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Nachdenkliches

Der eine Mann für alles

“‘Eifersucht’, ‘Fremdgehen’, ich versteh das alles gar nicht. Ich will alles mit meinem Mann teilen, alles zusammen haben. Dann stellt sich diese Frage doch gar nicht”, mailt mir letztens ein Bekannter auf den Text zu Eifersucht. Und ich frage mich – “der eine Mann für alles“, gibt’s das im realen Leben?

Gibt es den ‘Mr. Right‘ für alles, den ‘one and only’? Kann ich ‘alles mit einem’ haben? Gibt es den einen Partner, der alle Facetten an mir abdeckt, mit dem ich alle Aspekte meiner Persönlichkeit leben, neue entdecken kann?

Dieses ‘einer für alles’, es ist eine oft propagierte Idee, eine die uns aus populären Liedern wie auch heterosexuellen Rollen-Klischees entgegen schimmert. Und es ist eine Idee, die ja auch der Eifersucht und ihrem impliziten Besitzanspruch des ‘ich will dich ganz’ und dem Verlangen nach sexueller Monogamie zugrunde liegen kann.

Ein Partner für alles, das ist auch die Vorstellung, die zumindest einem konservativen Verständnis von Ehe oftmals zugrunde zu liegen scheint. Der eine Partner, an den man sich für sein ganzes Leben bindet, und mit dem man alle wichtigen Dinge im Leben teilt.
Ein Verständnis, das -vielleicht zu leichtfertig- auch von Schwulen gerne übernommen wird. Und nicht erst seit Zeiten der Lebenspartnerschaft. So war z.B. gerade auch in manchen schwulen Szenen vor vielen Jahren (nein, eher schon Jahrzehnten) die Idee des ‘alter ego‘ beliebt, selbst eine Homosexuellen-Zeitschrift benannte sich nach ihr.

Alter ego, ein uralter Gedanke, schon auf Cicero zurückzuführen. Er sollte ein bestimmtes Verhältnis zum Freund zum Ausdruck bringen, ‘das andere ich’, Gedanken wie ‘zwei Seiten der selben Medaille sein’. Umgangssprachlich findet sich diese Idee übrigens auch bei Hetens auch heute immer noch wieder – mein Vater nannte meine Mutter oft ‘meine bessere Hälfte’ …

Mein Mann als ‘meine bessere Hälfte’, als mein ‘alter ego’, mein ‘einer Partner für alles’ – eine romantische Idee, die ich als wenig realistisch empfinde. Der die Gefahr des ‘Erdrückens’ innewohnt.
So sehr man sich wünschen mag, mit dem geliebten Partner (oder der Partnerin) völlig eins zu sein, sich ihm hinzugeben, nur mit ihm alles Bedeutende im Leben zu leben – es erweist sich zu oft als eine Utopie. Und eine Utopie, die sich zu einem gefährlichen Trugschluss erweisen kann, wenn ich an ihr als Ziel mein (Beziehungs-)leben ausrichte, erst recht wenn ich sie als Messlatte nehme und an ihr meinen Partner und sein Verhalten ‘messe’.

Der Mensch ist potenziell ein zu komplexes Wesen, zu facettenreich, um alle Nuancen seines Seins zusammen mit einem einzigen Menschen erfüllt entdecken und leben zu können. Es mag vielleicht den einen Mann im Leben geben, mit dem ich viele Qualitäten gemeinsam lebe, der der wichtigste Mensch in meinem Leben ist. Aber ist er ‘der eine für alles‘?

Mit meinem Mann teile ich vieles. Gemeinsame Wertvorstellungen z.B., eine weitgehend ähnliche Sicht auf viele Dinge, politische Grundhaltung, Menschenbild, auch manche Vorlieben von Essen über Sexualität bis Urlaubsgestaltung. Wir teilen bedeutende und weniger bedeutende Dinge, Fundamentales und Banales.
Doch – wir teilen nicht alles. Jeder hat auch sein eigenes Leben, seine eigenen Freundeskreise, seine eigenen Interessen.

