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Frankreich

Gourin: mehr Teilnehmer als Einwohner – der Riesen-CSD in der Provinz

Ein CSD mit mehr Teilnehmern, als die gastgebende Stadt Einwohner hat? In Frankreich, im bretonischen Gourin ist dies möglich … heute, am 1. August.

Zehn-, gar  Hunderttausende Teilnehmer auf CSDs? Die Veranstalter der CSDs in Deutschland scheinen manchmal an einem Wettbewerb beteiligt, wer die höchsten Teilnehmer- und Zuschauerzahlen aufzuweisen habe. Dieses Jahr Köln? Oder doch wieder Berlin? Ein Wettbewerb der nackten Zahlen, bei dem die Inhalte manchmal ein wenig in Vergessenheit zu geraten scheinen. Und bei dem die kleinen CSDs in der ‘Provinz’, da wenig spektakulär, niedrigere Teilnehmerzahlen, gern übersehen werden.

CSD in der Provinz, das hat auch das einst so zentralistische und gern nach Paris blickende Frankreich seit einigen Jahren zu bieten. Mit einer Besonderheit ganz eigener Art:
Im bretonischen Örtchen Gourin findet am 1. August ein CSD statt, dessen Teilnehmerzahl bei weitem die Einwohnerzahl des Ortes übersteigt.

Gourin ist ein kleiner Ort im Department Morbihan, auf dem flachen Land, nahe den Küstenorten Quimper und Lorient, etwas südlich der Hafenstadt Brest. 4.000 Einwohner, ein beschauliches Örtchen ohne größere Attraktionen.

Ein Örtchen – mit einem jährlichen CSD. Tausende Schwule und Lesben ziehen jährlich Anfang August (2009 am 1. August) durch die Straßen des Dorfes – mehr als das Dorf Einwohner hat. Bereits 2008 nahmen über 5.000 Personen am Festy Gay teil – für die heutige Parade 2009 werden 10.000 Teilnehmer erwartet.

Veranstalter des Festy Gay  (Fest Ty Gay, Ty bretonisch: Haus) ist Bernard Raynal, ein lokaler Gastronom, der Besitzer der bei Schwulen aus der ganzen Region beliebten Disco “Starman Club“. Und die Homo-Parade von Gourin ist von breiter Unterstützung im Dorf getragen:die Internetseite des Ortes gourin.com kündigt stolz das FestyGay 2009 an, die Vereinigung der örtlichen Händler beteiligt sich, die Stadtverwaltung unterstützt – zum Wohl der Kommune, aber auch weil er die Idee gut finde, wie de Bürgermeister betont.

weitere Informationen:
tetu 31.07.2009: La «folle» Bretagne se retrouve pour un jour à Gourin
e-ilico 02.08.2009: Bretagne : plusieurs milliers de personnes à la gay pride de Gourin (+ vidéo)
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Frankreich

Anti-CSD-Aktivisten: Stop Gay-Pride

Beim Pariser CSD 2009 kam es zu einer Gegen-Demonstration von “Stop Gay Pride” – Aktivisten. Tagelang stand ein homophobes Video über ihre Aktion auf mehreren Videoportalen online.

Paris, 27. Juni 2009. Hunderttausende Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender feierten den CSD in Paris als “Marche des Fiertés” unter dem Motto “Stolz auf unseren Kampf – wann bekommen wir wirkliche Gleichberechtigung?”. Die Demonstration war von Liza Minelli in Begleitung des  Pariser Bürgermeisters Bertrand Delanoë eröffnet worden.

Doch zum Pariser CSD versammeln sich nicht nur stolze und feier-launige Schwule und Lesben – auch zahlreiche Gegen-Demonstranten, Homo-Gegner machen ihrem Hass lautstark Luft. Einige der Gegendemonstranten sollen zu einer nationalistischen und antizionistischen Gruppierung gehören.

Die Gegendemonstranten berufen sich auf “moralische Werte” und fordern ein Verbot der CSD-Demonstration. Sie würden von nun an ausdauernd gegen “homosexuelle Propaganda” und “öffentliche schwule Affronts” kämpfen – und ihre Aktionen gegen die schwule Welt vervielfachen.

