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Frankreich Politisches

Robert Badinter (1928 – 2024)

Robert Badinter , französischer Jurist, Anwalt und Politiker, setzte in Frankreich u.a. die Abschaffung der Todesstrafe sowie des Strafrechts gegen Homosexuelle durch.

Robert Badinter wurde am 30. März 1928 in Paris geboren. Sein Vater Simon Badinter wurde 1943 im Vernichtungslager Sobibor umgebracht, Robert wuchs bei seiner Mutter auf. Kurz nach der Befreiung begann er das Studium (Literatur, Jura).

Badinter wurde 1966 zum Professor berufen; seit 1974 lehrt er an der Sorbonne in Paris. Vom 23. Juni 1981 bis zum 19. Februar 1986 war Robert Badinter Justizminister. Vom März 1986 bis März 1995 war Robert Badinter Präsident des Verfassungsrates (Conseil constitutionnel, das französische Verfassungsgericht). Badinter war zudem wesentlich verantwortlich für die Neufassung des französischen Strafgesetzbuchs (Code pénal) im Jahr 1991, in Kraft getreten am 1. Mai 1994.

Badinter ist seit 1966 mit der Philosophin und feministischen Autorin Élisabeth Badinter verheiratet.

Robert Badinter hat zahlreiche Bücher verfasst, ist Ehrendoktor mehrerer Universitäten und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

Robert Badinter im Jardin du Luxembourg, Paris, Juni 2010 (Foto: Manfred)

Ich bin im Bezug auf die Menschheit nicht sehr optimistisch, ich habe als jüdisches Kind die Besatzung durch die Nazis erlebt. … Der Mensch tötet. Deshalb ist die Abschaffung der Todesstrafe für die Menschheit ein moralischer Sieg über sich selbst.
(Robert Badinter)

Robert Badinter starb im Alter von 95 Jahren in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2024 in Paris. Seine letzte Ruhestätte soll Robert Badinter, so kündigte es Staatspräsiudent Macron am 14. Feebruar 2024 an, im Panthéon finden.

Votre nom devra s’inscrire aux côtés de ceux qui ont tant fait pour le progrès humain et pour la France et vous attendent au Panthéon.  … Vous nous quittez au moment où vos vieux adversaires, l’oubli et la haine, semblent comme s’avancer à nouveau …“

Staatspräsident Macron, 14. Februar 2024

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HIV/Aids

Ist PrEP die neue sexuelle Revolution ?

PrEP, die Prä-Expositionsprophylaxe, Aids-Medikamente zum Schutz vor einer Infektion mit HIV, kann eine wirksame Schutzstrategie sein. Aber – ist PrEP die neue sexuelle Revolution für Schwule der ‚post-Aids-Ära‘, wie gelegentlich postuliert wird?

Gelegentlich wird die PrEP bereits als Auftakt einer „neuen (schwulen, post-Aids-) sexuellen Revolution“ gefeiert (auch wenn noch viele Fragen in Sachen PrEP offen sind). Endlich das – gerade auch sexuelle – Trauma Aids überwinden, hinter uns lassen. PrEP sozusagen in der Tradition der ‚Pille‘ der 1960er Jahre.

Aber – ist PrEP das? Ermöglicht PrEP die ersehnte ’neue Sorglosigkeit‘ (Sorglosigkeit hier immer positiv bewertet, im Sinne ‚ohne Sorge‘)?

a tergo – Plastik, Bronze, Pompeji, 1. Jhdt. v.Chr. (Archäologisches Museum von Neapel, Geheimes Kabinett)
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Politisches

Aufklärung leben – neokonservative Gegenaufklärung verhindern

Neokonservative Kräfte versuchen zunehmend, gesellschaftliche Debatten zu beeinflussen. Dabei werden im Kern auch die Werte der Aufklärung angegriffen. Aufklärung, dies ist nicht nur ein mächtiges kulturelles Erbe, sondern immer wieder  auch heute aktuelle Aufgabe – auch um eine neokonservative Gegenaufklärung zu verhindern.

Ob Angriffe auf Meinungsfreiheit oder pluralistische Gesellschaft, Proteste gegen Sexualaufklärung oder Homoehe – konservative, fortschrittsfeindliche, illiberale bis reaktionäre Bestrebungen häufen sich, die versuchen das Rad der Zeit zurück zu drehen. Dahinter steht oft das Konzept der ’neokonservativen Revolution‘ oder ‚Gegenaufklärung‘ und letztlich das Ziel einer Abkehr von westlich-liberalen Werten der Aufklärung:

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Politisches

Säkularismus und Laizismus in Frankreich

Laizismus ist ein Kernelement des französischen Staats. In welchem Verhältnis stehen Staat und Kirche zu einander?