Sicher, wir nähern uns im Laufe unserer Beziehung an einander an. Ich beobachte schon, dass Unterschiede zwischen uns im Laufe der Jahre weniger werden, Interessen sich annähern. Und doch – jeder bliebt ein unabhängiges, freies Wesen, eine eigene zu entwickelnde Existenz. Zwei Leben, die auf eine Einheit zielen, aber doch individuelle freie Existenzen bleiben.

Und hierin liegt meines Erachtens einer der Schlüssel einer erfüllten Beziehung: zu erkennen, dass Ziel einer Beziehung nicht ist, völlig mit dem Partner eins zu werden, zu verschmelzen. Sondern dass jeder eine eigenständige individuelle Persönlichkeit ist. Und vielleicht das schönste in einer Beziehung sein kann, den Partner liebend bei der Entdeckung seiner Existenz in Freiheit zu unterstützen.

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Nachdenkliches

Eifersucht

Eifersucht ? „Bist du eigentlich überhaupt nicht eifersüchtig, wenn dein Mann etwas mit ‘nem anderen hat?“, werde ich gelegentlich gefragt. Und muss meist mit einem überlegten ‘manchmal ja, aber’ antworten.

Ja, das Gefühl der Eifersucht ist auch meinem Mann, auch mir selbst nicht unbekannt. Aber wir haben in den vielen Jahren unserer Beziehung einige Dinge gelernt, über uns, unsere Liebe erfahren. Erfahrungen, die die Eifersucht eine immer kleinere Rolle spielen lassen.

Meist steht vor der Frage nach der Eifersucht ja zunächst die Frage nach der Treue in der Beziehung. ‘Seid ihr euch treu?
Und jedes mal antworte ich beherzt ‘ja!’. Denn ja, selbstverständlich bin ich meinem Mann treu.
Nur, Treue, was ist das? Meinen der Fragende und ich die gleiche Treue?

Meine Treue lässt sich vielleicht unter anderem in die Worte fassen ‘ich weiß, dass ich mit diesem Mann zusammen alt werden möchte’.
Der Fragende meint oftmals etwas völlig anderes. ‘Seid ihr euch sexuell treu’.
Dieser hinter der ‘Treue-Frage’ verborgene implizite Anspruch sexueller Monogamie ist kein Konzept, das für mich (oder auch für meinen Mann) realistisch lebbar wäre. Und auch kein erstrebenswertes Ziel. Wohlgemerkt, für uns beide. Jeder möge da seinen eigenen Weg finden.
Meine Treue heißt nicht, dass ich nicht auch andere Männer sexuell attraktiv finde und das auch lebe, dass ich nicht auch zu anderen Menschen emotionale Beziehungen aufbaue, seltener auch liebevolle Gefühle empfinde, vielleicht gar Hingabe.
Treue ist (zumindest für uns) nicht im Schwanz oder Arsch angesiedelt. Treue ist für uns ein Gefühl des Herzens und eine Einstellung zum Leben, zu uns.

Ja, aber trotzdem … ist denn da dann keine Eifersucht?
Eifersucht, was bedeutet denn dieses Wort?
Eifersucht, sagt ein etymologisches Wörterbuch, habe etwas zu tun mit dem ‘Argwohn gegen einen Nebenbuhler’. Womit wir schon bei einer der entscheidenden Fragen wären. Der ‘Nebenbuhler’. Steht hinter Eifersucht nicht gelegentlich auch ein mehr oder minder versteckter Besitzanspruch am anderen? Steht dahinter nicht gelegentlich das unausgesprochene Gefühl ‘ich will dich aber ganz für mich haben, ich ganz allein, mit dir ganz allein’?
Nur – kann dieser implizite Besitzanspruch funktionieren? Kann ich einen Menschen besitzen? Zumindest in meiner Vorstellung von Beziehung (wie auch anderen Formen des Miteinanders wie Freundschaft) nicht – wir sind freiwllig, jeder aus eigenem freien Entschluss mit einander zusammen.

