Kategorien
Erinnerungen

Niederfinow September 2003

Ausflug zum Schiffshebewerk Niederfinow, mit Erich, September 2003

Ulli, September 2003, Niederfinow
Ulli, September 2003, Niederfinow
Ulli, September 2003, Niederfinow
Ulli, September 2003, Niederfinow
Ulli, September 2003, Niederfinow
Ulli, September 2003, Niederfinow
unsere Motorräder, von oben (das vordere ist meine geliebte Varadero)
unsere Motorräder, von oben (das vordere ist meine geliebte Varadero)

… ja ja, damals gab es noch meine geliebte Varadero, die ich leider später geschrottet hab …

Kategorien
Bordeaux Frankreich Kulinarisches

Diner avec Eric

Diner avec Eric
Diner avec Eric

… lecker gegessen in Bordeaux, und besonders von Erics Wein-Kenntnissen profitiert 🙂

Kategorien
Erinnerungen

Ulli 1997

Ulli, Hohes Venn 1997
Ulli, Hohes Venn 1997
Ulli 1997 Hohes Venn
Ulli 1997 Hohes Venn
Ulli, Hohes Venn 1997
Ulli, Hohes Venn 1997
Kategorien
Erinnerungen

damals – Ulli Sommer 1977

Ulli 1977, in der Nähe von Bad Segeberg
Ulli 1977, in der Nähe von Bad Segeberg
Kategorien
Erinnerungen

damals – Ulli Januar 1982

Ulli Januar 1982
Ulli Januar 1982
Kategorien
Hamburg

Ulli 4.8.2012

Ulli 4. 8. 2012
Ulli 4. 8. 2012
Kategorien
Nachdenkliches

Gedanken zu ‚Erkenne dich selbst‘

Erkenne dich selbst. Gnôthi seautón (Γνῶθι σεαυτόν). Einer der Kern-Gedanken griechischen Denkens.

Zurückgeführt wird ‚gnôthi seautón‚ ( Erkenne dich selbst ) als Urheber auf den griechischen Gott Apollon (Gott der sittlichen Reinheit und Mäßigung). Bekannt geworden durch das Orakel von Delphi (dort stand ‚gnôthi seautón‘ auf einer der Säulen der Vorhalle). Später im Lateinischen übernommen als ‚nosce te ipsum‚.

Erkenne dich selbst – Aufforderung zur Selbsterkenntnis, und doch so viel mehr.

Ai Weiwei ‚Know Thyself‘ (2022), De-/Rekonstruktion in Lego, nach einem an der Via Appia entdeckten Mosaik, heute Diokletianstherme

Gedanke, der mich seit frühester Zeit begleitet, zunächst ganz im persönlichen, im Entwicklungs- Sinn (die philosophische(n) Bedeutung(en), Fragen und Chancen noch gar nicht erfassen könnend). Motiv, an das ich mich erinnern kann, seit ich begann, mich als eigenes Wesen wahrzunehmen, nicht nur als ‚Klon meiner Eltern‘.

“ Erkenne dich selbst „. Sei du selbst. Kopiere nicht, eifere nicht nach. Finde heraus, was ‚du selbst sein‘ bedeutet, probiere es, dich, dein Leben aus, deine Möglichkeiten, deine Grenzen. Sei, werde. Werde Mensch.

.

„In diesem Spruch ist nicht etwa die Selbsterkenntnis der Partikularität seiner Schwächen und Fehler gemeint, sondern der Mensch überhaupt soll sich selbst erkennen.“
(Hans-Georg Pott, ‚Kurze Geschichte der Europäischen Kultur‘)

.

Es gibt (ganz für mich persönlich) Orte, an denen ich Aspekte dieses ‚gnôthi seauthón‘ sehr intensiv erlebe. Wie einst bei der ersten Begegnung mit dem großen steinernen Buddha im Wat Mahathat von Sukhotai. Oder immer wieder am Strand von Lacanau oder Le Porge

erkenne dich selbst

Orte, an denen ich tief zu mir finden kann, zu Momenten großer innerer Ruhe. In denen klar wird, was bedeutend ist in meinem Leben, für mich.

.

