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Nachdenkliches

unsere Welt

Wie wundervoll der René schreiben kann …
Na, dann geb ich mal auch einen ganz kleinen Blick in mein Privatleben frei.
Mag sich jemand anschließen, kleiner Blog-Poetry-Slam? ;-)
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unsere Welt

Ich hab dich gern
so kitschig das klingt
ich hab dich gern

seh’ dich vor mir
wie du lachst
mich anschaust
sagst ’sei nicht so ernst,
lach mal’
ich grinse
ich hab dich gern

in meinem Herz
fühl’ ich dich
mir wird warm
wenn ich an dich denke

wenn ich neben dir liege
in deinem Arm
glücklich und ruhig
denke ich manchmal
wie schön ist doch das Leben
wie glücklich bin ich
mit dir zusammen zu sein

wir sind zusammen
das zu fühlen
macht mich stark

wenn wir miteinander sind
ist die Welt
unsere Welt

zusammen
jeder für sich
ein freier Mensch
und zusammen
die ganze Welt

[Berlin, 14.2.2007]

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Nachdenkliches

Der Traum vom Wohnturm

Für viele Jahre war Ausdruck meines Traums vom Zusammenleben der “Wohnturm hinter’m Deich”. Sinnbild ist er heute noch.

Der “Wohntum hinter’m Deich” …
Deich – klar, ich liebe das Meer, und Deich assoziiert Meer, Wellen, Freiheit, Strand, wenige Meter bis zum Wasser …
Wohnturm – das meinte ein Gebäude etwa von der Größe eines kleinstädtischen Gasometers. Mit großen gemeinschaftlichen Lebensbereichen für ca. 8 bis 12, vielleicht 16 Menschen im Erdgeschoss, und in den oberen Etagen rund um einen Lichthof Wohnbereiche für uns, je nach individuellen Wünschen konfigurierbar als Single-, Zweier, Dreier- usw. Wohnräume. Der Wohnturm als Ausdruck eines Weges von zugleich individuellem und gemeinsamen Leben, einer neuen Form von gelebter Gemeinsamkeit.

Die konkrete Idee dieses ‘Wohnturms am Deich’ hat sich irgendwann als romantische Schwärmerei und wenig realisierbar erweisen. Sie ist mir dennoch immer Synonym geblieben für meine Vorstellung, meinen Traum vom Zusammenleben. Für ein Leben zusammen mit Menschen, die einander viel bedeuten, Gemeinsamkeiten haben und fühlen – und doch auch jeder sein/ihr individuelles Leben führen.

Freundschaft, ein (kleiner) Freundeskreis ist etwas Zentrales in meinem Leben. Menschen, die sich in ihrem Menschsein, ihrem Herzen berühren.
Deswegen freut es mich immer wieder, wenn ich (was selten ist) einem Menschen begegne, zu dem ich aus dem ein oder anderen Grund eine besondere Nähe, eine Art Wesensverwandtschaft fühle. Einem Menschen begegne, bei dem ich im Stillen denke ‘es wäre schön wärest du Mitbewohner im gemeinsamen Wohnturm’.

Diese Gedanken sind natürlich zunächst nur unausgesprochen in mir. Gefühle vom Sympathie nicht immer beidseitig. Und wenn, sind sie längst nicht immer Grundlage für Freundschaft.

Sympathie will geäußert, Freundschaft will gelebt sein. Das bedingt jedesmal wieder auf’s Neue den mühsamen Weg auf das Glatteis. Gefühle Illusionen Träume kalte Duschen. Manch schmerzhaftes Erwachen aus eigenen Illusionen, erst jüngst wieder kalt geduscht.

Nun mag man dies (wissentlich auf’s Glatteis gehen) als naiv bezeichnen. Ich sehe es für mich anders. Nähe zu empfinden, sie zu zeigen, die kalte Dusche zu riskieren, kostet mich viel Kraft – erst das ermöglicht jedoch auch die Chance, sich gelegentlich in gegenseitiger Nähe zu begegnen. Sich im Wesentlichen zu berühren. Vielleicht Freunde zu finden.

Dieses Risiko, so schmerzhaft es gelegentlich sein mag, gehe ich wenn es mir wert erscheint ein. Eine Art ‘Naivität’, die ich mag an mir. Eine Art Naivität, Glaube an Freundschaft, an Miteinander, die ich mir erhalten möchte. Und meinen ‘Wohnturm hinter’m Deich’.

