden. Der Schluß des Films, wenn nach und nach immer mehr Neon-Lichter verlöschen, wird so auch zu einem Abgesang auf eine Zeit vor Aids.
Slava Tsukerman wurde 1940 in Moskau geboren. Die einzige Filmschule des Landes nahm jährlich nur 15 neue Schüler auf – er war nicht dabei. Stattdessen studierte er Technik, näherte sich dem Film von dieser Seite. Begann mit Wissenschafts-Dokumentationen. 1961 erster Film I Believe in Spring.
1973 emigieren Tsukerman und seine Ehefrau Nina Kerova, ausgebildete Schauspielerin, nach Israel. Mit einem der dort realisierten Dokumentarfilme nimmt er an einem Filmfestival in den USA teil – und entdeckt New York als ‚Zentrum der kulturellen Freiheit‚.
1976 ziehen beide nach New York. Zunächst dreht er zahlreiche Dokumentarfilme, oft über die Zeit des Endes der Sowjetunion.
Anne Carlisle
Anne Carlisle studierte in New York Fine Arts. Bei einem Casting lernte sie Slava Tsukerman kennen.
2017 kommentierte sie Liquid Sky, in dem Film seien viele Personen darmaturgisch verdichtet, so auch ein Bekannter, der sie immer ‚chicken woman‚ nannte. Zu möglichen Bezügen zur baldigen Aids-Krise bemerkte sie „they were dying of Aids, but nobody knew what it was yet.“
Nach Liquid Sky und einigen kleineren rollen machte Carlisle ihren Master in Art Therapy. Sie arbeitete mit Aids-Patienten, später Obdachlosen.
Liquid Sky – Produktionsnotizen
Der Film hatte ein sehr begrenztes Budget von etwa einer halben Million US-Dollar bei 28 Drehtagen. Teile des Films wurden in Tsukermans damaligem Apartment in Manhatten gedreht. Nahezu die Hälfte des Materials wurde unter Neon-Licht gedreht (was sich bei der Restaurierung als Herausforderung erwies).
Anekdote am Rand: während des Putsches im August 1991 soll dem unter Arrest gestellten Gorbatschow und seiner Frau Raisa ein wenig Unterhaltung gestattet worden sein – der Film Liquid Sky.
In New York und anderen Städten der USA lief der Film vier Jahre in einzelnen Kinos. Auch international war der Film ein großer Erfolg, besonders in Japan und West-Deutschland.
Liquid Sky war lange Zeit nahezu nicht zu sehen. Eine VHS, später Laser Disc Version und DVD waren m.W. nur in den USA erschienen und längst vergriffen. Im Streaming ist er nicht verfügbar. Im Kino waren keine Kopien mehr, einzig Tsukermans private Kopie wurde sehr selten in New York gezeigt.
Bis 2018. Der Film erschien im März 2018 in restaurierter Fassung in Kinos (in den USA) sowie im April 2018 als BluRay (USA, Region 0). Dafür wurde der Film nicht nur restauriert, sondern neu abgetastet in 4K – Auflösung vom 35mm-Negativ und farbkorrigiert.
Tsukerman und Carlisle arbeiten zudem an einem Konzept für ein Sequel.
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Liquid Sky
USA 1982, 112 Minuten
Regie Slava Tsuzkerman
Kamera & sepcial effects Yuri Neyman
Buch Slava Tsukerman, Anne Carlisle, Nina V. Kerova
Produktion Nina V. Kerova
Darsteller_innen Anne Carlisle, Paula E. Sheppard, Susan Doukas, Otto von Wernherr, Bob Brad
Musik Slava Tsukerman, Brenda I. Hutchinson, Clive A. Smith
Uraufführung August 1982 Montreal World Film Festival Kinostart USA 15. April 1983 Kinostart West-Deutschland 14. Oktober 1983
1982 Special Jury Price, Montreal World Film Festival
Special Jury Prize for Visual Impact, Cartagena Film Festival
Audience Award, Sydney International Film Festival
Special Prize of the Jury, Brussels International Film Festival
Special Jury Prize, Manila International Film Festival
Susan Sontag wurde am 16. Januar 1933 als Susan Rosenblatt in New York geboren. Bekannt wurde sie als Essayistin, Schriftstellerin und Publizistin. Susan Sontag starb am 28. Dezember 2004 in New York.