Nebenbei, fast könnte man dabei auf den Gedanken kommen, das Konzept der Eifersucht berge eine kräftige Prise Heterosexismus in sich. Immerhin könnte sich hinter der Idee des Besitzanspruchs ja gerade auch derjenige Besitzanspruch verbergen, der (in heterosexuellen Beziehungen) die Ehefrau als ‘Eigentum’ des Mannes betrachtet hat. Dass schwule Männer die Chance haben, jederzeit aus freiem Entschluss zusammen zu sein, ohne Zwänge welcher Art auch immer (ob sie nun aus Besitzanspruch, Kindern oder irgendwelchen Papieren resultieren), diese Freiheit zum Miteinander habe ich immer als eine der großen Chancen schwuler Beziehungen empfunden.

Dennoch, Eifersucht findet statt.
Wenn ich Gefühle der Eifersucht habe, oder mein Partner, wie geht es mir oder ihm dann? Fühlt er sich herabgesetzt? Oder gar gedemütigt? Fürchtet er Konkurrenz? Eine Konkurrenz gar, der er sich vielleicht nicht gewachsen wähnt? Hat er Gefühle eigener Unzulänglichkeit (’was hat er, was ich nicht habe’)?
Gefühle von Eifersucht, das habe ich in unseren gemeinsamen Jahren mühsam gelernt, haben auch damit zu tun, welches Gefühl ich zu mir selbst habe. Wie stabil oder instabil gerade mein Selbstvertrauen, mein Selbstwertgefühl ausgeprägt sind. Fühle ich mich stark, selbstbewusst, habe ich auch keine Angst, mein Partner könne mich verlassen, nur weil ein anderer vielleicht auch etwas Anziehendes für ihn hat.

Nun hat wohl niemand nur Phasen, in denen er vor Selbstvertrauen strotzt. Aber es gibt viele Wege, wie ich mir und meinem Mann helfen kann, mit emotionalen Situationen wie Eifersucht umzugehen.
Ich kann ihm z.B. klar machen, ihn fühlen lassen, dass der andere vielleicht zwar einen schönen Arsch (oder etwas anderes für mich Anziehendes) hat, ich ihn aber deswegen noch längst nicht ‘heiraten’ will. Oder ihm die Angst vor dem ‘großen Unbekannten’ nehmen, indem ich dem ‘anderen’ ein Gesicht gebe, meinem Mann z.B. sein Dating-Profil zeige, oder beide sich kennen lernen lasse. Den ‘anderen’ zu kennen kann viele Ängste nehmen.
Wir beide sind Partner, können uns gegenseitig viel helfen Selbstsicherheit zu gewinnen, Ängste und Unsicherheiten abzubauen. Vertrauen und Selbstsicherheit gehen meiner Erfahrung nach oftmals Hand in Hand.

Und Vertrauen und Selbstvertrauen sind Gefühle, die in einer Beziehung mit der Zeit wachsen, zunehmen. Wenn man sich auch auf ’schwierige’ Situationen einlässt, sie miteinander lebt. Probleme zu umgehen mag eine Strategie sein. Doch vermeidet sie nicht letztlich nur Risiken, und damit Erfahrungen, um eigener Ängste willen? Und macht so die Chance auf die Erfahrung größeren Vertrauens unmöglich?
Dieses erfahrungsbasierte, tief gehende Vertrauen in einander setzt eben auch die gemeinsam gemachten Erfahrungen voraus. Ein tiefer werdendes Vertrauen, das Gefühlen von Eifersucht zunehmend weniger Raum lässt.

Also, um auf die Frage „Ja, aber ist denn da keine Eifersucht bei euch?“ zurück zu kommen:
Oftmals nein, oftmals bin ich wirklich nicht eifersüchtig, wenn mein Mann etwas mit einem anderen Mann hat. Und ja, gelegentlich habe ich da ein Gefühl, das mich zwickt. Aber ich fühle die Gewissheit, dass dieses Interesse an einem anderen Mann nicht unsere Beziehung gefährdet, ich bin mir meines Mannes sicher. Ich vertraue, und ich fühle, dass dieses Vertrauen gerechtfertigt ist. Wir sind uns in unserer Liebe treu.