Laizismus ist eines der Grundprinzipien der französischen Republik. Selbst ein Tag ist ihm seit 2013 gewidmet, jährlich am 9. Dezember wird die „Journée de la laïcité“ begangen.

Säkularisierung in Frankreich – die Eglise Saint Jean in Dijon, in der Französischen Revolution säkularisiert und seit 1974 Sitz des Theaters des Burgund

Neben der Trias aus Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit (Liberalité Egalité Fraternité) ist der Laizismus (Laicité) geradezu zum vierten definierenden Begriff der französischen Republik geworden:

Ausdruck des Laizismus in Frankreich: die Werte der Republik (Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit) im Tympanon einer Kirche (St. Pancrace, Aups, Var; Foto: Greudin, public domain)

Tympanum of a church (Aups, Var department). The Republican motto „Liberté, Egalité, Fraternité“ was put on in 1905 (following the French law on the separation of the state and the church) to show that this church was owned by the state. Such inscriptions are very rare, and this one was restored in 1989 during the bicentennial of the French Revolution.GreudinPublic Domain

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Politisches

Freiheit braucht Engagement

Der Angriff der Terroristen in Paris, die Ermordung von 12 Menschen, sie galten nicht ’nur‘ dem französische Satire-Magazin Charlie Hebdo, nicht ’nur‘ Medien oder radikaler Kritik. Sie galten uns, unserer Freiheit. Einer Freiheit, die nicht nur von Terroristen und Extremisten bedroht wird, sondern auch von Fundamentalisten jeglicher religiöser oder ideologischer Couleur, die hinter mühsam errungene Freiheiten zurück wollen. Es ist an der Zeit, dass gerade auch wir Schwule Lesben LGBT* den Wert unserer Freiheiten erkennen und wieder schätzen, und – dass wir den Arsch hoch bekommen und für sie eintreten. Freiheit braucht Engagement.

Vorbemerkung: den folgenden Text habe ich nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo (7. Januar 2015) geschrieben. Auch nach den Anschlägen von Paris am 13. November 2015 gilt er unvermindert.

Angegriffen worden sei die gesamte Republik, und mit ihr Redefreiheit, Kultur und Pluralität, betont nach dem Terror-Akt gegen Charlie Hebdo François Holland, Präsident der Republik Frankreich :

„C’est la République toute entière qui a été agressée. La République, c’est la liberté d’expression (…), la culture, la création, le pluralisme».

Angegriffen wurde damit auch das Recht auch auf radikale Kritik, das es zu verteidigen gelte, betont Daniel Cohn-Bendit:

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Frankreich

Todesstrafe in Frankreich – Abschaffung am 30.9.1981

30. September 1981: Abschaffung der Todesstrafe in Frankreich – am 30. September 1981 stimmte nach der Nationalversammlung auch der Senat der Abschaffung der Todesstrafe in Frankreich offiziell zu. Seit 2007 ist die Todesstrafe in Frankreich zudem per Verfassung verboten.

Bis 1981 konnte in Frankreich die Todesstrafe vollzogen werden – mit der Guillotine, dem 1789 in der französischen Revolution vom dem Arzt Joseph-Ignace Guillotin ‚erfundenen‘ Fallbeil. Mit Dekret vom 20. März 1792 wurde seine Guillotine zum einzigen Hinrichtungsmittel für zum Tode Verurteilte bestimmt – ein Dekret, das 1981 noch in Kraft war. Vollstreckt wurde die Todesstrafe in Frankreich letztmalig am 10. September 1977 (Hinrichtung Hamida Djandoubi mit der Guillotine in Marseille).

Joseph-Ignace Guillotin, Erfinder der Guillotine

„Jedem zum Tode Verurteilten wird der Kopf abgeschlagen“
(französische Verfassung ab 1791)

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Bordeaux Politisches

Gewaltenteilung – erdacht von Montesquieu in Bordeaux

Gewaltenteilung ist heute selbstverständlicher Bestandteil moderner Demokratien. Erdacht wurde sie Mitte des 18. Jahrhunderts vor allem in Bordeaux, von Montesquieu.

Gewaltenteilung

Gewaltenteilung – die Trennung staatlicher Gewalt in gesetzgebende Gewalt (Legislative), ausführende / vollziehende Gewalt (Exekutive) und richterliche Gewalt (Judikative) – ist heute Grund-Bestandteil moderner Demokratien. Montesquieu erdachte sie (De l’esprit des Lois / Vom Geist der Gesetze, 1748) in Bordeaux – jener wohlhabenden Stadt in Südwest-Frankreich, die sich schon seit langer Zeit möglichst entfernt hielt vom französischen Zentralismus.