Nachdenkliche, kritische Gedanken zu äußern, auch wenn sie unbequem waren, unerwünscht – dieser Mut, diese aufrechte Haltung zeichneten Susan Sontag aus, die ‘grande dame’ der us-amerikanischen Publizistik. Welche Zuschreibungen mit Krankheit verbunden sind, persönlicher wie auch psychologischer oder letztlich politischer Natur, damit hat sich Susan Sontag immer wieder beschäftigt – und sich gegen sie gewehrt.
Die am 16. Januar 1933 in New York geborene Susan Sontag wurde für ihre schriftstellerischen, publizistischen und gesellschaftskritischen Arbeiten vielfach mit Preisen ausgezeichnet (u.a. Friedenspreis des deutschen Buchhandels 2003).
“Aids und seine Metaphern” (1989; m.W. erste Rezension: NYT Books 16.1.1989) war bei seinem Erscheinen ein ‘Muss’ der kulturellen Auseinandersetzung mit Aids, und ist auch heute noch unbedingt lesenswert, ebenso wie sein ‘Vorgänger’ “Krankheit als Metapher” (1978). Beide basieren auch auf ihren eigenen Erfahrungen als Krebs-Patientin. Beide thematisieren Krankheit als ‘Werkzeug’ der Stigmatisierung. Beide sind, wie ein Kritiker bemerkte, “an exemplary demonstration of the power of the intellect in the face of the lethal metaphors of fear” (Michael Ignatieff, The New Republic).
“Was einen umbrachte, waren nach meiner Überzeugung die Ammenmärchen und Metaphern rund um den Krebs. Die Menschen sollten Krebs einfach als Krankheit begreifen lernen – eine ernste Krankheit, aber eben eine Krankheit, weder Fluch noch Strafe, noch Peinlichkeit … Und nicht zwangsläufig eine Krankheit zum Tode.”
Susan Sontag, “Aids und seine Metaphern”, 1988
Sontag kritisiert ein bestimmtes Konzept von Krankheit, das sie als ‘plague’ (in der deutschen Ausgabe als ‘Plage’ übersetzt, möglich wäre auch ‘Seuche’ oder ‘Pest’) bezeichnet. Krankheiten, die entstellten oder sexuell übertragbar seien, würden vorzugsweise so bezeichnet – und seien oft mit Bestrafungs-Phantasien konnotiert.
“Diese Übung hat Tradition bei sexuell übertragenen Leiden: Sie werden als Bestrafung nicht eines einzelnen, sondern einer ganzen Gruppe verstanden.”
S. Sontag, “Aids und seine Metaphern”, 1988
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Sontag, zunächst verheiratet mit einem Soziologen, bezeichnete sich selbst ab ihrem 25. Lebensjahr als bisexuell. Sie lebte viele Jahren in Beziehung mit der Photografin Annie Leibovitz.
Sie starb am 28. Dezember 2004 im Alter von 71 Jahren in New York an Leukämie. Sontag wurde beigesetzt auf dem Friedhof Montparnasse in Paris.
“Literature was the passport to a larger life, that is, the zone of freedom.”
Susan Sontag
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Susan Sontag über “die Exklusivität der Liebe”
“Die Ehe ist eine Art stillschweigendes Jagen in Paaren. Die ganze Welt in Paare gefasst, jedes Paar in seinem eigenen kleinen Haus, wo es seine eigenen kleinen Interessen wahrt + in seiner eigenen kleinen Zweisamkeit schmort – etwas Abstoßenderes gibt es nicht. Die Exklusivität der Liebe in der Ehe gehört abgeschafft.“
Susan Sonntag, 15. Februar 1958 (in: „Wiedergeboren – Tagebücher 1947 – 1963“
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Susan Sontag über Altern
“Die Angst vor dem Altwerden gründet auf der Erkenntnis, dass man das Leben, das man sich wünscht, nicht jetzt lebt. Das ist fast, als würde man die Gegenwart missbrauchen.”
Susan Sontag am 9. Dezember 1961 in ihrem Tagebuch
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