Delphi liegt am Süd-Fuß des Parnass. Wohnsitz des Apollon wie auch seines ‚Widersachers‘ Dionysos
Apollon – Gott des Lichts, der Heilung, der sittlichen Reinheit, der Mäßigung. Und Gott der Weissagung. Ihm ist das Heiligtum von Delphi gewidmet.
Dionysos – Sohn des Zeus, Vater des Priapos. Gott der einfachen Leute, des Weines, der Fruchtbarkeit, des Rausches, der Exstase. Hingabe. Im Gefolge des Dionysos oft: Dämonen, die Satyrn (nicht unähnlich den römischen Faunen). Dargestellt (als Fruchtbarkeitssymbole) oft mit übergroßem Phallus (siehe Darstellungen in ‚Das ‚Geheime Kabinett‘ von Neapel‚).

In Dionys und Apoll kehren Seth und Horus wieder.
Im alt-ägyptischen Mythos von Seth und Horus steht Seth, symbolisiert durch Hoden, für Gewalt, verbunden mit Sexualität, Zeugungskraft. Ihm gegenüber steht der Lichtgott Horus als Verkörperung des Gesetzes. Seth und Horus sind Gefährten – und geraten in Streit mit einander um den ägyptischen Thron (Osiris-Mythos). Eine versuchte Versöhnung scheitert. Mit allen Mitteln versucht Seth, Horus zu besiegen. Letztlich obsiegt Horus, der Lichtgott.

Bemerkenswert: in der alt-ägyptischen Kultur wird Seth nicht etwa (wie in unserem oft schwarz-weißen, bipolar geprägten Denken zu erwarten) verteufelt und abgelehnt, ausgegrenzt. Vielmehr wird er ambivalent dargestellt, letztlich wird er integriert.

.

„Man frage mich nicht, wer ich bin, und man sage mir nicht, ich solle der Gleiche bleiben: das ist eine Moral des Personenstandes; sie beherrscht unsere Papiere. Sie soll uns frei lassen, wenn es sich darum handelt zu schreiben.“
Michel Foucault, Archäologie des Wissens

.

Rausch und Wollust. Hingabe. Mäßigung und Reinheit. Gegensätze? Versöhnen? Eine Utopie?
Rausch, Sexualität, Lust sind Bestandteile des Menschen. Versöhnbar mit Mäßigung, Schönheit, höherer Wahrheit.

Apollon und Dionysos.
Seth und Horus.
‚Gnôthi seautón‘ kann nicht verabsolutiert gelten, immer hat es den Satyr an die Seite gestellt …

Kategorien
HIV/Aids

Ulli im Interview, Dezember 2011: HIV in deutschen Arztpraxen (Henning Bulka)

Zum Welt-Aids-Tag 2011 hat Henning Bulka für detektor.fm über die Diskriminierung von HIV-Positiven in Arztpraxen berichtet. Dazu hat er Silke Eggers (Deutsche Aids-Hilfe) und mich interviewt.

detektor.fm: HIV in deutschen Arztpraxen

Ulli Würdemann ist 52 Jahre alt, lebt in Berlin, und er ist HIV-positiv. Mitte der 90er-Jahre war er dadurch schwer erkrankt. Doch mittlerweile geht es ihm wieder besser, und seit einigen Jahren schreibt er über sein Leben und das Leben anderer mit dem HI-Virus auf seinem Blog ondamaris.de – Ein Thema dabei immer wieder: Der Umgang von Ärzten mit HIV-positiven Patienten. Denn der ist nicht immer so problemlos, wie man meinen mag. Zwar sind HIV-Patienten in den meisten Fällen bei sogenannten Schwerpunktärzten in Behandlung – die kennen sich mit dem Thema aus. Doch gerade bei Zahnärzten gibt es immer wieder Probleme: Patienten werden abgewiesen, oder mit übertriebener Vorsicht behandelt. Laut Würdemann häufig aus Angst.

„Ich glaube, die Angst basiert erstmal auf einer Uninformiertheit über Infektionswege. Es gibt sowohl Angst natürlich des Personals, sei es der Zahnarzthelferinnen oder auch des Zahnarztes/der Zahnärztin selbst, sich zu informieren [Anm. d. Red.: wahrscheinlich eher ‚infizieren‘], natürlich aber auch ihre Patientinnen und Patienten, die vor- oder hinterher behandelt werden, in irgendeiner Form zu gefährden. Es gibt natürlich aber auch dann die Angst, vielleicht: Wenn es bekannt wird, dass in meiner Praxis Positive behandelt werden, was passiert denn dann, kommen denn dann die Patienten überhaupt noch?“

Solche Sorgen kann Würdemann zwar verstehen – schließlich habe jeder Ängste, und HIV sei für den Normalbürger eben doch etwas, womit er vielleicht noch nie zu tun hatte. Gleichzeitig appelliert der Berliner jedoch auch an Ärzte und Personal, sich besser zu informieren.