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Nachdenkliches

Ich lehne Gewissheiten ab?!

Erkennen, dass man sowieso nicht so relevant ist” – “Es gibt dieses Gefälle zwischen dem Sich-übertrieben- wichtig-Nehmen und der Gelassenheit, sich zu relativieren.

Ernst Tugendhat im Interview in der taz. Über sein wirklich letztes Buch.

Ein Abschied. Bewegende, mir sehr nahe Gedanken.

Der Wunsch, auf gesichertem Boden zu stehen, ist das Überbleibsel eines autoritären Bewusstseins.

Den Text des Vortrags und Buchs von Ernst Tugendhat “Moralbegründung und Gerechtigkeit” gibt’s als pdf hier (101 S.)

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Erinnerungen

Schwul altern

Alt zu werden ist ja doch ein Thema, an das wohl jeder schwule Mann irgendwann einmal sorgenvoll denkt. Ich bin froh, schon in jungen Jahren eine Bekanntschaft gemacht zu haben, die mir auch die Freuden des Alters vorlebte.

Älter werden. Jeder versucht auf seine Weise damit umzugehen. Wir rennen in die Muckibude, achten auf unsere Kleidung, laufend Trends hinterher, versuchen alles mögliche, um attraktiv zu bleiben.
Sicher, mit der Generation der BabyBoomer wird bald ein Berg an älteren Schwulen in den Szenen unterwegs sein (oder sich ins Private zurückziehen). Das Thema Jugend, (körperliche) Attraktivität wird dennoch weiter präsent bleiben, sowohl darin, wie wir wahrgenommen werden, als auch in den eigenen Präferenzen, im eigenen Selbstbild.

Bernd zeigte mir, dass im Alter auch als schwuler Mann sehr viel Wertvolles, Schätzenswertes liegen kann:

In meiner Studentenzeit lernte ich über einen Freund jemanden kennen, nennen wir ihn Bernd. Bernd war emeritierter Professor für Architektur, hatte sich in einem Bremer Vorort ein Haus gebaut, in dem er etwas zurückgezogen lebte. Ein Haus ganz Bauhaus, weitgehend im Bauhaus-Stil eingerichtet, ‘alles echt, nicht diese Nachbauten’, wie er gern betonte. Als ich ihn kennen lernte, war Bernd bereits Anfang siebzig. Wir mochten uns, bald kam ich öfter. Half ihm bei Gartenarbeiten, begegnete ihm in immer tiefer werdenden Gesprächen intensiver.

Durch Bernd lernte ich bald, dass es durchaus möglich ist, als schwuler Mann respektvoll (vor allem auch mit Respekt vor und für sich selbst) zu altern.
Durch Bernd lernte ich damals, wie schön es sein muss, alt zu sein, reif zu sein: zu wissen, wer man ist, nicht mehr durch alles und jeden verunsichert werden können, sich seiner selbst gewiss zu sein. Mit sich, seinem Leben weitgehend im Reinen zu sein. Ruhigen Herzens zu wissen, dass das eigene Leben irgendwann, irgendwann recht absehbar, zuende sein wird [was mir, als junger Mensch, damals einfach unvorstellbar schien]. Bernd war alt, manchmal mit etwas Wehmut, aber immer: selbstbewusst alt.

Durch Bernd lernte ich noch einmal mehr (wie schon früher durch Onkel Brenner, der in Kindheitsjahren fast mein zweiter Vater war), wie schön ein Gesicht eines alten Menschen sein kann. Augen, lebendig bei jeder Erinnerung, bei jeder Freude funkelnd. Mit Tränensäcken, bei denen ich mich oft fragte, für wen und wie viele Tränen diese Augen wohl vergossen haben mögen. Falten, die auch ohne Worte viele Geschichten eines bewegten, nicht immer leichten Lebens erzählten.

