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Putins Krieg

Russland: ICC Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehle

Zuletzt aktualisiert am 19. März 2023 von Ulrich Würdemann

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH; International Criminal Court ICC) in Den Haag bereitet die Erhebung einer Anklage gegen Russland vor. Am 17. März 2023 wurde u.a. gegen Präsident Putin ein Haftbefehl erlassen.

Ist Russlands Präsident Putin ein Kriegsverbrecher? Mit dieser Frage bschäftigen sich nun die Gericht.

Als erstes wurden zwei Haftbefehle wegen Kriegsverbrechen erlassen gegen Staatspräsident Putin und gegen die Präsidialverwaltungs- Kommissarin für Kinderrechte Maria Lwowa-Belowa. Der Vorwurf lautet Verschleppung ukrainischer Kinder.

Haftbefehle auch gegen weitere Personen wegen Angriffen auf zivile Infrastruktur könnten folgen.

Die beiden Haftbefehle des ICC sind ein Jahr nach Butscha die ersten internationalen juristischen Vorgehen gegen Russlands Staatschef wegen Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Bereits kurz nach Beginn von Putins Angrffskrieg hatte der IStGH die Ermittlungen aufgenommen.

Zuvor hatte der Chefankläger des ICC Karim Khan seine Vorwürfe einem dreiköpfigen Richter- Gremium (Vorverfahrenskammer, Pre-Trial Chamber) vortragen. Dieses entschied dass die juristischen Kriterien für Haftbefehle erfüllt sind.

Beide Haftbefehle wurden (sonst unüblich) veröffentlicht. Der Gerichtshof hoffe dass damit die Begehung weiterer Straftaten verringert werden könne. Haftbefehle des ICC verjähren nicht.

Der Internationale Gerichtshof hatte bereits am 16. März 2022 festgestellt, dass Russland grundlos aggressiv gegen die Ukraine vorgehe. Die Behauptung Russlands, in der Ukraine geschehe ein Völkermord, sei falsch.

Haftbefehl gegen Lwowa-Belowa

Maria Lwowa-Belowa wird vorgeworfen, die Deportation tausender ukrainischer Kinder einschließlich ihres Aufgreifens durch russische Truppen geleitet und erzwungene Adoptionen sowie Umerziehungslager zu verantworten zu haben.

Forscher der Yale Universität bezeichneten Lwoa-Belowa im Februar 2023 (pdf) als ‚eine der hönstgestellten Personen Russlands die in Deportation und Adoption ukrainischer Kinder verwickelt sind‘.

Während Russland von 2.000 deportierten Kindern spricht, geht die Ukraine von über 16.000 aus.

Russland stellt die Deportationen als ‚Rettungen‘ und ‚Evakuierungen‘ sowie als Menschenrechts- Maßnahmen dar.

Die 1994 geborene Lwowa-Belowa trat 2019 in die nationalistische, Putin unterstützende Partei ‚Einiges Russland‘ ein. Im Oktober 2021 wurde sie von Putin zur Beauftragten für Kinderrechte in der Russsichen Föderation ernannt.
Lwowa-Belowa gibt an, sie habe selbst einen 15-jährigen Teenager aus Maruipol adoptiert.

Lwowa-Belowa wurde von den USA (im September 2022) und zahlreichen weiteren westlichen Staaten mit Sanktionen belegt.

Haftbefehl gegen Putin

Putin persönlich sei vermutlich verantwortlich für die Deportation und Umsiedelung ukrainischer Kinder aus Kriegsgebieten in das Gebiet der Russsichen Föderation, so der ICC.

Anklage gegen Präsident Putin ?

Präsident Wladimir Putin könnte angeklagt werden – bei Anklagen wegen Kriegsverbrechen würde sein Amt ihn nicht schützen, der ICC erkennt Immunität auch von Staatsoberhäuptern in diesen Fällen nicht an.

Der ICC kann Haftbefehle nicht selbst vollstrecken, hat keine eigene Polizei – zuständig ist hierfür die internationale Gemeinschaft. In Staaten die den ICC anerkennen (derzeit 123 weltweit) droht Putin und Lwowa-Belowa nun die Verhaftung. Alle 123 Signatarstaaten des iCC sind jetzt aufgefordert, Putin sofern möglich festzusetzen und an den ICC auszuliefern.

Prozess in Abwesenheit?

Ist ein Prozess gegen Putin und weitere Angeklagte wegen Kriegsverbrechen auch ohne vorherige Verhaftung, in Abwesenheit denkbar?

Bisher sind vor dem ICC Prozesse in Abwesenheit nicht üblich und nicht erfolgt.

Allerdings könnte sich ein Weg zu einem Prozess in Abwesenheit abzeichnen. Am 24. November 2022 beantragte ICC- Chefankläger Karim Khan bei der Pre-Trial Chamber in einem anderen Verfahren (gegen den ugandischen Milizenführer und Kriegsverbrecher Joseph Kony, Verfahrensbeginn 2004), mit der Anklageerhebung fortzuschreiten auch in Abwesenheit des Angeklagten. Kony ist seit Jahren flüchtig.
Der Antrag Khans zur Fortsetzung der Anklageerhebung gegen Kony gilt als ‚Testballon‘, die Entscheidung über den Antrag steht noch aus.

Zuständigkeit und Praktikabilität

Russland ist kein Vertragsstaat des ICC (Römisches Statut des ICC nicht ratifiziert). Russland erkenne den ICC nicht an, bestätigte Kreml-Sprecher Peskow am 14.3.2023 erneut. Vermutlich wird Russland Verhaftungen nicht zustimmen.

Nichtsdestotrotz versucht Russland, Spione beim IStGH zu platzieren (wie jüngst einen als brasilianischen Praktikums- Bewerber getarnten GRU Offizier).

Haftbefehle, erst recht etwaige Anklageerhebungen würden Russlands internationale Isolierung vermutlich weiter verschärfen.

Auch die Ukraine ist nicht Vertragsstaat des ICC.

Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland 2014 hatte die Ukraine jedoch anerkannt, dass der ICC für alle Verbrechen auf ihrem Territorium zuständig ist. Anfang Märtz 2023 billigte die Regierung der Ukriane zudem eine Vereinbarung, nach der der ICC baldmöglichst ein Büro in der Ukraine eröffnet.

Von Ulrich Würdemann

einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
Mehr unter 2mecs -> Ulli -> Biographisches

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