Zuletzt aktualisiert am 19. November 2025 von Ulrich Würdemann
1980 /1981 begann ich das schwule Leben Hamburgs zu entdecken. Ich studierte zu der Zeit in Bremerhaven. Die schwule Szene Bremerhavens wurde mir allerdings bald zu überschaubar, zu wenige Möglichkeiten andere Schwule ungefähr meines Alters zu treffen. Und auf die Idee, selbst gemeinsam mit anderen in Bremerhaven eine Schwulengruppe zu gründen (die Schwule Aktion Bremerhaven) kam ich erst später.
So war ich bald mit einem Bekannten auf meiner ersten schwulen Party an der Uni in Hamburg, und die Übernachtung klärte sich unkompliziert in der großen schwulen Sauna (dem legendären CU).
Schnell lernte ich das schwule Leben der Großstadt schätzen, viele schwule Kneipen, eine Auswahl an Diskotheken (wie das Spundloch, das bald ‚Stamm-Disko‘ wurde), mehrere Saunen, und sogar ein schwuler Buchladen. Bald schon verbrachte ich zahlreiche Wochenenden in Hamburg, nach und nach verlagtere sich mein soziales Leben hierher.
Und schon bald ging ich auch auf die Reeperbahn, in eine der schwulen Kneipen dort, oder den Revolt Shop mit seinen Ausstellungen. Und ich entdeckte bald auch diesen besonderen Laden auf der Davidstrasse.
Tätowierungen interessierten mich seit einiger Zeit. Ab und zu hatte ich in Bremerhaven Männer kennengelernt, die an den unterschiedlichsten Stellen auf ihrem Körper Tätowierungen hatten. Doch bisher war es immer bei einer oberflächlichen Neugier geblieben.
Und nun stand ich auf der Davidstraße vor dem Laden von Herbert Hoffmann. Schaute mir die Auslagen in den beiden Schaufenstern links und rechts der Tür an. Beobachtete wer in den Laden ging. Und fasste mir irgendwann ein Herz und ging selbst hinein.
Ich erinnere nicht viel von dem Laden damals. Ein Gefühl seltsam gemustert zu werden (das wohl eher meiner eigenen Unsicherheit zuzuschreiben war). Ein Bestaunen mancher Motive und mancher Kunden. Und ein Kribbeln, eine Neugier, die mehr was als das – nur was? Da war der Reiz des ‚Verbotenen‘ (wer hatte damals schon Tätowierungen? Selbst in meinem Freundeskreis oder an der Hochschule niemand, und meine Eltern wäre bestimmt ausgerasteet). Allerdings, das wirkte ja alles schon mächtig männlich ….
Ich erinnere deutlich das Gefühl wie aufgewühlt ich war. Wie unsicher zugleich. Und wie ängstlich.
Und ich erinnere die freundlichen Blicke des Mannes an der Theke, Bart, warme Augen. Der mich Jungspund offenbar tatsächlich ernst nahm, „Na, wat willste?“.
Wahrscheinlich stotterte ich herum, irgendwas von ’nur mal umschaun‘. Er ließ mich in Ruhe umschauen, behielt mich wohl im Auge ohne dass ich mich kontrolliert fühlte. Zeigte mir schließlich eine Mappe mit einigen Motiven, von denen er meinte „das is vielleicht was für dich“.
Doch jung und naiv (und vor allen Dingen meiner selbst noch nicht sicher) wie ich war, damals mit 20 oder 21 Jahren, schoss mir immer wieder in den Kopf, Tätowierungen, das geht nicht, das ist sowas von tabu ….
So verlockend der Reiz einer Tätowierung auch damals schon für mich war, so sehr ich es auch männlich fand, meine Angst war doch zu groß.
Heute wäre es natürlich großartig, ein echtes Herbert Hoffmann Tattoo auf der Haut zu haben.
Doch dem jungen Ulli fehlte der Mut. Mein erstes Tattoo kam erst sehr viel später, in den 90er Jahren in Köln.

(geschrieben während des Stechens eines großen Tattoos 2025)
Eine Antwort auf „Mein beinahe erstes Tattoo “
[…] und der diese tolle Tätowierung hatte, die mir mächtig gefiel. Er schickte mich auf den Kiez, und so stand ich einige Tage später vor Herbert Hoffmann himself. Der mich Pimpf anknurrte, aber dann doch ganz lieb beriet, was denn zu mir passen würde. Wir […]