„Wir leben jetzt im Jahr 30 mit AIDS, und insbesondere von Ärzten, die medizinisch ausgebildet sind, die sich auch fortbilden müssen, erwarte ich eigentlich, dass sie zumindest grundlegende Informationen über Infektionswege kennen, und auch wissen, dass für sie, für ihr Personal und für ihre anderen Patienten dort kein Risiko besteht, wenn sie die Standardvorschriften einhalten.“

Standardvorschriften der Hygiene: Dazu zählt etwa das Tragen von Handschuhen. Diese und andere Vorkehrungen genügen, um für einen effektiven Schutz des Personals und der anderen Patienten zu sorgen. Das gilt übrigens auch im Krankenhaus, denn HIV ist kein einfach zu übertragender Virus. Besondere Hygienestandards für HIV gibt es deshalb nicht, und Vorsichtsmaßnahmen wie etwa eine Quarantäneunterbringung sind völlig überzogen. Silke Eggers ist Sozialarbeiterin bei der Deutschen AIDS-Hilfe, und auch sie fordert gerade von Zahnärzten, Ärzten allgemein und Personal einen rationaleren Umgang mit dem Thema HIV.

„Wenn ich Ängste hab, dann muss ich mich informieren, und dann muss ich dadrüber mich fortbilden, mich weiterbilden, nachfragen, und dann muss ich irgendwann rational sagen: Ich habe keinen Grund für diese Angst.“

Die andere Seite von Diskriminierung HIV-Positiver in der Arztpraxis: Patienten, die solche diskriminierenden Erfahrungen einmal gemacht haben, sind häufig frustriert und verärgert, wie Ulli Würdemann berichtet.

„Eine Folge, die auch sehr kontraproduktiv ist, dass sich manche Positive natürlich sagen: Beim nächsten Zahnarzt sag’ ich’s einfach nicht. Das heißt, die konstruierte Risikosituation ist die gleiche, aber der Zahnarzt weiß nichts. Das ist doch kein Fortschritt. Also, das Verschweigen kann sicherlich kein Weg sein, und auch Zahnärzte müssen ein Interesse daran haben, dass Positive offen damit bei ihnen in der Praxis umgehen.“

Doch wie ist die Rechtslage: Dürfen Ärzte die Behandlung von Patienten aufgrund ihres positiven HIV-Status ablehnen? In den meisten Fällen: Nein. Privat abrechnende Praxen haben zwar freie Patientenwahl, normale Kassenärzte dürfen Patienten aber nicht wegen ihres HIV-Status abweisen – trotzdem passiert es immer wieder, wenn auch häufig unter Angabe anderer Gründe.

Um Ängsten auch in Zukunft weiter entgegenzuwirken, fordert Silke Eggers von der AIDS-Hilfe mehr Engagement von den Verbänden, in denen Ärzte organisiert sind.

„Zu sagen: Wir machen Veranstaltungen dafür, wir holen uns die Fachleute, die im Bereich AIDS-Hilfe und im Bereich HIV-behandelnder Ärzte sind, da ran und machen Fortbildungen für unsere Ärzte. Bei Ärzten wissen Sie ja: Wofür es Punkte gibt, Fortbildungspunkte, da wird auch eher zu gekommen, und vielleicht kann man dann auch mal eine Veranstaltung verpflichtend machen für Ärzte.“

Anreize schaffen, sich mit dem Thema HIV auseinanderzusetzen, und dabei den Dialog zwischen Ärzten und Patienten fördern – das ist der Wunsch und die Botschaft von HIV-Positiven und AIDS-Hilfen – um Vorurteilen und Unwissenheit vorzubeugen, und so Diskriminierung von HIV-Positiven schon im Keim zu ersticken. Silke Eggers.

„Dass drüber gesprochen wird, und dass Ängste, die erst einmal verständlich sind, einfach auch angesprochen werden und Leute sich trauen, ihre Fragen zu stellen und im direkten Miteinander und im Klären dieser Fragen können Ängste dann ganz häufig ja auch verschwinden. Aber, ein Totschweigen des Themas oder Nicht-drüber-reden wollen, das schürt immer nur weiter irrationale Ängste.“

Henning Bulka: detektor.fm: HIV in deutschen Arztpraxen
detektor.fm: Welt-Aids-Tag: wie aufgeklärt ist der Umgang mit HIV in deutschen Arztpraxen?