Während der Aktion wird Homosexualität in einem undifferenzierten Zusammenhang mit Nekrophilie, Zoophilie und Pädophilie genannt. Forderungen wie ‘Tod den Schwulen’ (“mort aux pédés”) sind zu hören.

Die Hass-Aktion der militanten Homo-Gegner wurde im Video festgehalten. Dieses Video, in dem zu Gewalt gegen Schwule und Lesben aufgefordert wird, stand tagelang auf mehreren Video-Portalen im Internet online. Erst nach einem Bericht sowie Recherchen und Nachfragen der französischen Schwulenzeitschrift Tetu nahmen zwei Portale das Video vom Netz.

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weitere Informationen:
GayPride.fr: Marche des Fiertés Paris 2009
Tetu 27.06.2009: Marche des fiertés: des centaines de milliers de LGBT revendiquent l’égalité
Tetu 13.07.2009: Cette vidéo homophobe qui reste en ligne
LePost 15.07.2009: Une vidéo homophobe reste une semaine en ligne… Pourquoi?
Tetu 17.07.2009: Vidéo homophobe: les réponses de YouTube et Dailymotion

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Frankreich Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Fussball Frankreich: Rote Karte gegen Homophobie!

Homophobie – auch im französischen Fußball ein verbreitetes Problem. Ein neues Video fordert in Frankreich “Rote Karte gegen Homophobie!”

Homophobe Zwischenfälle, seien sie verbaler oder physischer Natur, sind auch im französischen Fußball traurige Realität. Hiergegen vorzugehen, Homophobie nicht weiter zu banalisieren, zu verharmlosen ist das Anliegen des neuen Spots “Un carton rouge contre l’homophobie” (Rote Karte gegen Homophobie). Ein Spot, dessen Sinn sich auch ohne französische Sprachkenntnisse erschließen dürfte:


Un carton rouge contre l’homophobie von mairiedeparis

Realisiert wurde der Spot auf Initiative von Paris foot gay, “Le club qui défend le droit à la différence” (Der Club, der das Recht auf Unterschiedlichkeit verteidigt). Finanziert wurde der Spot von der französischen Profi-Fußball-Liga Ligue de football professionnel (LFP) und dem Pariser schwulen Fußball-Club.

Ein Hinweis zum besseren Verständnis: “pédé” als Bezeichnung für “schwul” oder “Schwuler” ist in Frankreich ein i.d.R. äußerst abfällig gemeintes derbes Schimpfwort (und nicht wie “schwul” in Deutschland eine von Schwulen selbst positiv umgemünzte Bezeichnung).

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Frankreich Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Frankreich: Senat stimmt für Anerkennung ausländischer Lebenspartnerschaften

Anerkennung ausländischer Lebenspartnerschaften – Der französische Senat hat am 24. März 2009 dafür gestimmt, im Ausland geschlossene Lebenspartnerschaften in Frankreich anzuerkennen.

Der französische Senat (die zweite Kammer des französischen Parlaments) stimmte am Dienstag, 24. März 2009, einstimmig dafür, dass im Ausland abgeschlossenen Lebenspartnerschaften in Frankreich anerkannt werden sollten. Debattiert wurde die Anerkennung ausländischer Lebenspartnerschaften unter dem Punkt „Rechts-Vereinfachung“.

Bisher werden im Ausland abgeschlossene Lebenspartnerschaften in Frankreich nicht anerkannt. Dies kann für die Betroffenen weitreichende Folgen haben, wenn z.B. steuerliche Vorteile nicht angewandt werden dürfen.

Hintergrund der bisherigen Nicht-Anerkennung ist, dass auch europaweit die Grundlagen für entsprechende gegenseitige Anerkennungen von Lebenspartnerschaften fehlen.

Merci à M.!

Weitere Informationen:
tetu 25.03.2009: Le Sénat vote la reconnaissance des pacs étrangers en France
Senat: Protokoll der Sitzung vom 24. März 2009
e-Ilico 25.03.2009: Le Sénat vote la reconnaissance des PaCS étrangers en France
PinkNews 26.03.2009: French Senate votes to recognise British civil partnerships
queer.de 26.03.2009: Frankreich will ausländische Homo-Ehen anerkennen
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Text am 17.01.2016 von ondamaris auf 2mecs

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Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids Paris

ein Jahr Centre Lesbien Gai Bi et Trans Paris

“Ein Jahr Centre Lesbien Gai Bi Trans in der Rue Beaubourg” feiert das Pariser Lesben- Schwulen- und Trans-Zentrum.