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Nachdenkliches

Kunst und Sprache

“Bildende Kunst kommt vor der Sprache, das ist klar.”
(Alfred Hrdlicka, * 27.2.1928)

Die Unmöglichkeit, das Selbst auszudrücken in Worten. Umso mehr bedauere ich, dass die Sprache der Kunst keine ist, in der ich glaube mich ausdrücken zu können. Ich bewundere oftmals Kunst, Künstler; manchmal erreichen Kunstwerke zutiefst mein Innerstes, berühren tiefe Gefühle meines Seelenlebens. Wie gern gern beherrschte ich diese Sprache, allein mir ist wohl nur das Wort Mittel des Ausdrucks, und das auch nur mit minderer Fertigkeit.

 

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Barlach: Der Geistkämpfer (1928)

Ernst Barlachs erste Großplastik ‚ Der Geistkämpfer ‚ aus dem Jahr 1928 steht seit 1954 vor der Nikolaikirche in Kiel.

Ernst Barlach Der Geistkämpfer Kiel

Der Geistkämpfer, Ernst Barlach 1928 (Kiel, Nikolaikirche)

Am 16. August 1927 beauftragte der Kieler Magistrat (Stadtoberbaurat Willy Hahn, 1887-1930) Barlach mit der Plastik. Sie entstand – nach 14 Entwürfen – im Laufe des Jahres 1928 (Guss bei Noack in Berlin-Friedenau). Am 29. November 1928 wurde der Geist-Kämpfer in Kiel vor der (später im Krieg zerstörten) Heiliggeistkirche aufgestellt und wahrscheinlich am 8. Dezember 1928 heimlich enthüllt.

Der Geistkämpfer – Entfernung und Wiederaufstellung

Am 20. April 1937 wurde die Plastik auf Betreiben der ‚Reichskammer der bildenden Künste‘ entfernt. Zuvor hatte sich u.a. der Oberbürgermeister sowie der Kieler Beirat für Kultur für die Entfernung ausgesprochen.

Zunächst in der Eingangshalle des Thaulow-Museums aufbewahrt, wurde die Plastik 1939 zersägt in vier Teile nach Berlin zu Noack zurück gebracht. Barlach, 1938 gestorben und in Ratzeburg beigesetzt, erlebte dies nicht mehr. Später gelangte der Geist-Kämpfer nach Schnega (Lüneburger Heide) zu Barlachs Freund Hugo Körtzinger. Dort überstand er, in Teile zersägt und auf einem Bauernhof versteckt, die NS-Zeit.

Bereits ab 1946 machte Kiel erneut Besitzansprüche auf den Geistkämpfer geltend. Von Noack aus den vier Teilen wieder zusammengesetzt, kehrte sie 1953 nach Kiel zurück. Dort wurde die Plastik 1954 wieder aufgestellt (vor der Nikolaikirche statt vor der im Krieg zerstörten Heiliggeistkirche). Am 19. Juni 1954 fand die feierliche Enthüllung statt.

Ein Abguss steht seit 1994 – anlässlich des 5. Jahrestags des Mauerfalls – vor der Berliner Gethsemanekirche. Ein weiterer Abguss befindet seit 1959 vor dem Minneapolis Institute of Arts in Minnesota.

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… man könnte vielleicht das Werk als Gruppe der Überwindung, Selbstüberwindung ansprechen. Dieses darzustellen ist meine exakte Meinung gewesen.”

Ernst Barlach über den ‘Geistkämpfer’

(siehe auch Barlach / Der Schwebende)

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Nachdenkliches

Europa – mehr als nur Nationalstaats-Koop

Eine “Kleine Geschichte Frankreichs” hab ich mir als eine der Urlaubslektüren besorgt. Und dann, neugierig, doch schon vorher zu stöbern angefangen.

Beinahe hätt’ ich sie schon wieder in die Ecke gepfeffert.

Da schreibt der Herausgeber Ernst Hinrichs doch gleich zu Beginn seines Vorworts “Seit der Auflösung der großen, nach dem Zweiten Weltkrieg entstandene Machtsysteme in Europa hat die Idee des Nationalstaats wieder an Bedeutung gewonnen.”