.

Kategorien
Erinnerungen HIV/Aids

Ulrich Würdemann Interview Juni 2011: 30 Jahre HIV – „Das Mittel hätte keinen Tag später kommen dürfen“ (Philip Eicker)

Ulli Würdemann (52) hat Aids in allen Facetten miterlebt: die ersten Meldungen in den 1980ern, HIV-Diagnose 1986, seither Engagement in der Aidshilfe. 1996 totgesagt von den Ärzten, rettet ihn einer der ersten Proteasehemmer. Derzeit renoviert er mit seinem Mann Frank das Häuschen seiner Schwiegermutter am Stadtrand von Hamburg. Dort wollen die beiden zusammen alt werden. Auf der Baustelle sprach er mit aidshilfe.de

Ulli, weißt du noch, wann du zum ersten Mal von Aids gehört hast?

Das war 1982 oder 1983, eine kleine Meldung in „Vermischtes“ der Süddeutschen Zeitung. Meine Reaktion war damals: Da sterben in Amerika ein paar Schwule an Krebs – was hat das mit mir zu tun? Irgendwann kam dann die Bezeichnung „Schwulenkrebs“ auf, HIV galt ja erst mal als reine Schwulenkrankheit. Seitdem war Sex für mich wieder mit Angst besetzt. Schon kurze Zeit später war es beinahe wie im Krieg: Fast jede Woche starben Freunde, Lover, Weggefährten. Ich dachte mir: Jetzt haben wir uns mit Müh und Not eine so große Freiheit erkämpft, auch eine große sexuelle Freiheit – und das nehmen sie uns nun alles weg!

Was genau drohte, verloren zu gehen?

In der Zeit vor Aids hatten wir ein „Ethos des Experimentierens“. Ich probierte damals wohl fast alles aus, wovon ich gehört und wozu ich Lust hatte. Schlimmeres als einen Tripper oder eine Syphilis gab es ja nicht. Wir erprobten die verschiedensten Lebensformen, zum Beispiel, was das Zusammenleben angeht. Dieses Ethos ist mit Aids den Bach runtergegangen. Heute gibt es relativ wenige Lebensstile, die unter uns Schwulen noch als gesellschaftlich konform gelten: irgendwo zwischen Safer Sex und Lebenspartnerschaft. Das empfinde ich als Rückschritt.

Wann hast du erfahren, dass du positiv bist?

Ich bin vor 25 Jahren gegen meinen Willen getestet worden. Mein Hausarzt meinte aus vermeintlicher Fürsorge, er müsse mal nachschauen, weil ich in diesem Jahr meine dritte Mandelentzündung hatte.

Wie bist du mit der Diagnose umgegangen?

Nach meinen ersten Erfahrungen mit Aidshilfe und Selbsthilfegruppen stellte ich es für mich beiseite. Ich wusste: Ich hab’s. Man konnte damals eh nichts machen. Ich ließ nur alle zwei Jahre meine Blutwerte checken, das war’s. Damals machte ich Karriere, kümmerte mich um mein Fortkommen. Das war eine Umgangsweise, die in mein Leben reingepasst hat. Für viele Positive ist das auch heute so: Verdrängung kann zu bestimmten Zeiten okay sein.

1995 und 1996 warst du dann wochenlang im Krankenhaus …

… wegen mehrerer Lungenentzündungen und einer Antibiotika-Allergie, die zu einem lebensbedrohlichen Lyell-Syndrom geführt hatte. Meine Haut warf große, entzündete Blasen und löste sich von meinen Beinen und Fußsohlen ab. Mein Immunsystem war völlig kaputt. Es war wirklich knapp bei mir. Es gab keine HIV-Medikamente mehr, die bei mir wirkten. Im Frühjahr 1996 sagte dann mein Arzt zu mir: Ich kann leider nichts mehr für dich tun. Ich spritz dich mit Cortison für zwei Wochen fit. Guck zu, dass du mit deinem Mann noch mal einen schönen Urlaub machst.

Hast du seinen Rat befolgt?

Ja, wir haben eine Kreuzfahrt im Mittelmeer gemacht und waren danach noch eine Woche in der Türkei, in einem Hotel direkt am Strand.

Wie ging es weiter?