Das Centre versteht sich als Ort der Kommunikation, des Feierns, der Kultur und der Information für Lesben, Schwule, Bisexuelle und transidentische Menschen.

Vor einem Jahr zog das Centre -das sich früher CGL Centre Gai et Lesbien nannte- vom Stadtteil Bastille in das Viertel Beaubourg. Seitdem seien die Besucherzahlen um 60% gestiegen (von 6.000 im Jahr 2007 auf über 9.500 im Jahr 2008), die finanzielle Situation des Centre sei gesund.

Das Centre wird von einem breiten Spektrum an Gruppierungen getragen: zu den derzeit 65 (!) Mitgliedsorganisationen des CLGBT Paris gehören u.a. internationale Gruppen wie die ILGA (International Lesbian and Gay Association), französische Gruppen wie SOS Homophobie oder Trans-Gruppen, Gruppen schwuler Mediziner sowie Psychologen, religiöse Gruppen wie LGBT christlichen oder jüdischen Glaubens, zahlreiche Sport-Gruppen sowie Gruppierungen aus der Arbeitswelt.

Das Zentrum wird von etwa 50 Ehrenamtlern und Ehrenamtlerinnen sowie 4 Teilzeit-Beschäftigten Betrieben.

Lesben- und Schwulenzentrum? Sowas gibt’s noch? Mit mehr als ‘nur’ Kneipe und Disco?
Ja, in Paris
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Während hierzulande Schwulen- und Lesbenzentren schließen (wie schon vor Jahren das einst florierende SchuLZ in Köln) oder kaum mehr als Kneipen- und Disco-Orte sind, ist das kleine und recht junge Pariser CLGBT auf der Erfolgsspur.

Am 10. März 1994 schafft der Bundestag den Paragraphen 175 endgültig ab – ein Gedenktag, der 15 Jahre später in Deutschland von Schwulen und Lesben weitgehend unbemerkt stattfindet. Beinahe gleichzeitig feiern Pariser Lesben und Schwule das einjährige Bestehen ihres Zentrums. Bemerkenswert, in welch unterschiedlicher Verfassung die jeweiligen Szenen sind.

Centre LGBT Paris
63, rue Beaubourg
75003 Paris
cglparis.org
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Nachtrag
Tetu 16.03.2009: auch im französischen Norden wird gefeiert: La maison des diversités, le centre lgbt de Caen, fête ses un an.

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Text 08.02.2016 von ondamaris auf 2mecs

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Frankreich: Minister: ja, ich bin schwul – coming out Roger Karoutchi

Roger Karoutchi, Staatssekretär im Ministerrang für die Beziehungen zum Parlament, bestätigte am Freitag seine Homosexualität. Er sei glücklich, es gebe nichts zu verbergen.

Roger Karoutchi, 1951 in Casablanca geboren, ist Mitglied der UMP (früher des RPR) und seit 18. Mai 2007 Staatssekretär im Ministerrang für die Beziehungen zum Parlament (Secrétaire d’État chargé des Relations avec le Parlement).

Karoutchi betont „J’ai un compagnon et je suis heureux avec lui. Comme je suis heureux, je ne vois pas pourquoi il faudrait que je cache mon homosexualité“ (‚Ich habe einen Partner, und ich bin glücklich mit ihm. Ich bin glücklich, und ich wüsste nicht, warum ich meine Homosexualität verbergen sollte.‘).

Roger Karoutchi 2007 (Foto: Eric de Coussac, Lizenz cc-by-sa 3.0)
Roger Karoutchi 2007 (Foto: Eric de Coussac, Lizenz cc-by-sa 3.0)

Roger Karoutchi, French ministerEric de CoussacCC BY-SA 3.0

Die Grundhaltung von Präsident Sarkozy habe ihm die Entscheidung, offen mit seiner Homosexualität umzugehen, leicht gemacht. Dieser lade seinen Partner zu privaten wie auch offiziellen Empfängen in gleicher Weise ein wie die Angehörigen anderer Minister.