Nun gut, eine Bestandsanalyse, die für einen Teil Europas korrekt sein mag. Auch wenn meine Realität eine andere ist, eine in der die Bedeutung des Nationalstaats (m.E.: gottseidank) abgenommen hat.

Dann setzt er fort “Europa … wird auch zukünftig ein Europa der Nationen bleiben.”

Nun würgt’s mir doch.
Dass Herr Professor eine Einleitung benötigt, die hin führt zu der Auseinandersetzung mit einem Nationalstaat, mit Frankreich, nun gut.
Aber apodiktisch zu proklamieren, Europa bleibe auch zukünftig ein Europa der Nationen, das ist mir (auch parteipolitisch) zu einseitig.

Kein Gedanke dazu, dass der Begriff Nationalstaat ein Konzept erst des 18. und besonders 19. Jahrhunderts ist.
Oder dazu, dass dieses Konzept sich gerade für Europa nicht immer als sehr segensreich erweisen hat.
Oder gar, dass Europa als neues Konzept hier eine Chance sein kann, eine Chance die Fehlentwicklungen, zu denen überzogenes Nationalstaats-Denken geführt hat, zukünftig zu vermeiden. Den Regionen neue Chancen zu geben, unabhängig von teilweise willkürlichen Grenzziehungen.

Schade eigentlich.
Und – besonders ärgerlich, dass so eine (aktuelle) Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung beginnt.

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Nachdenkliches

Ich lehne Gewissheiten ab?!

Erkennen, dass man sowieso nicht so relevant ist” – “Es gibt dieses Gefälle zwischen dem Sich-übertrieben- wichtig-Nehmen und der Gelassenheit, sich zu relativieren.

Ernst Tugendhat im Interview in der taz. Über sein wirklich letztes Buch.

Ein Abschied. Bewegende, mir sehr nahe Gedanken.

Der Wunsch, auf gesichertem Boden zu stehen, ist das Überbleibsel eines autoritären Bewusstseins.

Den Text des Vortrags und Buchs von Ernst Tugendhat “Moralbegründung und Gerechtigkeit” gibt’s als pdf hier (101 S.)

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Nachdenkliches

was ist schon normal?

“Normal ist das nicht”, sagt mein mir unbekannter Nachbar in der U-Bahn zu seiner Freundin, grinsend. Dabei blickt er zu zwei völlig aufgebrezelten Jungs schräg gegenüber. Der eine farbenfroh wie es selbst us- amerikanische Papageien kaum wagen würden, der jüngere eher in etwas, für das der Ausdruck ‘ein süßes Nichts’ nicht unzutreffend wäre.

‘Das ist doch nicht normal!’ – dieser Ausdruck wird (u.a.) gern verwendet, wenn es um Homosexualität geht. Früher sehr häufig, inzwischen erfreulicherweise seltener. Inzwischen ist im Erscheinungsbild deutscher Großstädte Homosexualität teilweise selbst ‘normal’ geworden.

Und doch stimmt mich dieser Normalitäts-Begriff misstrauisch.

Zunächst fällt mir auf: wir leben gerade in Zeiten, in denen von außen zunehmend weniger das Argument ‘nicht normal’ gegen Schwule benutzt wird. Und – erstaunlicherweise bemühen viele Schwule sich gerade jetzt besonders darum, ‘normal’ zu sein. Anerkennung darin zu finden, ‘genauso wie ihr’ sein zu können, zu dürfen.

Gerade in Zeiten, in denen von außen viel weniger der Vorwurf ‘nicht normal’ kommt, bemühen wir uns selbst um größtmögliche Normalität. Statt, wie in den 1970er und 80er Jahren, zu versuchen eigene Wege zu finden, zu gehen, ist seit den 1990er Jahren vielmehr zu spüren, dass eine Sehnsucht danach zu bestehen scheint ‘auch wie ihr’ zu sein, ‘normal’ zu sein.
‘Normal’ und konsumfreudig statt un-normal und experimentierfreudig.
Welch seltsame Freiheit, fragwürdige Emanzipation. Altmodischer Begriff, ich weiß.
Normal? Egal? Spielt doch keine Rolle?