Nach unserer Rückkehr wechselte ich die Klinik und kam zu einem tollen Arzt. Der hat sich dahintergeklemmt. Zuvor hatte ich selbst schon rausgefunden, dass in den USA gerade ein neues Medikament erprobt wurde: Crixivan, einer der ersten Proteasehemmer. Aber in eine Studie in Deutschland kam ich nicht rein, weil es mir schon zu schlecht ging. Mein Tod hätte den Forschern die Statistik versaut.

Wie bist du trotzdem an das Medikament rangekommen?

Mein Arzt besorgte es mir als Import, sobald es in den USA zugelassen war. Meine private Krankenkasse wollte das anfangs nicht zahlen. Sie übernahm die Kosten erst, nachdem Tex Weber von „Projekt Information“ – ihm ging es genauso schlecht wie mir – und ich beim Vorstand der Versicherung Druck gemacht hatten.

Crixivan hat dir das Leben gerettet.

Ja, schon nach drei Wochen hatte sich mein Befinden verbessert, und nach einiger Zeit zogen auch meine Blutwerte nach. Aber das Mittel hätte keinen Tag später kommen dürfen.

Als du wieder hoffen durftest, was waren deine ersten Ideen?

Ich glaube, ein toller Urlaub – Aquitaine oder Bretagne. Das ist eine sehr raue Landschaft, sie kommt meinem norddeutschen Naturell entgegen. Ich mag Frankreich und die Franzosen sehr. Sie haben schöne Strände und machen guten Sex (lacht). Das ist ein Klischee, aber es ist wirklich so.

Ab wann hast du es gewagt, wieder in die Zukunft zu planen?

Früher war ich ein Mensch, der weit vorausgeplant hat. Als Frank und ich uns kennenlernten, hatten wir beide schon Vorstellungen davon, wie unser Lebensweg aussehen könnte: ein Häuschen im Grünen, später vielleicht ein Umzug nach Südfrankreich, weil es dort wärmer ist. All das warf dieses Scheißvirus über den Haufen. Damals wurde mein gedanklicher Horizont immer enger. Heute fände ich es schick, wenn ich 70 Jahre alt würde. Aber ich plane nicht mehr so lange im Voraus. Gerade stecken wir viel Zeit und Energie in unser Haus, wo wir es uns gemütlich machen wollen. Aber sollten wir in einigen Jahren feststellen, dass das Haus zu klein oder Hamburg nicht unsere Stadt ist, dann machen wir halt was anderes! Wir planen viel flexibler als früher.

Was hat dir geholfen, die schwere Zeit durchzustehen?

Mein Mann, seine Mutter, mein bester Freund und natürlich mein Arzt. Ohne sie hätte ich gar nicht solange durchgehalten, bis die Pillen aus USA angekommen waren. Aber auch die Tatsache, dass ich mich immer selbst um mein Überleben gekümmert habe. Als ich merkte, dass meine Ärzte an Grenzen kamen und ich immer kränker wurde, fing ich an, Fachzeitschriften zu lesen und zu Kongressen zu fahren. Damals merkte ich, dass das auch andere interessiert. Deshalb machte ich selbst Veranstaltungen, zum Beispiel über neue Therapieansätze oder das Verhältnis zwischen Arzt und Patient.

Viele HIV-Patienten waren in den 90er Jahren besser informiert als ihre Ärzte.

Nicht unbedingt besser informiert, aber sehr gut. Es war und ist wichtig, informiert zu sein. Ein Patient sollte wissen, was Nebenwirkungen sind, und sollte kritisch nachfragen können. Nur so kann er zusammen mit dem Arzt eine gute Entscheidung treffen und sie dann auch richtig umsetzen.

Meinst du, die meisten HIV-Patienten machen das so?

Nein, aber die medizinischen Realitäten haben sich ja auch verändert. Bald stehen 30 verschiedene HIV-Medikamente zur Auswahl. Da ist es schwer, den Überblick zu behalten. Wer heute mit seiner Therapie anfängt, muss pro Tag vielleicht nur eine Pille schlucken. Patienten haben deshalb oft nicht den Bedarf, sich groß zu informieren. Aber später wird es dann schwierig, wenn zusätzliche Pillen kommen, wenn Resistenzen oder Nebenwirkungen wie Durchfälle auftreten.

Du lebst seit 29 Jahren mit deinem HIV-negativen Mann zusammen. Hast du manchmal noch Angst, Frank anzustecken?