Sarkozy habe ihn einmal in den Ferien eingeladen. Dabei habe er ihn gebeten auch seinen Partner mitzubringen, und auf sein (Karoutchis) Erstaunen habe Sarkozy bemerkt „Je te connais depuis trente ans. Je sais tout de toi, on n’en parle jamais. Ça suffit!“ (Ich kenne dich nun seit 30 jahren. Ich weiss alles von dir, auch wenn wir niemals darüber sprechen. Das reicht.“)

Das Interview für das Magazin ‚L’Optimum‘, in dem Karoutchi erstmals öffentlich über seine Homosexualität spricht, strahlt der französische Sender TF1 am 24. Januar erstmals aus.
Im Februar veröffentlicht Karoutchi ein Buch („Mes quatre vérités“), in dem er Medienberichten zufolge detaillierter über seine Homosexualität und seine Partnerschaft sprechen wird.

Nach dem Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë (öffentliches Coming Out 1998) ist Roger Karoutchi der zweite französische Spitzenpolitiker (und erstes Regierungsmitglied), der offen schwul ist.

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et – merci a un ami francais 🙂

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Text am 17.01.2016 von ondamaris auf 2mecs

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Kulturelles Paris

Susan Sontag (1933 – 2004)

Susan Sontag wurde am 16. Januar 1933 als Susan Rosenblatt in New York geboren. Bekannt wurde sie als Essayistin, Schriftstellerin und Publizistin. Susan Sontag starb am 28. Dezember 2004 in New York.

Nachdenkliche, kritische Gedanken zu äußern, auch wenn sie unbequem waren, unerwünscht – dieser Mut, diese aufrechte Haltung zeichneten Susan Sontag aus, die ‘grande dame’ der us-amerikanischen Publizistik. Welche Zuschreibungen mit Krankheit verbunden sind, persönlicher wie auch psychologischer oder letztlich politischer Natur, damit hat sich Susan Sontag immer wieder beschäftigt – und sich gegen sie gewehrt.

Die am 16. Januar 1933 in New York geborene Susan Sontag wurde für ihre schriftstellerischen, publizistischen und gesellschaftskritischen Arbeiten vielfach mit Preisen ausgezeichnet (u.a. Friedenspreis des deutschen Buchhandels 2003).

Theaterplatz Susan Sontag
Theaterplatz Susa Sontag, Hamburg, Kampnagel

Aids und seine Metaphern” (1989; m.W. erste Rezension: NYT Books 16.1.1989) war bei seinem Erscheinen ein ‘Muss’ der kulturellen Auseinandersetzung mit Aids, und ist auch heute noch unbedingt lesenswert, ebenso wie sein ‘Vorgänger’ “Krankheit als Metapher” (1978). Beide basieren auch auf ihren eigenen Erfahrungen als Krebs-Patientin. Beide thematisieren Krankheit als ‘Werkzeug’ der Stigmatisierung. Beide sind, wie ein Kritiker bemerkte, “an exemplary demonstration of the power of the intellect in the face of the lethal metaphors of fear” (Michael Ignatieff, The New Republic).

Was einen umbrachte, waren nach meiner Überzeugung die Ammenmärchen und Metaphern rund um den Krebs. Die Menschen sollten Krebs einfach als Krankheit begreifen lernen – eine ernste Krankheit, aber eben eine Krankheit, weder Fluch noch Strafe, noch Peinlichkeit … Und nicht zwangsläufig eine Krankheit zum Tode.

Susan Sontag, “Aids und seine Metaphern”, 1988

Sontag kritisiert ein bestimmtes Konzept von Krankheit, das sie als ‘plague’ (in der deutschen Ausgabe als ‘Plage’ übersetzt, möglich wäre auch ‘Seuche’ oder ‘Pest’) bezeichnet. Krankheiten, die entstellten oder sexuell übertragbar seien, würden vorzugsweise so bezeichnet – und seien oft mit Bestrafungs-Phantasien konnotiert.

Diese Übung hat Tradition bei sexuell übertragenen Leiden: Sie werden als Bestrafung nicht eines einzelnen, sondern einer ganzen Gruppe
verstanden.