Montesquieu, Statue auf der Place des Quinconces, Bordeaux

Die Forderung nach strikter Trennung der Gewalten unter Wahrung eines hohen Grades an Unabhängigkeit sowie die Schaffung der hierfür erforderlichen Organe entstand in Reaktion auf die Machtkonzentration und potentielle Willkür des Absolutismus (ein machtvollkommener Herrscher ohne politische Mitwirkung anderer Organisationen) oder der Despotie. Die Gewaltenteilung diente und dient als Schutz vor Willkür – sowohl damals in der Monarchie als auch heute in Demokratie.

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Kulturelles

Jüngling mit Möwe (Fritz Fleer 1955)

Jüngling mit Möwe – Skulptur von Fritz Fleer (1921 Berlin – 1997 Hamburg) am Alsterufer (Binnenalster zwischen Kennedy- und Lombardbrücke)

Jüngling mit Möwe (Fritz Fleer 1955) – Foto

Jüngling mit Möve , Fritz Fleer 1955

Der Bildhauer Fritz Fleer wurde am 21. November 1921 in Berlin geboren. Er starb am 6. Juni 1997 in Hamburg.

Die Plastik des Möwen-Jünglings schuf Fleer, Schüler von Edwin Scharff (1887 – 1955; ab 1946 Professor an der Hamburger Landeskunstschule), im Jahr 1955.

Fleer war im Nachkriegs-Deutschland einer der gefragten Künstler für ‚Kunst am Bau‘ (in Hamburg besonders für die SAGA, von der allein er 16 Aufträge erhielt). Zudem arbeitete er viel für Kirchengemeinden.

Von Fleer stammen auch die – weitaus bekannteren – ‚Speerträger‘ vor den ‚Grindel-Hochhäusern‘. Werke von Fleer finden sich über Hamburg hinaus auch in Braunschweig, Hannover, auf Helgoland und in Schleswig.

Fleer war 1972 einer der Mitbegründer der Lichtwark-Gesellschaft.

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Politisches

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (1983)

Recht auf informationelle Selbstbestimmung : Jeder hat das Recht, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen (Datenschutz-Grundrecht). Basierend auf dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Volkszählungs-Urteil) aus dem Jahr 1983. Als Grundrecht nicht explizit im Grundgesetz erwähnt. Artikel 8 der EU-Grundrechte-Charta schützt personenbezogene Daten.

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Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Das Bundesverfassungsgericht formuliert 1983 einen „Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten“ (Leitsatz 1).

„Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Einschränkungen dieses Rechts auf „informationelle Selbstbestimmung“ sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muss.“ (Leitsatz 1, 2)

Das Bundesverfassungsgericht leitet dieses Recht auf informationelle Sebstbestimmung ab aus Art. 2 Abs. 1 (allg. Handlungsfreiheit) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (Menschenwürde).

Bundesverfassungsgericht, ‚Volkszählungs-Urteil‘ vom 15.12.1983

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EU-Grundrechte-Charta Artikel 8 „Schutz personenbezogener Daten“

(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken.

(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.

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BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 15. Dezember 1983, 1 BvR 209/83 u. a. – Volkszählungs-Urteil
Charta der Grundrechte der Europäischen Union (html)
Amtsbaltt der Europäischen Union: Erläuterungen zur Grundrechte-Charta der EU (pdf)

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Paris Politisches Spanien

Spanischer Pavillon 1937 Weltausstellung – Fotos

Spanischer Pavillon 1937 : „On doit exposer sa vie pour la liberté“ (Don Quichote II 58; „Wir müssen unser Leben für die Freiheit riskieren„) – so lautete das Motto des Pavillons für die Spanische Republik auf der Pariser Weltausstellung von 1937.

Die Exposition Internationale des Arts et Techniques dans la Vie Moderne (Internationalen Ausstellung der Künste und Technik, Weltfachausstellung) fand vom 25. Mai bis zum 25. November 1937 in Paris statt. Die Spanische Republik der demokratisch gewählten Volksfrontregierung, bereits seit dem Putsch der Generäle vom 18. Juli 1936 mitten im Bürgerkrieg mit den rechtsgerichteten Putschisten unter General Francisco Franco, wollte mit ihrem Pavillon auf das Leiden des spanischen Volkes aufmerksam machen, für die spanische Demokratie werben und die bisherigen Errungenschaften der Volksfront-Regierung präsentieren.

Luis Lacasa und Josep Lluís Sert bauten einen Pavillon, der nicht nur für Aufsehen sorgte, er war auch ein lebendiges Zeichen der Spanischen Republik – und bald eine Ikone moderner spanischer Architektur.