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Paris

Le Palace (Paris 1978 – 1996)

Zuletzt aktualisiert am 14. Dezember 2025 von Ulrich Würdemann

Die Diskothek ‚Le Palace‘ im 9. Arrondissement von paris war zu ihrer Zeit wohl die große In- Disco von Paris.

Le Palace wurde am 1. Mai 1978 vom charismatischen Nachtclub-Besitzer Fabrice Emaer in einem ehemaligen Theater eröffnet. Es galt als seine Antwort auf das legendäre Studio 54 in New York. Le Palace war schon bald das Zentrum des Nachtlebens, vor allem auch des schwulen Nachtlebens.

Fabrice Emaer (1. Mai 1935 – 10. Juni 1983) galt zu seiner Zeit als ‚Prinz der Nacht‘ – er betrieb mit Le Sept (Rue St. Anne), Le Bronx sowie Le Pacae die damals angesagtesten Clubs von Paris. Emaer starb 1983 infolge einer (möglicherweise Aids- assoziierten) Krebserkrankung.

Roland Barthes in Le Palace

In der französischen Zeitschrift Vogue Homme erscheint in der Ausgabe Mai 1978 (und damit wenige Monate nach dem Tod seiner Mutter) der Artikel ‚Au Palace ce Soir‚. Er ist signiert mit – Roland Barthes.

Le Palace im 9. Arrondissement ist zur damaligen Zeit wohl die In-Disco in Paris. Gründer und Betreiber Fabrice Emaer nennt Barthes ‚mon philosophe‚.
Über diese Disco, die er schon während der Bauarbeiten ansehen durfte, schreibt Barthes

„Le Palace n’est pas une « boîte » comme les autres : il rassemble dans un lieu original des plaisirs ordinairement dispersés : celui du théâtre comme édifice amoureusement préservé, jouissance de la vue ; l’excitation du Moderne, l’exploration de sensations visuelles neuves, dues à des techniques nouvelles ; la joie de la danse, le charme des rencontres possibles. Tout cela réuni fait quelque chose de très ancien, qu’on appelle la Fête, et qui est bien différent de la Distraction : tous un dispositif de sensations destiné à rendre les gens heureux, le temps d’une nuit. Le nouveau, c’est cette impression de synthèse, de totalité, de complexité : je suis dans un lieu qui se suffit à lui-même.“
und spricht von „l’ombre des gradins et des loges découvertes tout un va-et-vient de jeunes corps affairés à je ne sais quels circuits“
(Le Palace ist nicht irgend eine Disco. An einem originalen Ot versammelt er ganz gewöhnliche Freuden: jene des liebevoll als Gebäude erhaltenen Theaters, die Freude am Sehen; die Aufregung der Moderne, die Entdeckung neuer visueller Empfindungen aufgrund neuer Techniken; die Freude am Tanz, der Reiz möglicher Begegnungen. All dies zusammen schafft etwas sehr altes, das man Fest nennt, und das sich sehr von der Ablenkung unterscheidet: alles ein Zusammenbringen von Empfindungen um Menschen glücklich zu machen, es ist dieser Eindruck von Synthese, von Totalität, von Komplexität: ich bin an einem Ort der sich selbst genügt.‘ … ‚im Schatten der Gänge und stillen Ecken ein Hin und Her junger Körper mit was weiß ich für welchen Vorsätzen‘ (Übers. UW)).

„Die Abende im ‚Palace‘ versammeln die ‚mondänen Gestalten‘ von heute – mondän in Anführungsstrichen, weil es sich hierbei nicht mehr um die Welt der Aristokraten und des Großbürgertums von gestern handelt – und es ist hauptsächlich die Welt der Mode und Konfektion, man befindet sich in einer Scheinwelt, ein ewiges Spiel des Zaubers, mit einer gewissen, verallgemeinerten Erotik. Für die anderen ist es eine gute Möglichkeit, das Vorbeiziehen einer Mode zu beobachten. Die Intellektuellen treffen hier die Mondänen.“

Das letzte Gespräche mit Roland Barthes, Rosa Flieder Nr. 48 August/September 1986

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Julien wohnte zeitweise auf der Rue St. Anne, in direkter Nachbarschaft zum La Sept.
Ich erinnere einen Abend im Palace, Matthias führte seinen gerade frisch erworbenen Gaultier Pulli aus – und erstarrte, als wir ‚ihn‘ in der Ferne im Palace nachts sahen. Und ich erinnere einen Besuch, ich weiß nicht ob ich privat an einer AcT UP Aktion teilgenommen hatte, oder zu einem ACT UP Europa treffen in Paris war, und Didier uns abends im Palace Jimmy vorstellte, der gerade ein Solidaritäts- T-Shirt für ACT UP gestaltet hatte.
Ich war nicht oft im Palace. Es war nicht meine Kragenweite, nicht mein Club. Eher anzutreffen war ich in dem ein oder anderen Etablissement des schwulen Kultur-Unternehmer David Girard (der auch ‚citoyen gai‘ genannt wurde. Und meine Lieblings- Orte waren wohl Jürgens Le Piano Zinc sowie die kleine Disco The Broad.

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Zwischen 1996 und 2008 war Le Palace dauerhaft geschlossen (faktisch bereits kurz vor Emaers Tod 1983, mit anschließenden zahlreichen Besitzerwechseln). 2018 wurde der Ort komplett renoviert, 2023 folgte die Schließung.

Ende 2025 wurde bekannt, dass der neue Eigentümer des Gebäudes für 2026 eine Neueröffnung von Le Palace plant.

Von Ulrich Würdemann

einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
Mehr unter 2mecs -> Ulli -> Biographisches

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