Nein. Ich kann mich zwar an die ersten Zeiten erinnern, als wir uns fragten, ob wir dieselbe Zahnbürste benutzen dürfen. Aber solche Sorgen konnten uns die Ärzte schnell nehmen. Welche Alternative hätten wir denn gehabt? Wenn man weiß, dass man zusammen sein will, dann macht das keine Angst. Die Angst war eher: Was ist, wenn ich vor Frank sterbe?

Wenn du zurückblickst: hatten deine schlimmen Erfahrungen auch etwas Gutes?

Na klar, man wächst daran. Ich musste mich sehr früh mit Krankheit und Leid auseinandersetzen. Das war später hilfreich für mich. Ein Beispiel: Als meine Mutter an Krebs erkrankte, konnte ich mit ihr, aber auch mit ihrem Arzt umgehen. Ich hatte eine Ahnung, dass ich sie so annehmen musste, wie sie nun mal war. Bei ihr war es der klassische Fall: Jemand stirbt in ein paar Wochen, aber bekommt keine Morphiumpflaster gegen die Schmerzen, weil die süchtig machen könnten. Auf solche Situationen war ich damals vorbereitet: von den Fakten her, aber auch vom emotionalen Umgang damit.

Wie wichtig ist ein offener Umgang mit HIV?

Was das angeht, habe ich alles durch: vom Verdrängen übers Leugnen bis hin zum offensiven Umgang damit. Inzwischen ist das eine Selbstverständlichkeit für mich. Es gibt nur noch ganz wenige Situationen, wo ich es nicht sage.

Kannst du ein Beispiel nennen?

Wenn ich anonymen Sex habe. Dann schaue ich, dass ich mein Verhalten vor mir und dem anderen verantworten kann. Aber ich muss nicht immer sagen, hallo, ich bin positiv. Oft kommt es sonst nicht zum Sex, sondern zu einer Fluchtreaktion oder zu einem Beratungsgespräch, und das ist in dem Moment von beiden Seiten nicht beabsichtigt. Auch in anderen Situationen erzähle ich es nicht ungefragt. Aber wenn es jemand wissen will, dann sage ich es. Auf Versteckspiele habe ich keine Lust mehr.

Hast du inzwischen Routine in Sachen „positives Coming-out“?

Mir hat es damals sicher geholfen, dass ich vorher schon mein schwules Coming-out hatte. Ich wusste ungefähr, wem ich es erzähle und wie ich es sage, dass ich positiv bin – bei Freunden, Lovern und am Arbeitsplatz. Aber die Angst vor den Reaktionen kommt immer wieder mal. Ich glaube nicht, dass man da eine Routine entwickeln kann.

Interview: Philip Eicker

.

DAH-Blog 08.06.2011: 30 Jahre HIV – „Das Mittel hätte keinen Tag später kommen dürfen“
Das Interview erschien in gekürzter Form auch in Hinnerk 12/2011

.

Kategorien
Berlin

Zu braun in Wusterhausen …

Morgens. Immer noch schönstes Spätsommer-Wetter in Berlin.

Spontan entschließe ich mich zu einer Motorrad-Tour, gen Südosten von Berlin, um den Müggelsee und angrenzende Seen.

unterwegs mit der CBF
unterwegs mit der CBF

Genieße die ruhige, unaufgeregte Landschaft.

Stopp in Königs Wusterhausen. Besuch und Führung im Schloss des „Soldatenkönigs“.

Im Ort auffallend viele junge Männer mit T-Shirts, auf denen Aufdrucke prangen wie ‘White Power’ oder ähnliche nazistische Sprüche und Symboliken.
Mir scheint, die tragen das so selbstverständlich, wie ich damals ‘Atomkraft – nein Danke’ getragen habe. Sind wir schon soweit, dass das heute für das gleiche gehalten wird? Statt demokratischem Bürgerprotest heute Nazi-Parolen? Die Selbstverständlichkeit erschreckt mich, auch, dass niemand etwas sagt an der Supermarkt-Kasse, niemand protestiert gegen das Nazi-Logo auf dem T-Shirt vor mir in der Warteschlange.
Ist das schon Selbstverständlichkeit geworden? Normal und akzeptiert? Mir wird übel, ich gehe zum Motorrad und verlasse den Ort schnellstmöglich, fahre weiter.

Ulli
Rast am Müggelsee / Rübezahl

Durchgerüttelt von mit Asphalt notdürftig geflickten Kopfsteinpflaster-Straßen freue ich mich auf eine wohlverdiente Entspannung im ‘Rübezahl’, mit Blick auf den Müggelsee …