S. Sontag, “Aids und seine Metaphern”, 1988

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Sontag, zunächst verheiratet mit einem Soziologen, bezeichnete sich selbst ab ihrem 25. Lebensjahr als bisexuell. Sie lebte viele Jahren in Beziehung mit der Photografin Annie Leibovitz.

Sie starb am 28. Dezember 2004 im Alter von 71 Jahren in New York an Leukämie. Sontag wurde beigesetzt auf dem Friedhof Montparnasse in Paris.

Literature was the passport to a larger life, that is, the zone of freedom.

Susan Sontag

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Susan Sontag über “die Exklusivität der Liebe”

Die Ehe ist eine Art stillschweigendes Jagen in Paaren. Die ganze Welt in Paare gefasst, jedes Paar in seinem eigenen kleinen Haus, wo es seine eigenen kleinen Interessen wahrt + in seiner eigenen kleinen Zweisamkeit schmort – etwas Abstoßenderes gibt es nicht. Die Exklusivität der Liebe in der Ehe gehört abgeschafft.

Susan Sonntag, 15. Februar 1958 (in: „Wiedergeboren – Tagebücher 1947 – 1963“

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Susan Sontag über Altern

Die Angst vor dem Altwerden gründet auf der Erkenntnis, dass man das Leben, das man sich wünscht, nicht jetzt lebt. Das ist fast, als würde man die Gegenwart missbrauchen.

Susan Sontag am 9. Dezember 1961 in ihrem Tagebuch

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Frankreich: Homoehe steuerlich anerkannt

In Frankreich hat die Steuerbehörde erstmals eine Homoehe steuerlich anerkannt – eine ausländische.

Erstmals haben die französischen Steuerbehörden eine Homoehe steuerlich anerkannt. Die beiden Männer kommen nun in den Genuss der gleichen steuerlichen Vorteile wie heterosexuelle Ehepaare.

Der Haken dabei: es handelt sich um ein niederländisches Paar, das seine Ehe in den Niederlanden geschlossen hat. Die beiden Männer leben seit Jahren im südfranzösischen Gers.

In Frankreich gibt es keine Homoehe, sondern den PACS (Pact civile de solidarité), ein zivilrechtlicher Vertrag, der im Gegensatz zur deutschen Lebenspartnerschaft auch von Heteros geschlossen werden kann (und auch in großem Umfang von Heteros genutzt wird).

Auch wenn homosexuellen Französinnen und Franzosen der Abschluss einer Homoehe weiterhin nicht möglich ist, erkennen die französischen Steuerbehörden nunmehr doch im Ausland geschlossene Homoehen an. Dies berichtet das österreichische Magazin Xtra! in seiner Ausgabe Oktober/November 2008.

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Ein erfreulicher Entschluss der französischen Steuerbehörden, der jedoch nur für sehr wenige Ausnahmefälle Nutzen bringen dürfte.
Die nunmehr entstehende bizarre Situation, dass in Frankreich geschlossene schwule oder lesbische Lebenspartnerschaften von Franzosen schlechter gestellt sind als im Ausland geschlossene Homo-Ehen zeigt einmal mehr, wie dringend hier eine eu-weit einnheitliche Regelung und wechselseitige Anerkennung sinnvoll wäre.

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Text am 17.01.2016 von ondamaris auf 2mecs

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Frankreich Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Cruising Ratgeber gegen Homophobie

Die Zahl an Überfällen auf Schwule scheint zuzunehmen. Besonders betroffen auch Cruiser, in Parks, auf Parkplätzen, aber auch bei Internet-Bekanntschaften. In Frankreich will nun ein neuer Cruising Ratgeber praktische Tipps geben.

‘Alle drei Tage wird in Frankreich ein physischer Angriff gegen Schwule gemeldet’, betont SOS Homophobie, und bietet seit kurzem eine neue praktische Hilfe: den ‘Guide gay de la drague’, einen Cruising Ratgeber.

Das besondere: der Ratgeber informiert insbesondere darüber, wie man sich sicherer Verhalten kann beim Cruisen, wie man Gewalt vermeiden kann, aber auch welche Vorsichtsmaßnahmen möglich sind. Zudem sind Informationen über sexuell übertragbare Krankheiten enthalten.

