
Selbstbild mit Zopf

Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme in MOE und einer vorsichtigen Orientierung Chinas in Richtung Westen hat Nordkorea nahezu sämtlichen politischen Freunde verloren. Politisch und ökonomisch ist das Land fast völlig isoliert.
Nordkorea befindet sich in einer problematischen geostrategischen Lage: Region, in der die Interessen Chinas, Japans, Rußlands und Südkoreas aufeinandertreffen.
Kriege und Zeiten der Besetzung des Lands (Japaner; Korea-Krieg) sind ein prägendes Element der Staatsideologie, die Unabhängigkeit und Autarkie besonders betont. Als hauptsächlicher Gegner werden die USA gesehen, als deren „Marionette“ Südkorea betrachtet wird. Als Erzfeind gilt weiterhin der ehemalige Besatzer Japan.
Nordkorea hat sowohl Reaktoren importiert (SU & China) als auch eine eigene Reaktorlinie (Gas-Graphit-Reaktor) entwickelt. Zudem besitzt Nordkorea weitgehend eigenständig entwickelte Wiederaufbereitungs- und Anreicherungsanlagen sowie Graphit- und Uranbergwerke inkl. der erforderlichen Technologien.
1975 konnte Nordkorea erstmals kleine Mengen Plutonium aus abgebranntem Kernbrennstoff isolieren. Der Gas-Graphit-Reaktor wäre nach Inbetriebnahme in der Lage, u.a. mehrere Kilogramm Plutonium jährlich zu produzieren.
Nordkorea sieht in Nuklearwaffen einen Weg, das Überleben des Staates (und des Regimes) zu sichern und die USA von einem nuklearen Angriff abzuhalten. Beobachter gehen davon aus, daß Nordkorea Nuklearwaffen derzeit eher als politisches Instrument denn als operationales Waffensystem betrachtet.
Nordkorea besitzt und entwickelt nicht nur Massenvernichtungswaffen, sondern tritt bereits seit längerem auch als Lieferland auf. Nordkorea gilt als drittgrößter Waffenexporteur der „Dritten Welt“.
Einige dieser Lieferländer beteiligen sich zudem an den entsprechenden Entwicklungsprogrammen Nordkoreas, so z.B. Libyen beim Nodong-1-Programm oder jüngsten Berichten zufolge Pakistan (nach früherer Zusammenarbeit bereits in den 70er Jahren jetzt vermutlich Zusammenarbeit bei der Entwicklung der pakistanischen Ghauri-Rakete).
1993 drohte Nordkorea mit Austritt aus dem NPT, dem es 1985 beigetreten war. Erst 1994 bestätigte Nordkorea im „Agreed Framework“ seine NPT-Mitgliedschaft wieder.
Das „Agreed Framework between the United States of America and the Democratic People’s Republic of Korea“ wurde am 21. Oktober 1994 unterzeichnet. Als Ergebnis daraus bestätigte Nordkorea seine Mitgliedschaft im NPT und fror sein Nuklearprogramm ein. Insbes. wurden die Konstruktion neuer Reaktoren sowie die Wiederaufbereitung von Kernbrennstoff gestoppt und IAEA-Inspektionen erlaubt.
Im Gegenzug sicherten die USA zu, Nordkorea nicht mit Kernwaffen anzugreifen oder damit zu drohen. Zudem wurden von den USA Rohöl-Lieferungen zugesagt sowie eine Erleichterung der vorher verhängten Sanktionen. Nordkorea erhielt die Zusicherung, zwei moderne us-amerikanische 1.000MW-Leichtwasserreaktoren geliefert zu bekommen, die Finanzierung (4 – 5 Mrd. US-$) sollte überwiegend durch Südkorea und die USA erfolgen.
Bisher hat Nordkorea die Bestimmungen des Agreements (wenn auch teilweise zögerlich) eingehalten.
Der Abschluß des „Agreed Frameworks“ sowie zweier weiterer Abkommen zwischen Nordkorea und den USA kann als Indiz gesehen werden, daß sich in Nordkorea die Vertreter der Diplomatie und des konstruktiven Umgangs mit dem Westen durchgesetzt haben.
Mit dem „Agreed Framework“ wurde Nordkorea ein Stück weiter in internationale Kontrollmechanismen eingebunden. Wesentliche Fragen wie z.B. die Menge des bereits vor Unterzeichnung hergestellten Plutoniums wurden jedoch nur unzureichend behandelt. Das Land bleibt zudem weiterhin im Besitz von Massenvernichtungswaffen.
Proliferation durch Nordkorea stellt weiterhin ein bedeutendes Problem dar und kann u.a. die Stabilität der asiatisch-pazifischen Region bedrohen.
Falls Nordkorea den Nuklearwaffen-Status erlangen sollte, würde Südkorea vermutlich nachziehen. Auch Japan würde dies als massive Bedrohung empfinden und seinen nichtnuklearen Status ggf. überdenken.
Inwieweit der Rückzug Südkoreas aus der Finanzierung der Leichtwasser-Reaktoren im Januar 1998 Konsequenzen für die Umsetzung des „Agreed Framework“ hat, kann noch nicht abgeschätzt werden.
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(Hausarbeit im Rahmen des Proseminars ‚Die Bemühungen um die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen als Gestaltungsaufgabe internationaler Politik‚ Dr. H. Mey, Universität Köln, Politikwissenschaft, 23. Juli 1998