Und dann, ‘normal’, was ist das überhaupt? Normal ist ‘was alle machen’.
Heißt das nicht auch, ‘normal’ ist irgend ein Massenphänomen?
‘Normal’ ist das, was alle, oder doch viele, die Mehrheit macht?
Ist Normalität dann nicht dem Konformismus sehr verwandt?

Wie viel am ‘Normalen’ ist dann nur noch Kopie, und wie viel ist noch Original, autonom aus der Person selbst heraus entstanden? Stehen Normalität und Authentizität nicht ein einem Spannungsverhältnis, wenn nicht gar Widerspruch?

Oder, um dem Einwand direkt zu begegnen, ist das, was Authentizität ausmacht, nicht auch entstanden anhand der z.B. gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, einer Normalität – und nicht rein authentisch?

Aber immerhin bliebt selbst in diesem Fall das Bemühen um Authentizität – nicht um ‘Normalität’. Zumal eine der Spiegelungen der Normalität wohl die Ausgrenzung ist, das Ablehnen dessen, was als ‘normal’ empfunden wird.

Womit wir dann bald wieder beim Beginn des Gedankengangs wäre …
… nur dass die beiden neben mir über die beiden Jungs eher schmunzelten, ganz relaxt …

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Nachdenkliches

Von Engeln und Raben

Gibt es einen Sinn?
Gestern Abend zeigte Arte die Verfilmung „Die Entdeckung des Himmels“ des gleichnamigen Romans von Harry Mulisch, einem meiner derzeitigen Lieblings-Autoren.

Harry Mulisch – seine Romane mag ich (soweit ich sie gelesen habe) alle, einzig zu einigen seiner eher essayistischen Texte finde ich kaum Zugang.
An seinen Romanen bewundere ich die großen Imaginationskraft seiner Sprache, die selbst absurdeste Einfälle wie ein bisher unbekanntes Kind Hitlers ganz ‘normal’ vorstellbar erscheinen lässt. Und vor allem, mit welcher Kontinuität er immer wieder, aus den verschiedensten Facetten und Blickwinkeln, die Zeit der NS-Besetzung der Niederlande und den Holocaust thematisiert.

Gestern Abend also auf Arte die niederländische Verfilmung des wohl bekanntesten Romans von Mulisch, „Die Entdeckung des Himmels“.

Schon bald stellt sich ein seltsames, schönes Gefühl ein: dieses Gefühl in einen Film einzutauchen, weil einem alles so vertraut vorkommt. Weil vieles so zu sein scheint, wie man es beim Lesen imaginiert hat. Ständige vermeintliche Déja-Vus mit der eigenen Phantasie.
Vollkommen abschalten, Hektik Gedanken Probleme Wirrungen der vergangenen Tage für gut 2 Stunden hinter mir lassen.

Gut, es gibt einiges, das anders war in „meinem“ Himmel.
Onno ist in meiner Phantasie jungenhafter gewesen, weniger der reife etwas hausbackene Mann der er im Film ist.
Vor allem aber fällt mir das Tempo auf. Zu dicht, zu schnell erzählt scheint mir der Film in weiten Passagen. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte eine „Film-Bremse“ ziehen, das Erzähltempo des Films verlangsamen. Die ruhige, dem Inhalt angemessene Erzählweise geht verloren zugunsten einer stärkeren Verdichtung. Eine Geschwindigkeit, Dichte, die viele liebgewordene Details (wie die Beschreibungen des Hauses, in dem Quinten aufwächst) verloren gehen lässt.
Manchmal scheint mir zudem, ich habe (beim Lesen) die Mulisch’sche Roman-Realität in schwarz-grau-weiß gesehen. Wundere mich nun über die überraschende (der Zeit der Handlung geschuldete) Farbigkeit der Bilder.

Und doch, insgesamt, das zentrale Gefühl bleibt, wie im Buch. Rätselhaftigkeit die Sinn macht. Puzzlestücke die sich nur zögernd, langsam zu Zusammenhängen fügen mögen. Brüche Verwerfungen Rätselhaftigkeiten, die verstören, nur langsam in einen sinnhaften Zusammenhang treten.