Der 36seitige Cruising Ratgeber wurde von SOS Homophobie unter Beteiligung zahlreicher weiterer Organisationen (Aides, Warning, FLAG, le SNEG, le Kiosque infos Sida, Act-up Paris, Centre LGBT Paris IDF, ADHEOS, Le Refuge, GAGL, Couleurs Gaies) erstellt. Er soll in ganz Frankreich verteilt werden, in Zusammenarbeit mit SNEG, der Vereinigung schwuler Unternehmen.

Der Guide gay de la drague steht zum Download zur Verfügung als pdf (in französischer Sprache) ist seit Mai 2018 leider nicht mehr online.

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Text am 29.01.2016 von ondamaris auf 2mecs, Link aktualisiert 12. Mai 2018

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Frankreich Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Frankreich: Homophobie Meinungsfreiheit sagt höchstes Zivilgericht

Die Äußerung dass Homosexualität minderwertig sei, ist im Rahmen der Meinungsfreiheit zulässig, entschied am 12. November 2008 das höchste Zivilgericht Frankreichs.

Christian Vanneste (Jahrgang 1947; Philosophie-Professor) ist seit März 1993 Deputierter (Nord) und Politiker der französischen Regierungspartei UMP (Union pour un Movement Populaire; seit Ende Mai 2015 UMP umbenannt in Les Républicains‚) aus dem Norden Frankreichs. 2004, während Debatten über französische Initiativen für ein Antidiskriminierungsgesetz und die Errichtung der französischen Antidiskriminierungsbehörde ‘Halde’ (Haute autorité de lutte contre les discriminations et pour l’égalité), äußerte Vanneste gegenüber der Presse, Homosexualität sei minderwertiger als Heterosexualität, sie zu fördern sei gefährlich für die Menschlichkeit.

Wegen dieser Äußerung wurde Vanneste am 24. Januar 2006 vom Strafgericht in Lille zu 3.000 Euro Strafe sowie einem Bußgeld von 2.000 Euro an die drei klagenden Organisationen SOS-Homophobie, ACT UP Paris und SNEG (Syndicat national des entreprises gays) verurteilt. Das Berufungsgericht in Douai bestätigte dieses Urteil im 25. Januar 2007.

Der Cour de cassation, das höchster französische Zivilgericht, hob dieses Urteil am 12. November 2008 auf. Der Politiker habe mit seiner Äußerung die Grenzen der Meinungsfreiheit nicht überschritten.
Ein Parlamentarier sei Teil der nationalen Souveränität, seine Rede- und Meinungsfreiheit sei ein Grundbestandteil von Demokratie und Rechtsstaat, hatte Vanneste vor dem höchsten Zivilgericht vorgebracht.

Wenn auch mit der Äußerung Befindlichkeiten mancher homosexueller Personen verletzt worden sein könnten, überschreite ihre Äußerung doch nicht die Grenzen der Meinungsfreiheit, urteilte der Gerichtshof.

ACT UP Paris hatte schon 2005 mit einer Petition den Ausschluss von Christian Vanneste aus der UMP gefordert mit der Begründung, Homophobie sei keine Meinung.  Vanneste ist bereits häufiger mit homophoben Äußerungen aufgefallen. So hatte er z.B. 2004 Homosexualität als ‘eine Bedrohung für das Überleben der Menschheit’ bezeichnet und geäußert, Homosexuelle seien schädlich für das Allgemein-Interesse.
Am Mittwoch äußerte Vanneste, er bedauere es, Homosexualität mit dem Wort ‘minderwertig’ bezeichnet zu haben. Er habe ausdrücken wollen, dass Homosexualität weniger gut sei, weil sie nicht universell sein könne, nicht die ganze Welt könne homosexuell sein.

Homophobie Meinungsfreiheit ? – Die Rechtsanwältin der drei klagenden Organisationen, Caroline Mécary, erwägt inzwischen, den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen.

[via tetu, LeMonde.fr]

Weitere Informationen:
Das Urteil des Gerichts in Lille vom 24. Januar 2006 (pdf)
nicht-offizielle Mitschrift (ACT UP Paris) von der Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 12. Dezember 2006 (dreiteilig) hier
Das Urteil des Berufungsgerichts in Douai vom 25. Januar 2007 (pdf)

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Artikel am 17.01.2016 von ondamaris auf 2mecs