Bernd bezeichnete sich immer als „homoerotisch veranlagt“, nie als „schwul“ oder „homosexuell“. Nein, dieses „schw-Wort“, das sei doch so ordinär, das sei er nicht.
Natürlich ging er nur aus ‘kulturellem Interesse’ ins Theater, besonders gern ins Ballett, erste Reihe, ‘damit ich auch alles sehe’. Wir grinsten dann immer, gingen aber doch gerne mit – zumal zu Reinhild-Hoffmann – Ballettabenden. Grinsten auch, wenn er dem jungen Kellner im vegetarischen Restaurant, in dem er zweimal die Woche essen ging, mit einem warmen Lächeln ein besonders gutes Trinkgeld gab.

Sicher, es gab auch Tabu-Themen. Ganz gewiss das mit dem Sex. ‘Hat man in deinem Alter noch Sex’, hätte ich Bernd immer gerne fragen wollen. Sex war damals ein furchtbar wichtiges Thema für mich. ‘Und wenn ja, wie ist das? Wie und wo organisiert man sich den? Gibt’s den als alter Mnan nur noch für Geld?’
Doch all diese Fragen eines unwissenden lebenshungrigen jungen schwulen Mannes Anfang zwanzig blieben ungestellt, unbeantwortet. Auch wenn wir gut befreundet waren, diese Fragen hätte Bernd als einen viel zu offensiven Eingriff in seine Privat-Sphäre empfunden.

Kein Tabu-Thema hingegen war das Altern, sein Alter. Gern erzählte er von ‘damals’, auch von ‘den schlimmen Jahren’. Oft mit einem ‘ja ihr habt es ja besser heute, freut euch darüber’, manchmal sogar wehmütig. Nie aber bitter, verbittert. Er war froh, alt zu sein, litt höchstens daran, keinen Partner, keinen Freund mehr zu haben. Was er vielleicht durch einen kleinen Kreis junger Menschen, die er um sich scharte, auszugleichen versuchte.

Als ich Jahre später wieder einmal in Bremen war, stand ein anderer Name an der Türklingel. Eine Nachbarin, die ich fragte, erzählte, der Herr Bernd sei im Herbst letzten Jahres gestorben. Wo er begraben liege, nein das wisse sie leider nicht.

In meine Herzen lebt er irgendwie immer noch, in einer kleinen Ecke tief hinten. Und mit ihm lebt in mir die Erinnerung, ja, alt zu werden, alt zu sein, muss etwas sehr Schönes sein können. Er hat es mir damals vorgelebt.

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Kulturelles

Jeanne Moreau über kontrollierte Menschen

„Sind sie nicht furchtbar? Die kontrollierten Menschen? Mit ihren sensationellen Schutzhaut? Nein, ich kann nicht im Namen dieser Menschen sprechen, verstehen Sie? Sie interessieren mich nicht. Dies sind Menschen, die nicht wirklich lieben können. Ich habe deshalb immer einen großen Bogen um die Kontrollierten gemacht! Mein Gott!“

Jeanne Moreau über den Film ‚Die Zeit, die bleibt‘ (Regie Francois Ozon), SZ 15./16./17. April 2008
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Kulturelles

Jeanne Moreau über Leben und Tod

„In ‚Die Zeit, die bleibt‘ geht es um den Tod. Und darum dass Leute immer sterben können – oft nicht erst, wenn sie alt sind. Die junge Leute heute sterben z.b an Aids, nachdem sie lange krank waren. Wunderbare Freunde von mir sind an Aids gestorben. Andererseits können wir sehr alt werden und dann sterben, ohne vorher krank gewesen zu sein. Der junge Mann in dem Film verzichtet auf eine Chemotherapie und lebt in der Zeit, die ihm bleibt, sagen wir wie ein Gesunder. Er beschäftigt sich weniger mit seinem naheden Tod – sondern zum ersten Mal wahrhaftig mit seinem Leben.“

Jeanne Moreau über den Film ‚Die Zeit, die bleibt‘ (Regie Francois Ozon), SZ 15./16./17. April 2008