Dieser Traum, diese Sehnsucht, dass endlich alles einen Sinn macht. Gibt es einen Sinn? Gibt jemand Sinn? Ist Sinn in mir? Ist dieser Sinn sinn-voll? Das Wissen, die unbegründete Zuversicht, dass da ein Sinn ist. Die Zuversicht, das das Richtige geschehen, ‘es’ sich fügen wird. Zielstrebigkeit, ohne dass einem die Richtung bewusst ist. Verstehen.
Und Gedanken die (scheinbar ganz nebenbei) die Frage streifen, was ist eigentlich die Grundlage unserer Zivilisation?

Ist das alles das Ende vom Anfang? – Möchte jemand ein Ingwerplätzchen? – Es ist ein Junge!

„Die Entdeckung des Himmels“ wird wiederholt auf Arte am 20. Dezember 2006

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Homosexualitäten Nachdenkliches

Szene-fremd

Vor einiger Zeit flatterte Nick durch mein Leben, plötzlich und unerwartet.

Eigentlich war ich mit Michi verabredet, ein erstes persönliches Kennenlernen, nachdem wir schon länger auf Gayromeo zusammen gechattet hatten. Am Vortag hatten wir miteinander telefoniert, uns für den folgenden Abend im ‘Maybach’ verabredet.

„Ach woartee“, sagte Michi gegen Ende unseres Telefonats, „Doo iis doch där Nick doa. (Denkpause) Ah gääähh, dees mocht ahh nix. Kommst halt dazua.“
Michi ist, wie ich zu Beginn unserer Bekanntschaft überrascht bemerkte, Wiener, der seit einiger Zeit in Berlin lebt. Überrascht, denn Langsamkeit und Gemütlichkeit seiner Sprechweise stehen in eigentümlichem Kontrast zu den Fotos in seinem Gayromeo-Profil, die eine ganz andere Sprache sprechen.
Obwohl, wenn ich’s recht überlege, der Widerspruch nur ein vermeintlicher ist. Unter der Fassade von Barock- und Gründerzeit-Bauten, von Stuck und Plüsch habe ich in Wien, der Stadt von Cafés, in denen die Schwulen zueinander noch ‘Küss’ die Hand` sagen, und von Saunen, die in ihrem feudalen Charme an späte KuK-Zeiten erinnern, Nächte und Situationen erlebt, die so deftig, so bizarr waren, dass sie selbst in Berlin manchem unglaubwürdig erscheinen mögen.
Aber ich will nicht abschweifen und über Wien erzählen.

Sondern über Nick. Der saß nun am folgenden Abend mit Michi am Tisch, als ich ins ‘Maybach’ kam. Eine ungewohnte Situation, mir nicht ganz recht – schließlich wollte ich Michi kennen lernen, nicht einen mir unbekannten Nick. Der mich die erste Zeit etwas skeptisch-schüchtern von der Seite betrachtete, während ich mich an ihrem Gespräch tastend zu beteiligen begann. Einige eher beiläufig von Michi eingeworfene Stichworte zu Nicks Vorlieben (nein, jetzt schweifen wir hier aber wirklich nicht ab ;-) ) weckten mein Interesse. Zudem, auf seine zurückhaltende Art, mit diesem offenen und doch selbstbewussten warmen Blick wirkte er, nun ja, nicht gerade un-sexy. Gegen Ende des Abends tauschten wir unsere Handynummern aus.

Verabredeten uns in den nächsten Tagen. Trafen uns zu einem Spaziergang durch den langsam in die November-Dämmerung gleitenden Grunewald. Und Nick wurde mir mehr und mehr sympathisch, weckte ein angenehmes Gefühl von Vertrautheit. Würden wir uns besser kennen, ging es mir des öfteren in der Dämmerung durch den Kopf, wir gingen wahrscheinlich ab und an Arm in Arm, so nah fühlte ich mich ihm.

Was mich (seitdem, und immer noch, neben einigem anderen) an Nick fasziniert, der übrigens ebenfalls selbst ‘Zugereister’ ist, nicht gebürtiger Berliner: er bewegt sich nicht in dem, was wir allgemein als „schwule Szene“ zusammenfassen, und hat es auch fast nie. Weder in seiner Freizeit, zum Amüsieren, noch zum Kennenlernen oder auf der Sex-Suche. Wohlgemerkt, er ist kein Szene-Hasser, nein er hat einfach das Gefühl sie nicht zu brauchen. Sein schwules Leben spielt sich im Privaten ab, Kennenlernen in Bekanntenkreisen und durch Empfehlung („wenn du in … bist, ruf gern mal den … an, der steht auch auf … und könnt zu dir passen“). Und weil sich das nun furchtbar bieder, langweilig, versteckt anhören könnte: nein, weit gefehlt, der Nick ist, soweit ich ihn bisher kennen gelernt habe, ein offener, selbstbewusster schwuler emanzipierter Mann (und gern, das wollen Sie sicherlich gar nicht wissen, das was Michi in breitem Wiener Dialekt wohl ‘eane Sau vooar däm Härrrn’ nennen würde). Nur dass er auch sein schwules Leben (und die Sau) nicht in schwulen Szenen auslebt, sondern in privaten Bereichen, Außenstehenden nur mit persönlichen Kontakten zugänglich.

Eine ebenfalls schwule Welt, und keine unbedeutende, die von dem was sich als „schwule Szene“ sieht, über ihre Homo-Kieze, Sex-Parties, CSDs und Straßenfeste gern vergessen, so gar nicht wahrgenommen wird. Und wohl von nicht wenigen Präventions-Projekten auch nicht oder kaum erreicht wird.

Was wir (ich schließe mich da gern mit ein) oft als „die schwule Szene“ (mir wäre allerdings lieber der Plural, die Szenen) wahrnehmen, ist eben doch nur ein Ausschnitt aus der Vielfalt schwulen Lebens, ein nicht unbedeutender Ausschnitt sicherlich, aber auch nicht ‘die ganze Wahrheit’.

Und, falls Sie nach dem Spaziergang und nach Nick fragen … Ja, dieses Gefühl von Sympathie erwies sich als beidseitig, das Kennenlernen erfuhr seine Fortsetzung …

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Nachdenkliches

Homo? Hete? Im Fitness trennt sich’s … Oder nicht?

Jetzt wo der Sommer definitiv vorbei ist, für die nächsten Wochen höchstens noch einige schöne Herbsttage in Aussicht stehen, gehe ich wieder häufiger zum Fitness. Was sich manchmal als ganz aufschlussreich erweisen kann:

Denn auch im Fitnesscenter werden sich Heten und Homos ja immer ähnlicher. So haben selbst viele (meist jüngere) Heten-Männer inzwischen entdeckt, dass ein knackiger Po sexy und attraktiv machen kann. Und dass auch dieser Körperteil ein Muskel und somit trainierbar ist. Mühen sich auf Geräten mit tollen Namen wie H1 oder P5, ihrem Allerwertesten die rechte Form zu geben. Noch vor ein, zwei Jahren dachte ich das seien genau diejenigen Geräte, an die nur Frauen und Schwule gehen …

Einige kleine Unterschiede gibt es aber immer noch. Nein, nicht was Sie meinen. Klar, auch wohin sich einer der ersten Blicke richtet ist noch immer unterschiedlich. Der Blick des schwulen Mannes geht doch immer noch häufig zuerst an andere Stellen als der des Hetero-Mannes, vor allem wenn er unter der Dusche ist.

Nein, ich meine eher die kleinen Dinge.
Manchmal beobachte ich erstaunliche Kleinigkeiten, in der Umkleide zum Beispiel.

Da kommen einige Jungmänner von den Geräten, Spind aufschließen, Tasche raus, Schuhe Short und T-Shirt aus – und gleich die Straßenklamotten wieder an. Nix Duschen. Dafür aber reichlich Gel ins Haar, vielleicht auch noch etwas Duftwasser ins Gesicht.
Oder Variante zwei: frisch geduscht, immerhin, zügig Hose und T-Shirt anziehen – und dann, ein schneller Griff in den Rucksack, Pfff Pfff, Deo-Spray unter die Achseln (gerne entweder der Marke mit der kleinen Rechen-Aufgabe, oder der mit dem großen Männlichkeits-Erfolgs-Versprechen). Bei besonders Schnellen auch gerne direkt außen auf’s T-Shirt. Wenn’s ganz übel wird, auch noch in den Schritt.

Es ist spannend zu erleben, welche unterschiedlichen Vorstellungen von Reinlichkeit (nach dem Sport) Mann haben kann – und dass es doch noch Punkte gibt, in denen sich (manche) Heten-Männer eindeutig von Schwulen unterscheiden. Wobei, so manche Frau beneide ich in einigen Situationen wahrlich nicht …